Endstation Zollkontrolle

Das Bitburger Schöffengericht hat eine 33-jährige Drogenschmugglerin zu zwei Jahren und zehn Monaten Gefängnis verurteilt. Sie hatte in Maastricht drei Kilogramm Marihuana für Abnehmer aus der Filmbranche besorgt.

Bitburg. In Handschellen führen Vollzugsbeamte die angeklagte Nicole W. (Name von der Redaktion geändert) in den Sitzungssaal des Amtsgerichts Bitburg. Nach fünf Monaten Untersuchungshaft in Koblenz hofft die 33-Jährige aus dem Raum Stuttgart, an diesem Tag ihre Freiheit zurück zu bekommen. Voraussetzung wäre eine Bewährungsstrafe, die jedoch nur bei maximal zwei Jahren möglich ist.Nach ihrer Aussage soll sich die Tat im Januar wie folgt abgespielt haben: Nicole W. bekam von einem Bekannten 10 000 Euro, um damit in den Niederlanden drei Kilo Marihuana zu kaufen. Für sie selbst sollten 3500 Euro abfallen. In Lüttich traf sie einen Kontaktmann, mit dem sie zum Drogenkauf nach Maastricht fuhr. Sie bekam die Ware in einer Plastiktüte, die sie — ohne hineinzuschauen — in den Kofferraum legte. "Ich war sehr unruhig wegen der ganzen Situation. Das hat mich überfordert", sagt die Angeklagte.Bei Steinebrück fiel ihr Wagen der Mobilen Kontrollgruppe des Zolls auf. Im Kofferraum wurden die Beamten fündig — Endstation einer Schmuggelfahrt.Die folgende Razzia beim geplanten Abnehmer der Drogen erwies sich als Volltreffer: In seiner Werkstatt fanden die Fahnder — wie von Nicole W. beschrieben — ein umfangreiches Drogen-Depot. Der Mann kam in Untersuchungshaft, wollte sich jedoch (noch) nicht zur Sache äußern. Kronzeugen-Regelung bringt Abschlag bei Strafe

So weit, so klar. Doch die Aussage der Angeklagten vor Gericht weicht von ihrer ursprünglichen Version deutlich ab. Sowohl beim Zoll als auch bei der Ermittlungsrichterin hatte sie berichtet, eine Gruppe von zehn Personen aus der Filmbranche hätte Geld zusammengelegt, damit sie die Drogen besorge. Die Namen dieser Abnehmer könne sie nicht verraten, weil sie dann als Medienautorin in der Filmbranche "erledigt" sei. Schon 1997 hatte sie nach einer Drogenkurierfahrt ihre Abnehmer verschwiegen und war zu eineinhalb Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden.Staatsanwalt Manfred Stemper beurteilt die Schilderung der Angeklagten vor Gericht als glaubhaft. Weil sie durch ihre Angaben die Überführung eines Dealers ermöglicht habe, greife die so genannte kleine Kronzeugenregelung. Stempers Forderung: zwei Jahre Haft auf Bewährung und 300 Stunden gemeinnützige Arbeit. Auch Verteidiger Markus Bessler plädiert auf Anwendung der Kronzeugenregelung.Das Gericht entscheidet jedoch anders: "Wir sind überzeugt, dass die erste Einlassung stimmt", erläutert der Vorsitzende Richter Werner von Schichau. Die Angeklagte habe dies bei mehreren Stellen prägnant und in Einzelheiten geschildert. Zudem hätte der angebliche Auftraggeber rechtzeitig sein Depot sicherheitshalber gesäubert, wenn die Kurierin und sein Geld nicht mehr aufgetaucht wären. Der Hinweis auf den Dealer bringe der Angeklagten zwar einen Abschlag bei der Strafe, die letztlich jedoch für eine Aussetzung zur Bewährung zu hoch sei: zwei Jahre und zehn Monate. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort