Erdorf wappnet sich gegen Unwetter

Erdorf · Wie schnell Überschwemmungen entstehen können, wo man sie gar nicht erwartet, haben die Unwetterereignisse im Sommer gezeigt. Der Gefahr ist sich auch die Kylltal-Gemeinde Erdorf bewusst, die nun handeln will. Unterstützt von einem Ingenieurbüro setzen sich dort die Bürger mit der Problematik gezielt auseinander.

 In Erdorf macht man sich Gedanken darüber, wo bei einem Starkregen das Wasser hinfließt. TV-Foto: Uwe Hentschel

In Erdorf macht man sich Gedanken darüber, wo bei einem Starkregen das Wasser hinfließt. TV-Foto: Uwe Hentschel

Foto: Uwe Hentschel (uhe) ("TV-Upload Hentschel"

Erdorf. Das hat wohl niemand erwartet, aber Bürgermeister Joachim Kandels stellt trotzdem klar: "Wir werden hier in Erdorf keine Deiche und Hochwassermauern errichten", sagt Kandels. Vielmehr gehe es um Maßnahmen, die mit einem überschaubaren Aufwand zu einem guten Ergebnis führten, so der Bürgermeister. Die Kyll wird in Erdorf also nicht hinter einem großen Deich verschwinden - womit ohnehin auch nur ein Teil des Problems gelöst wäre. Denn wenn in Erdorf Wasser fließt, wo eigentlich keines fließen soll, so hängt das nicht unbedingt mit der Kyll zusammen.
Beispiel Bettingen


Aufgrund seiner Kessellage ist der Bitburger Stadtteil nicht nur durch das Hochwasser der Kyll gefährdet, sondern auch durch Starkregen. Östlich der Gemeinde liegen landwirtschaftlich genutzte Hangflächen, über die bei extremen Niederschlägen große Wassermassen in Richtung Erdorf fließen. Wie schnell eine Gemeinde dadurch unter Wasser gesetzt werden kann, weiß man in der knapp 20 Kilometer entfernten Prümtal-Gemeinde Bettingen nur zu gut. Die heftigen Regenfälle im Mai haben dort gleich zwei Mal hintereinander dazu geführt, dass aus der Maximinstraße schnell ein reißender Strom wurde. Und das Wasser kam nicht etwa aus der Prüm, sondern war auf dem Weg dorthin. Die Situation in Bettingen ist also ähnlich wie die in Erdorf. Nur dass die Erdorfer von einem solchen Stark regenereignis wie in Bettingen in den vergangenen Jahren verschont blieben.
Gefahren werden analysiert


Blickt man etwas weiter zurück, so stößt man auch in Erdorf auf ähnliche Szenarien. Und damit sich das nicht wiederholt, will die Gemeinde aktiv werden.
Vor gut anderthalb Jahren wurde der Beschluss gefasst, für den Stadtteil ein örtliches Hochwasserkonzept zu entwickeln, das vor allem auch die Starkregen-Problematik berücksichtigt. Nun sollen Taten folgen. Auftakt dazu ist die Veranstaltung im Erdorfer Bürgerhaus, bei der auch Ralf Schernikau vom rheinland-pfälzischen Umweltministerium anwesend ist. Am Beispiel der Kylltal-Gemeinde Densborn zeigt er, wann dort zuletzt ein so genanntes Jahrhundert-Hochwasser gemessen wurde. Das war 2003, und damals lag der Hochwasserpegel bei 320 Zentimetern. "Das hört sich schlimm an, ist auch schlimm, kann aber noch viel schlimmer kommen", sagt Schernikau. Aufgrund des Klimawandels sei mit solchen extremen Ereignissen immer häufiger zu rechnen.
Marco Müller vom Bitburger Ingenieurbüro Hydrodat, das die Erdorfer bei der Erstellung des Konzepts unterstützen wird, kann das nur bestätigen. "Tritt ein solches Ereignis ein, kann man den Schaden eigentlich nicht mehr abwehren", sagt Müller. Es sei denn, man habe bereits Vorkehrungen getroffen. Denn anders als beim Hochwasser der Kyll, das sich in der Regel mit ein paar Stunden Vorlaufzeit ankündige, seien lokale Starkregenereignisse nicht vorhersehbar. Sein Ingenieurbüro hat auch die hydrologischen Planungen für das Erdorfer Neubaugebiet übernommen und somit Vorkehrungen getroffen, die laut Müller für ein 100-jährliches Hochwasser ausreichen. Zwar könne bei einem Extremereignis auch das zu wenig sein, räumt der Ingenieur ein. Doch habe er sich im Zuge dieser Planung mit der Situation in Erdorf auseinandergesetzt, sodass er nun für die Umsetzung des Hochwasser- und Starkregenkonzepts die Ausgangslage bereits ein Stück weit kenne. "Wir werden hier nichts planen, sondern den eigenverantwortlichen Prozess begleiten", erklärt der Ingenieur. So sind in den kommenden Wochen Workshops mit Bürgern geplant, bei denen zunächst die Gefahrenpunkte erfasst und analysiert werden sollen, um daraus dann sowohl öffentliche als auch private Maßnahmen abzuleiten.
Und wie Ortsvorsteher Werner Becker erklärt, sollen im weiteren Verlauf des Verfahrens eine Prioritätenliste erstellt und die Fördermöglichkeiten geprüft werden. Die Gefahrenanalyse sei recht einfach gehalten, erklärt Ingenieur Müller. "Oft reicht schon der gesunde Menschenverstand aus", sagt er. Wenn man wisse, wo das Wasser auf dem eigenen Grundstück abfließt, ergebe sich vieles von selbst.
Extra

Die Gemeinde Erdorf plant in den kommenden drei Wochen (jeweils dienstags um 19 Uhr im Gemeindehaus) die ersten Workshops für die unterschiedlichen Abschnitte des Stadtteils. Auftakt ist am 31. Januar für die Anlieger der Kyll. Am 7. Februar treffen sich die Anwohner aus dem Bereich Eidenbach bis Schulstraße und am 14. Februar die Anwohner aus dem Bereich Kalk. An den Workshops teilnehmen kann jeder. Anmeldung bei Ortsvorsteher Werner Becker, Telefon 06561/7515 oder per E-Mail: info@bitburg-erdorf.de uhe

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