Fast wäre der Haushalt der Stadt Bitburg 2017 gefloppt

Bitburg · Knappe Kiste: Mit zwölf Ja- und elf Gegenstimmen bei einer Enthaltung wurde der Haushalt 2017 der Stadt Bitburg beschlossen. Liste Streit, SPD und Grüne halten das Zahlenwerk wegen fehlender zukünftiger Kostenposten wie Eishalle, Stadthalle und der neuen Feuerwache für nicht verlässlich. So eng war das Ergebnis in den vergangenen Jahren nie.

Eine einzige Stimme macht am Ende den Unterschied. Zwei Mitglieder der Grünen und ein Mitglied der Liste Streit haben in der Sitzung des Stadtrats am Donnerstagabend gefehlt. Wären sie da gewesen und hätten sie geschlossen mit ihren Fraktionen den Haushalt abgelehnt, wäre es zu einer Sensation gekommen. Dann wäre das Zahlenwerk erstmals in der Geschichte der Stadt nicht durch den Rat gekommen. Hätte, wäre, würde - es war reichlich knapp, aber am Ende haben die zwölf Stimmen von CDU sowie die fünf der FBL samt der des Bürgermeisters gereicht.
So eng ging die Sache mit dem Haushalt in den vergangenen 16 Jahren noch nie über die Bühne. Doch wer glaubt, dass es deswegen besonders hoch hergegangen sei, irrt. Die Sitzung war ungewöhnlich nüchtern, geordnet und alles andere als diskussionsfreudig. Wie das?

Bürgermeister Joachim Kandels wirkte gelassen, als er als Erster ans Rednerpult trat. Das war, bevor drei Fraktionen erklärt hatten, dass sie den Haushalt ablehnen. Kandels' Rede: ganz klassisch ein Rückblick auf das abgelaufene und Ausblick auf das kommende Jahr, in dem in Bitburg immerhin vier Millionen Euro - unter anderem in die Fußgängerzone, eine neue Drehleiter für die Feuerwehr und Unterkünfte für Obdachlose - investiert werden (der TV berichtete).

Bürgermeister tritt wieder an

Erstmals kündigte Kandels in einem öffentlichen Rahmen auch an, was er gegenüber dem TV bereits vor Monaten bestätigt hatte, nämlich, dass er 2017 noch mal um das Bürgermeisteramt kandidieren wird. Die Wahl falle voraussichtlich zusammen mit der Bundestagswahl im September.
Die Unterstützung der CDU ist Kandels sicher. Das machte Fraktions-Chef Michael Ludwig deutlich. Für ihn ist der Haushalt 2017 ein gelungener Balanceakt zwischen dem Bemühen um eine weitere Konsolidierung, ohne dabei völlig auf der Investitionsbremse zu stehen.

Kreisumlage schnürt Bitburg ein

"Wir wollen mehr, als Schulden vermeiden, wir wollen gestalten. Wir dürfen ein Mittelzentrum wie Bitburg nicht schwächen, indem wir uns kaputt sparen", sagte Ludwig, der in seiner Rede den Blick hauptsächlich auf das richtete, was gut gelaufen ist.
Für die FBL-Fraktion sagte Manfred Böttel, dass die Stadt unter anderem auch wegen der extrem hohen Kreisumlage bei weiteren Investitionen in Eishalle und Cascade mit dem Rücken an der Wand stehe: "Der Eifelkreis erhält 10,6 Millionen Euro Umlage von der Stadt. Und dann soll die Stadt als Mittelzentrum auch noch Freizeiteinrichtungen wie Eisbahn und Schwimmbad finanzieren, ohne dass sich der Kreis daran finanziell beteiligt. Für uns ein No-Go", sagte Böttel. Er sprach die Hoffnung aus, dass man die gute Zusammenarbeit im Rat und mit der Verwaltung auch im kommenden Jahr fortsetzen möge, "was aber angesichts der anstehenden Wahlen sicher nicht leicht sein wird." Der Grat zwischen Öffentlichkeitsarbeit und Populismus sei schmal. Da hatte die Liste Streit gerade angekündigt, dass man dem Haushalt die Zustimmung verweigern werde.

Wieso, weshalb, warum, erklärte Winfried Pütz (Liste Streit) und fing an mit Stadthalle und Eishalle. Da ist bei den Bauarbeiten nicht alles so gelaufen, wie es sollte. Es gibt Mängel. Und es gibt laufende Verfahren, die klären sollen, wer für die Mängel - Risse in Böden und tropfende Decken - verantwortlich ist. Wie auch immer diese Verfahren ausgehen, wird die Stadt für die beiden Hallen wohl noch mal Geld in die Hand nehmen müssen. Davon ist aber im Haushalt 2017 nichts zu lesen. Gleiches gilt für weitere Baustellen. Winfried Pütz von der Liste Streit spricht von großen "ungewissen Zukunftsprojekten", zu denen eine verlässliche Planung, wann was für wie viel Geld angegangen werden soll, fehlt.
Paul Bies von den Grünen argumentierte ähnlich: "Wir lehnen den Haushalt 2017 nicht für das ab, was drin steht, sondern für das, was alles nicht drin steht." Und in seiner Liste stehen dann auch der Neubau des Parkhauses Annenhof und der Feuerwache, die Investitionen in Brandschutz und mehr im Cascade-Bad sowie Stadthalle und Eissporthalle.

Viele Kostenposten bleiben offen

In die gleiche Kerbe stieß schließlich auch SPD-Fraktionsvorsitzende Irene Weber: "Es fehlen Zahlen und eine grobe Finanzplanung zu Verpflichtungen, von denen wir jetzt schon wissen, dass sie in den kommenden Jahren Thema werden."
Dass die Stadt in das Parkhaus Annenhof und Cascade-Bad investieren muss, ist auch CDU, FBL und dem Bürgermeister klar. Er plädiert beim Parkhaus für einen Neubau an gleicher Stelle aber mit mehr Stellplätzen. Dazu gibt es aber noch keine konkreten Beschlüsse. Und insofern ist es schwierig, das Projekt schon exakt durchzukalkulieren. Das werden dann die nächsten Haushaltspläne leisten müssen.
Alle Haushaltsabstimmungen des Stadtrats Bitburg seit dem Jahr 2000 im Internet unter www.volksfreund.de/bitburg

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Meinung
Der Wahlkampf hat begonnen

Dagmar Schommer

Nachtigall ick hör' dir trapsen. Dass gleich drei Fraktionen geschlossen den Haushalt ablehnen, hat es in Bitburg bisher noch nicht gegeben. Das liegt nicht daran, dass der Haushalt 2017 um so vieles schlechter, weniger verlässlich und undurchsichtiger kalkuliert wäre, als jene der Jahre zuvor. Im Gegenteil: Der Haushalt 2017 ist tatsächlich ein ausgewogenes, politisch verantwortungsvolles Programm. Diese ungewöhnlich breite Ablehnung liegt schlicht und ergreifend daran, dass kommendes Jahr ein neuer Bürgermeister gewählt wird. Und genau die Fraktionen von Liste Streit, Grünen und SPD haben bereits angekündigt, einen (gemeinsamen?) eigenen Kandidaten ins Rennen zu schicken. Dem Amtsinhaber wollte man da wohl neun Monate vorher nicht auch noch Rückendeckung geben. Das mag strategisch verständlich sein, ob es klug und redlich ist, ist eine andere Frage.
d.schommer@volksfreund.de

Extra
Zitate aus den Haushaltsreden

Joachim Kandels (CDU) gibt offiziell bekannt, dass er bei der Bürgerwahl 2017 wieder antreten wird: "Das Amt macht mir viel Freude. Gemeinsam haben wir in den vergangenen Jahren viel auf den Weg gebracht und diesen Weg möchte ich gerne weiter mitgestalten."
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Michael Ludwig (CDU) zur erneuten Kandidatur von Joachim Kandels: "Wir werden auch den Haushalt 2018 gerne mit Ihnen als Bürgermeister diskutieren."
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Winfried Pütz (Liste Streit)
vor dem Hintergrund der laufenden Beweissicherungsverfahren wegen Baumängeln in der Stadthalle und der Eishalle: "Es stellt sich in diesem Zusammenhang für mich die Frage, ob die Planung und Auftragsvergabe an Parteimitglieder eine noch zu vertretende Praxis darstellt. Oder mangelt es schlichtweg an Fachkompetenz hier im Haus?"
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Manfred Böttel (FBL) hebt hervor, dass die größte Investition mit 714.000 Euro an die Feuerwehr geht: "Das zeigt doch, dass die Stadt hinter ihrer Feuerwehr steht. Für uns ist nicht hinnehmbar, dass einige Mitarbeiter der Feuerwehr in der Öffentlichkeit den Bürgermeister diffamieren und die Bevölkerung durch unnötiges Sirenengeheule in Panik versetzen."
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Paul Bies (Grüne) sprach vielen aus dem Herzen mit seinem Schlusswort: "Ich bin froh, dass in diesem Gremium auch bei unterschiedlichen Auffassungen ein angenehmer Umgangston gepflegt wird. Das ist angesichts dessen, was man auf der Straße und von anderen Gremien, in denen bereits die AfD vertreten ist, hört, nicht mehr unbedingt selbstverständlich."
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Irene Weber (SPD) hatte ihre Rede unter das Motto Licht und Schatten gestellt und nannte als einen ganz finsteren Moment die Entscheidung des Landes in Sachen Landesgartenschau: "Bei der Konversion der Housing rechnen wir aber fest mit ganz großen Trostpflastern aus Mainz." Zum Bitburger Sirenengeheul sagte sie: "Diese grelle Alarmierung gehört hoffentlich bald der Vergangenheit an."
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Marie-Luise Niewodniczanska (FDP) regt sich über die 10,6 Millionen Euro Umlage auf, die die Stadt an den Kreis zahlen muss: "Alle drei Stadtratsmitglieder, die auch im Kreistag sind, müssen da jetzt mal ordentlich Dampf machen. Das geht so nicht weiter!" scho

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