Flüchtlingsarbeit verändert sich: Es geht jetzt um die Integration, auch im Eifelkreis Bitburg-Prüm

Bitburg/Prüm · Der Eifelkreis Bitburg-Prüm will sich beim Bund um die Einrichtung einer neuen Koordinierungsstelle in der Flüchtlingsarbeit bewerben. Die Nachfrage nach Beratung und Sprachkursen ist hoch, obwohl der große Flüchtlingsstrom abgerissen ist. Auch die Arbeit der Helfer hat sich verändert. Eine Bestandsaufnahme.

Die neue Ära scheint angebrochen zu sein: Vor mehr als einem Jahr ging es auch in Bitburg darum, unter enormem Zeitdruck eine Zeltstadt einzurichten, damit die vielen Menschen nicht obdachlos, sondern erst einmal nur sicher sind an dem Ort, an den sie geflüchtet waren. Jetzt ist der große Flüchtlingsstrom abgerissen, doch viele, die seinerzeit gekommen sind, haben Fragen: "Der Beratungsbedarf ist enorm, und zwar besonders bei Menschen kurz nach der Anerkennung", sagt Irmgard Mminele, beim DRK-Kreisverband Bitburg-Prüm zuständig für die Flüchtlingsarbeit.

"Und dann haben wir doch immer noch ein Minimum von 30 Leuten in Informationsveranstaltungen selbst bei Themen, wo wir denken, da kommt keiner mehr - wie: Sicherheit im Straßenverkehr." Größerer Andrang herrsche dann, wenn es um Dinge gehe wie Führerschein, Ausbildung oder Wohnungssuche - oder in Workshops, zum Beispiel in Zusammenarbeit mit Monika Hecken von der Verbraucherzentrale in Prüm, die über Tücken von Mobilfunkverträgen aufklärt oder Alltagsfragen behandelt wie "Wie lese ich meine Stromrechnungen?" Die Menschen "sind dankbar für alles, was sie an Informationen aufsaugen können."

Dass sie das auch können, dafür sorgen im Kreis eine Menge an ehrenamtlichen Helfern und Anlaufstellen (siehe Extra). Besonders bei einem Thema sieht der Kreis Verbesserungsbedarf: beim Erlernen der deutschen Sprache. Denn nur mit ihr kann Integration gelingen: Nur wer sie beherrscht, hat Zugang zu Bildung, Arbeitsmarkt und dem gesellschaftlichen Leben. Der Bund sieht das auch so: Er finanziert in vollem Unfang eine kommunale Koordinierungsstelle, die ihr Augenmerk auf Sprachförderung, Ausbildung und Integration legen soll - ein Programm, für das sich der Eifelkreis Bitburg-Prüm nun auch bewerben will. Dafür hat sich jüngst der Kreisausschuss auch ausgesprochen - einstimmig am Ende, aber dennoch nach langer Diskussion. So wollte Michael Ludwig (CDU) wissen, "wer die ganzen Koordinierungsstellen koordiniert".

Dass aber Sprache immer noch "das Top-Thema" sei, das bestätigt Irmgard Mminele. Zwar laufe es gut mit den Integrationskursen, aber "für die Leute, die noch im Verfahren hängen, haben wir ein zu geringes Angebot. Da ist der Bedarf nicht gedeckt." Eine solche zentrale Stelle zu haben fände sie daher "toll": Denn es gebe so viel, um das man sich kümmern müsse, und "viele Probleme tauchen erst während der Kurse auf".

Außerdem hoffe sie, dass viele dem Beispiel der Verbandsgemeinde Bitburger Land folgen, die mit der Pädagogin Katrin Hahn eine Flüchtlingsozialarbeiterin hat - ein Pilotprojekt (der TV berichtete). Nicht zuletzt, findet Irmgard Mminele, müsse es auch darum gehen, die Ehrenamtlichen, die zuletzt so vieles gestemmt hätten, nun auch etwas zu entlasten.
Die sind besonders im Eifelkreis ungebrochen engagiert - das zeigt auch das jüngste Beispiel: Vor kurzem haben Ehrenamtliche - eine Gruppe um Fotografin Silvia Hotz aus Bettingen - eine neue Internetseite auf den Weg gebracht: flüchtlingshilfe-eifelkreis.de heißt sie. Das virtuelle schwarze Brett hilft bei der Suche nach Kleidung und Möbeln, Sprachkursen und Ansprechpartnern. Auch hier lautet das Ziel: "die Vernetzung aller, die in diesem Bereich tätig sind", sagt Monika Dondelinger vom Caritasverband Westeifel.

Ressourcen aufgestockt hat auch der Caritasverband Westeifel. "Darüber bin ich sehr froh", sagt Andrea Ennen, stellvertretende Caritasdirektorin. "Wir haben steigende Zahlen, was den Beratungsbedarf angeht, und können so die Menschen entsprechend unterstützen." Seit dem Jahr 2002 bietet der Caritasverband bereits Migrationsberatung an, hat diese ab 2015 ausgeweitet, etliche Projekte kamen dazu.

Mehr als 400 Beratungsfälle habe es allein im ersten Halbjahr 2016 im Eifelkreis und im Landkreis Vulkaneifel gegeben. "Entsprechend den Anforderungen haben sich die Kollegen spezialisiert", sagt Jo Bach, Fachbereichsleiter mit Sitz in der Prümer Dienststelle. So kümmert sich etwa Guido Hannawald um junge Menschen im Alter zwischen 12 und 27 Jahren, die vor allem wissen wollen, welche Chancen sie auf Ausbildung haben.

Spezialisierung ist das eine, Abstimmung das andere: Andrea Ennen fordert bei Stellen mit rein koordinierenden Aufträgen, dass alle Netzwerkpartner zusammengebracht werden und konkrete Vereinbarungen getroffen werden - was mit zunehmend mehr Koordinierungsstellen auch aufwendiger werde. Der Ertrag kann sich aber lohnen: Die Sprache sei einer der wichtigsten Bausteine, sagt auch sie.

Bei all dem müsse man sich aber fragen, was Integration eigentlich bedeute. Dazu Andrea Ennen: "Wir müssen mit viel Transparenz vermitteln, wie unsere Welt funktioniert und wie wir unsere Werte leben. Nur was ich wirklich verstanden habe, kann ich auch annehmen."
Extra Hier gibt es Hilfe für Flüchtlinge

Die Kommunen haben jeweils Integrationsbeauftragte, die ein offenes Ohr für alle Belange haben: Monika Fink für die Stadt Bitburg und Verbandsgemeinde Bitburger Land, Gunda Gercke-Stolzenbach und Lothar Penning für die VG Südeifel, Peter Reichertz für die VG Speicher, Eugenia Strak für die VGen Prüm und Arzfeld, außerdem Ansprechpartner sind die Sozialämter der Verbandsgemeinden sowie die Ausländerbehörde des Kreises. Katrin Hahn, die neue Flüchtlingssozialarbeiterin, hat ihr Büro beim DRK-Kreisverband und ist ausschließlich für die Flüchtlinge und Asylbegehrenden im Bitburger Landes zuständig. Flüchtlingsbeauftragter des Eifelkreises Bitburg-Prüm ist Rudolf Becker. Beim Kreis angesiedelt ist ebenfalls ein Koordinator für die Flüchtlingsunterbringung.

Für die Koordination der Flüchtlingsarbeit im Kreis und für die Beratung von Asylsuchenden zuständig ist Irmgard Mminele, Beratungsstelle beim DRK in Bitburg. Der DRK-Kreisverband und das DRK-Bildungswerk haben viele weitere Angebote für Flüchtlinge und freiwillige Helfer, ebenso der Caritasverband Westeifel und die Katholische Erwachsenenbildung. Integrationskurse und Fortbildungen für Ehrenamtliche gibt es bei der Volkshochschule in Bitburg.

Außerdem: Der AliBi-Eifelservice in Bitburg hilft zum Beispiel beim Ausfüllen von Anträgen oder dient als Postadresse - allen Menschen im Eifelkreis, die keinen festen Wohnsitz haben. Die Initiative Bitburg für eine solidarische Welt hat den Willkommensmarkt in Bitburg ins Leben gerufen (in der Gartenstraße 1, Annahme immer dienstags, 12.30 Uhr bis 14 Uhr, Ausgabe mittwochs, 9.30 bis 12.30 Uhr).

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