Flugblatt sorgt für Wirbel

NIEDERSTEDEM. Der Streit um Straßenbaubeiträge in Niederstedem geht in die nächste Runde. Fünf Ratsmitglieder haben eine Bürgerinformation zu dem umstrittenen Thema an alle Haushalte verteilt.

"Bürgerinformation zur Beitragsveranlagung für Gemeindestraßen in Niederstedem" - Mit diesem Titel haben fünf Ratsmitglieder eine Streitschrift auf drei gelben Blättern überschrieben, die sie an alle Haushalte der Gemeinde verteilt haben. Darin legen sie ihre Begründung dar, warum sie als Ratsmehrheit an ihrem Beschluss festhalten, dass die Bauarbeiten an der Weiherstraße über wiederkehrende Beiträge aus dem Gemeindesäckel bezahlt werden sollen. Gegen diese Rechtsauffassung haben sich im Vorfeld die Ratsmitglieder Herbert Kiemen und Jakob Bohr, zwei unabhängige Rechtsanwälte, sowie Vertreter der Verbandsgemeindeverwaltung und des Kreises als Kommunalaufsicht gewandt. Sie alle sind überzeugt, dass die Weiherstraße mit den Bauarbeiten der vergangenen Jahre erstmalig die Qualität einer Erschließungsstraße erhielt und die Anlieger folglich Erschließungsbeiträge zu zahlen haben. Besondere Pikanterie erhält der Streitfall, weil drei der fünf Ratsmitglieder, die den Straßenbau mit Gemeindegeldern finanzieren wollen, Anlieger der umstrittenen Weiherstraße sind und im Falle von Erschließungsbeiträgen veranlagt würden (der TV berichtete mehrfach). "Mit dem Flugblatt wollen wir begründen, warum wir uns in diesem Streit so entschieden haben", begründet Otti Rieboldt, eine der Unterzeichner, den Sinn des Flugblattes. Eine im Rat abgestimmte Informationsschrift habe sie gemeinsam mit den anderen vier Unterzeichnern nicht für nötig gehalten. "Da wäre sowieso nichts anderes bei rausgekommen", ist sie überzeugt. Schließlich hätten die nicht unterzeichnenden Ratsmitglieder Jakob Bohr und Herbert Kiemen auf anderen Wegen ihre Informationen im Dorf rundgetragen, und dies sei nun ihre Reaktion darauf. Auch eine Bürgerversammlung hält Rieboldt für nicht so effektiv wie diese Schrift, die in jeden Haushalt getragen wurde. "Für eine Bürgerversammlung haben viele keine Zeit, und auf diesem Wege erreichen die Informationen alle, und alle haben Zeit, die Blätter in Ruhe zu lesen." Verstanden haben jedoch längst nicht alle Niederstedemer, was die Ratsmehrheit ihnen in Zartgelb mitteilen will. Zu bruchstückhaft und ungeordnet seien die Informationen, die viel Vorwissen voraussetzten, urteilt eine Bürgerin, die bisher den Streit nur am Rande verfolgt hat. Flugblatt enthält irreführende Formulierungen

Zudem enthält die Schrift polemische und teils irreführende Äußerungen gegen die in ihrer Rechtsauffassung überstimmten Ratsmitglieder Herbert Kiemen und Jakob Bohr: "Bei der von den Ratsmitgliedern Kiemen und Bohr geforderten schnellen Erhebung von Erschließungsbeiträgen stellt sich die Frage, wer leichtfertig Gemeindegelder verschwendet." Und: "Kämen wiederkehrende Beiträge zum Tragen, würden allerdings die Ratsmitglieder Kiemen und Bohr ebenfalls zur Zahlung veranlagt." Dass wiederkehrende Beiträge alle Niederstedemer oder den Gemeindesäckel zur Kasse bitten, bleibt manchem Leser bei dieser Formulierung verborgen. "Mit diesem Flugblatt wollen die Unterzeichner Einfluss nehmen, indem sie bewusst Fakten und Informationen weggelassen haben", ist Herbert Kiemen überzeugt, der ebenso wie Jakob Bohr von dieser Schrift erst zeitgleich mit den übrigen Niederstedemern erfuhr. "Unsere erste Reaktion war, eine Gegendarstellung zu verbreiten, weil die Blätter der Sachlage nicht gerecht werden und um den Bürgern wirklich die Möglichkeit zu geben, sich eine objektive Meinung zu bilden. Aber inzwischen haben wir entschieden, uns nicht auf dieses Niveau herabzulassen, das nur Streit im Dorf schürt. Vielleicht zeigt das den Bürgern auch, wo der Knackpunkt des Streites liegt und wer ihn schürt." Sie hätten es besser gefunden, in einer Arbeitssitzung des Rates eine derartige Information zu erarbeiten oder eine Bürgerversammlung einzuberufen, bei der Bürger auch Fragen stellen können. Bohr hat derweil intensiv in Gemeindeakten gestöbert und ist überzeugt, jedes einzelne Argument des Flugblattes, das an die Klageschrift der Rechtsanwältin Marianne Matiaux angelehnt ist, widerlegen zu können (siehe unten). Der Niederstedemer Bürgermeister Willi Niederprüm war in den vergangenen vier Tagen für eine Stellungnahme nicht zu sprechen.

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