Früher ein beliebtes Ausflugsziel

In alten Gemeinde- und Ortsbüchern kann man die Ortsbezeichnung Speicherbrück finden. Es handelt sich dabei um die Brücke über die Kyll zur Moltkeburg, an der Strecke von Speicher nach Bitburg.

Speicher. (red) Über den Bau der Straße, der Brücke und der Moltkeburg wird in einer Privatchronik interessant berichtet: "Im Jahre 1847 wurde die heutige Prämienstraße Rothaus-Speicher-Bitburg abgemessen und in Grund gesetzt, blieb dann aber wieder liegen bis 1850, und wurde dann mit einer Steindecke ausgebaut." Die Brücke über die Kyll hat die Gemeinde Speicher auf eigene Kosten bauen lassen, und dieselbe wurde von einem Meister namens Brück aus Gerolstein für 2900 Taler ausgeführt. Wie die Schrift auf dem Brückendenkmal besagt, war König Friedrich IV. damals in Trier. Diese Gelegenheit nutzte der hiesige Bürgermeister Axer, um die Erlaubnis von Seiner Majestät zu erbitten, die Brücke auf dessen Namen - Friedrich-Wilhelm-Brücke - taufen zu dürfen. Der Bürgermeister hielt eine prophetische Rede

 Steht heute leer – die Moltkeburg. TV-Foto: Lydia Vasiliou

Steht heute leer – die Moltkeburg. TV-Foto: Lydia Vasiliou

Die Majestät gab die Genehmigung dazu. Es wurde dann auch zu diesem Zweck 1855 ein Brückenfest gefeiert. Der damalige Gemeinderat mit Bürgermeister Axer an der Spitze und viele geladene Gäste und viel Volk zogen dann von Speicher in Begleitung einer Musikkapelle hinaus zur Brücke. Bürgermeister Axer hielt eine teilweise prophetische Rede. Diese lautete ungefähr so: Durch die neue Chaussee und den Brückenbau seien die Ortschaften fortan etwas näher aneinandergerückt. "Der Verkehr ist dadurch sehr erleichtert, und die meisten von euch werden es noch erleben, dass das Dampfross zur Zeit oft durch dieses schroffe Tal auf- und absaust!", sagte der Bürgermeister. Über diese Aussage waren die meisten der Anwesenden so überrascht, und man war der Meinung: "Loaß mer hiam gon, de Mahn schwäätzt eso as wan hen gäkig wär!" 13 Jahre später wurde dann die Eisenbahn strecke Trier - Köln in Angriff genommen. 1945 in den letzten Kriegstagen sprengten deutsche Pioniere diese historische Sandsteinbrücke. Die Amerikaner schafften einen provisorischen Übergang. Später als Bohlenbrücke ausgebaut, musste diese der heutigen Brücke in den Jahren um 1970 weichen. Das spätere Gasthaus "Moltkeburg" - in alten Ortsverzeichnissen mit "Speicherbrück" bezeichnet - wurde in den Jahren 1872/73 von Nikolaus Wammer aus Speicher erbaut. Schon bei Beginn des Baues der Bahnstrecke Trier - Köln hatte er dort einen kleinen Bierbetrieb eröffnet.Erst im Jahre 1887 soll ein Herr Rautenstrauch aus Trier, Pächter der Röhler Jagd, dem Wirt den Vorschlag gemacht haben, sein Gasthaus "Graf Moltke" zu nennen, denn in Verbindung mit dem Namen "Friedrich-Wilhelm-Brücke" sei dies eine gute Werbung. Nikolaus Wammer griff diesen Vorschlag auf, wandte sich mit der entsprechenden Bitte an Graf Moltke und erhielt auch prompt Antwort: "Berlin, den 16. Dezember 1887. Auf das gefälligste Schreiben vom 14. des Monats erwidere ich ergebenst, daß ich nichts dagegen einzuwenden habe, wenn Sie Ihrem Haus meinen Namen beilegen wollen. Der General-Feldmarschall Gr. Moltke."Am 26. Januar 1888 vollendete Graf Moltke sein 88. Lebensjahr. Nikolaus Wammer gratulierte zu diesem Tag mit herzlichen Wünschen. Er legte dem Schreiben einige Fotos bei. Leider sind die Originalschreiben, die immer im Gastraum zu sehen waren, nicht mehr vorhanden. Durch den oftmaligen Besitzerwechsel sind diese wahrscheinlich vernichtet. Die Moltkeburg war bis zum Zweiten Weltkrieg immer ein beliebtes Sonntags-Ausflugsziel der Speicherer und später ein Treffpunkt für Fuhrleute und Autofahrer nach Feierabend. Heute steht das Gebäude leer. Vor etwas mehr als einem Jahr hat Detlef Faber aus Binsfeld, auch Inhaber der Discothek "Kajüte", die Moltkeburg erworben. Was aber damit geschehen soll, weiß er noch nicht. Werner Streit, Speicher

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