Angst vor Atommeiler: Frankreichs Antwort auf den Sorgenbrief des Landrats

Bitburg/Prüm · Viel steht nicht drin in dem Schreiben, das Landrat Joachim Streit aus Paris erreichte. Es ist eine Reaktion auf Streits Brief an den französischen und belgischen Staatspräsidenten, in dem er seine Sorgen wegen der Atommeiler Tihange und Cattenom schilderte - und sich für einen Ausstieg aus der Atomenergie aussprach.

 „Geschützter Bereich – Eindringen verboten“: Ein Schild warnt davor, das Gelände des Atomkraftwerks Cattenom zu betreten. Foto: TV-Archiv/Honk

„Geschützter Bereich – Eindringen verboten“: Ein Schild warnt davor, das Gelände des Atomkraftwerks Cattenom zu betreten. Foto: TV-Archiv/Honk

Foto: (ELI@S-Bildarchiv Saarbrücker Zei)

Bitburg/Prüm. Was soll es schon bringen, wenn einer aus der Eifel einen Brief an die Staatspräsidenten in Belgien und Frankreich schreibt und sie höflich bittet, zu prüfen, ob jetzt nicht der richtige Zeitpunkt sei, aus der Atomenergie auszusteigen. Landrat Joachim Streit hat es einfach gemacht. Sein persönlicher Brief, in dem er seine Ängste angesichts der Atommeiler in Cattenom und Tihange schildert, wurde zum Renner im Internet - und hat binnen von zwei Tagen über Facebook 140 000 Menschen erreicht (der TV berichtete). Er wollte es wenigstens versucht haben - so hat er seine Aktion Ende März begründet. Nun hat er eine Antwort aus Frankreich - nicht von François Hollande persönlich, aber aus dem Büro des "Chef de Cabinet" des Präsidenten.Wie erwartet, nicht wie erhofft


Der Inhalt? Man bedankt sich - selbstverständlich alles in bestem Französisch - für die Anteilnahme angesichts der Terroranschläge in Brüssel und Paris - und lässt den Landrat wissen, dass Frankreich sofort Maßnahmen ergriffen und Grenzkontrollen wie Sicherheitskräfte verstärkt habe. "Er könne versichert sein, dass sensible Objekte wie nukleare Zentren Gegenstand besonderer Aufmerksamkeit sind", steht dort sinngemäß übersetzt. Das war's. Kein Wort zu einem möglichen Atomausstieg oder den Ängsten, die die Menschen in der Eifel umtreiben.

"Die Antwort entspricht meiner Erwartung, aber nicht dem, was ich gehofft habe", sagt Joachim Streit. Was für ihn zählt: "Der Zuspruch aus der Bevölkerung ist enorm." Der Brief hat Bewegung in die Sache gebracht. In Badem hat die Junge FWG am Wochenende Unterschriften gesammelt, um die Online-Petition zu unterstützen, mit der die Landesregierung aufgefordert werden soll, gegen Cattenom und Tihange zu klagen. 350 Unterschriften haben sie gesammelt. Eine Aktion, von der sich Streit wünscht, dass sie Nachahmer findet. Knapp 10 000 Unterstützer hat die Petition bisher - 16 000 werden gebraucht. scho
Die Petition gibt es im Internet unter www.openpetition.deMeinung

Der Stein rollt
Mit seinem Sorgen-Brief hat Landrat Streit erreicht, dass sich die Menschen bewusst werden, dass sie mit ihrer Angst wegen der Atommeiler nicht alleine dastehen. Viele teilen die Sorge. Und Streit hat gezeigt: dass man Cattenom und Tihange nicht kommentarlos hinnehmen muss. Inzwischen werden in der Eifel auf der Straße Unterschriften gesammelt - wer hätte das zuvor gedacht? Das Bewusstsein hat sich gewandelt. Der Brief hat den Stein ins Rollen gebracht. d.schommer@volksfreund.de
Extra: Neuer Chef für Atomkraftwerk Cattenom

Das umstrittene französische Atomkraftwerk Cattenom bekommt einen neuen Direktor. Nachfolger des bisherigen Chefs Guy Catix wird Thierry Rosso. Wie das Luxemburger Tageblatt berichtet, studierte der 47 Jahre alte Rosso an der INSA Strasbourg und begann seine Karriere 1993 beim Elektrizitätskonzern EDF. Er arbeitete zunächst als Wartungsingenieur im Atomkraftwerk Saint Alban, 1998 ging er zum AKW Golfech. Nach einigen weiteren Etappen wechselte er im Sommer 2010 in die Atomzentrale Fessenheim, die er später vier Jahre als Direktor leitete. Thierry Rosso ist verheiratet und Vater von drei Kindern. Sein Vorgänger, der 55-jährige Guy Catix, wird Leiter der firmeninternen "Inspection Nucléaire" von EDF in Saint Denis. (tgbl)

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