Fromme Käuze

SPANGDAHLEM. Eremiten, auch Einsiedler oder Klausner genannt, sind Menschen, die die Einsamkeit suchen, um in Armut, Askese und im Schweigen ein Leben mit Gott zu führe. Heute, so scheint es, sind ihre Spuren nahezu völlig verwischt.

Die Zahl der Eremiten hat sich seit dem 18. Jahrhundert stark vermindert, aber ausgestorben sind sie nicht. Jeder, ob Mann oder Frau, kann auch heute noch Eremit werden. Allerdings ist es nicht damit getan, eine einsame Behausung zu beziehen, sie Eremitage zu nennen und nach eigenem Gusto mit der Einsiedlerei zu beginnen. Grundvoraussetzung zur Erlangung des kirchlich anerkannten Eremitenstatus ist das Gelübde nach Canon 603 des Kirchenrechtes von 1983 sowie die Befolgung eremitischer Regeln unter der Obhut des Diözesanbischofs. Nicht anders war es in frheren Zeiten. Im Bitburger Land unterlag das Leben und Wirken der Eremiten den strengen Regeln der 1703 gegründeten deutschsprachigen Eremitenkongregation des Obererzstifts Trier. Visitatoren hatten alles zu überwachen und darüber zu berichten. Das war auch nötig, gab es doch unter den "Wald- und Bettelbrüdern" bisweilen recht eigenwillige Typen, sonderbare Käuze, kantige Gesellen und solche, die weder dem Alkohol abhold noch pflegeleicht waren. Ein "Asket", der die Almosen versoff

Über Bruder Johannes Stotz, Eremit auf dem Nikolausberg bei Spangdahlem, wird viel Gutes berichtet. "Doch förchtet der Herr Pastor, das der Bruder durch das zu viel Lesen möget verstört oder närrisch werden." Also konfiszierte man seine sämtlichen Bücher "biß ahn ein Bettbuch". Fortan ging es Bruder Johannes besser. Schwer mit der Askese tat sich sein Nachfolger Antonius Hammes. Hatte er sich "doch nit entblödtet, die erbettelten Almosen sogar in Wirtshäuser zu verkauffen (sprich versaufen), so das man mit unbeliebigen Mitteln gegen seine Persohn fürgehen werde". Später heißt es, "sein Zustand scheinet einigermaßen besser". Gut genug jedenfalls, um den in der nahen Frohnert Kapelle lebenden Bruder Benedictus Ramboy bei der Geistlichkeit wegen "Liederlichkeiten" kräftig anzuschwärzen. "Futterneid" befanden die Juroren und der Fall war erledigt. Derweil hatte Bruder Gregorius in der Schankweiler Klause den Visitatoren zufolge die Arbeit nicht erfunden. Ganz anders dagegen sein Mitbruder Bernhard Uhren. Ein knallharter Manager und Organisator wäre der strenge Mann nach heutiger Diktion. Vom Bischof erbat er die Erlaubnis, auch außerhalb der Eremitage barfuß zu gehen. Seine Novizen, Felix und Modestus galten als "Problemfälle". Ebenfalls dem Alkohol nicht abgeneigt war Bruder Silverius in der Wachenforter Klause. Zudem fischte er unerlaubt in der Kyll und hängte die Netze in der Kapelle zum Trocknen aus. Der Prümer Prior drohte mit Kerkerhaft. Keine Unterhose unter der Kutte

Wenn Bruder Alfons, Schankweiler Klause, die Kirche schmückte und auf der Leiter stand, kamen die Kinder, um zu sehen, ob er eine Unterhose trug. Meistens war das nicht der Fall. Allergisch reagierte er auf Frauen und Mädchen. Sobald sie sich seiner Klause näherten, verbarrikadierte er sich samt seiner Ziegen, lauthals schreiend: "Fort mit euch, ihr wollt mich verführen." Keinerlei Angst verführt zu werden hatten dagegen die Schankweiler Brüder Gerardus und Franziskus. Sie ließen sich vom eremitischen Gelübde der Keuschheit entbinden und heirateten. Gerardus brachte es bis zum Bürgermeister von Messerich. Wirklich gravierend waren die Verfehlungen, von denen die Visitatoren berichten, freilich nicht. Eher ging es um menschliche Schwächen, mit denen auch Eremiten zu kämpfen haben. Ein Leben in Demut und Nächstenliebe führen wollten sie sicher alle. Und fromm waren sie dabei auch, aber nicht immer lammfromm. Nachzulesen in: "Eremiten auf dem Nikolausberg", Günther Klassen, Spangdahlem; "Ermites et Ermitages", Jean-Claude Muller, Luxemburg und Prof. Dr. Andreas Heinz, Liturgiewissenschaftler Uni Trier; "Eremitagen und Eremiten im Bitburger Land", Dr. Ernst Schneck, Bischöfliches Generalvikariat; "Bruder Alfons von der Schankweiler Klause", Matthias Mayer, Holsthum.

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