Fundsachen auf dem Heimweg

BITBURG/DAUN/TRIER. Immer mehr streunende Katzen werden im Tierheim Trier-Zewen abgegeben. Im Jahr 1997 waren es noch 287. Im Jahr 2004 stieg die Zahl auf 612. Die Kosten für den Tierschutzverein explodieren, aber nur wenige Gemeinden helfen mit Zuschüssen. Die Begründung: Fundkatzen gebe es doch gar nicht.

Die Gesetzeslage scheint eindeutig. Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), Paragraf 966, heißt es: "Der Finder ist zur Verwahrung der Sache verpflichtet." So bleibt die Wahl, sich eines hilfsbedürftigen Tieres anzunehmen, oder aber zu fürchten, zeitlebens dafür aufkommen zu müssen. Andreas Lindig, der Leiter des Tierheims in Zewen, dessen Einzugsgebiet auch fast die gesamte Eifel umfasst, ist verärgert. Unter solchen Umständen sei doch niemand mehr bereit, sich einer herrenlosen Katze anzunehmen. Dabei gebe es noch den Paragrafen 967 im BGB, in dem es heißt: "Der Finder ist berechtigt (...), die Sache (...) an die zuständige Behörde abzuliefern." Was viele nicht wissen: Das Tierheim ist keine Behörde. Damit ist es nicht gesetzlich verpflichtet, Tiere aufzunehmen. Die Bereitschaft entspringe der freiwilligen Verpflichtung des Tierschutzvereins. Also werde dort kein Tier, das Hilfe benötigt, abgewiesen, und den Finder kostet es auch nichts. Auf das Tierheim jedoch kommen pro Fundkatze durchschnittlich 250 Euro an Ausgaben zu. Lindig: "Wenn die Verbandsgemeinden dem Fund zustimmen, kostet dies die Gemeinden pro Tag fünf Euro für maximal 56 Tage." Einen Löwenanteil macht bereits die Sterilisation mit 90 Euro aus. Wird das Tier jedoch nach fünf Tagen bereits weitervermittelt, muss sich die jeweilige Gemeinde nur mit 25 Euro beteiligen. Einige Verbandsgemeinden argumentieren anders. Fundkatzen gebe es einfach nicht. Sie seien entweder herrenlos - und was niemand verloren haben kann, kann auch nicht gefunden werden - oder sie seien "auf dem Nachhauseweg". Gerade herrenlose Katzen vermehrten sich in rasantem Tempo, sagt Dr. Willa Bohnert vom Tierschutzzentrum der Tierärztlichen Hochschule Hannover. Ein einziges Katzenpaar könnte innerhalb von zehn Jahren rein rechnerisch 80 Millionen Nachkommen haben. "Gerade um Altenheime, Gaststätten und Krankenhäuser herum wird das auch zu einem seuchenrechtlichen Problem. Dort müssten doch die Verbandsgemeinden wieder in der Pflicht sein", ergänzt Lindig. Aus diesem Grunde habe das Tierheim schon vor Jahren mit einigen Gemeinden Versorgungsverträge abgeschlossen. Aber andere Gemeinden würden sich aus der Kostenübernahme für herrenlose Katzen völlig ausklinken, teilweise die Unterbringungsmöglichkeiten des Tierheims jedoch sehr wohl nutzen: nämlich für (existierende) Fundhunde. Einige Eifelgemeinden lehnten eine feste Zusammenarbeit mit dem Argument ab, dass sie andere Lösungen gefunden hätten. Zu diesen gehören Bitburg, Wittlich, Daun, Hillesheim und Kelberg. Lindig erläutert diese Varianten: "In Hillesheim gibt es eine Hundepension. Die nimmt aber keine Katzen auf. Von Bitburg wurde uns mitgeteilt, dass es ein Katzenhaus gebe - das kennt aber niemand. Fundkatzen werden weiterhin zu uns gebracht. Und aus Daun kam schon 2001 von Bürgermeister Werner Klöckner und Stadtbürgermeister Wolfgang Jenssen die klare Aussage, dass sie keine Notwendigkeit erkennen könnten." Die aktuelle Statistik hat den Ärger Lindigs wieder anschwellen lassen: "Aus Kelberg kam zwar die Zusage, jeden Fall prüfen zu wollen. Aber alle 18 Katzen, die 2004 aus dieser Verbandsgemeinde bei uns abgegeben wurden, wurden abgelehnt - mit der Begründung, dass die Verbandsgemeinde noch vor der Aufnahme ins Tierheim benachrichtigt werden wollte."Jeder Fall erinnert an die Pflicht

Erschwerend für alle, die sich einer herrenlosen Katze annehmen, komme dann noch hinzu, dass "die Beweispflicht, ob es sich um ein Fundtier oder ein herrenloses Tier handelt, der Finder trägt", erklärt Jürgen Kohl, Amtsleiter der Kreisverwaltung Trier-Saarburg. "Man muss bei Katzen wirklich genau hinschauen - schließlich sind fast alle Freigänger", sagt Lindig, der sich gegenüber Behörden zu wehren weiß. Er erläutert seine Vorgehensweise: "Wer eine verletzte oder abgemagerte Katze findet, die handzahm ist, kann davon ausgehen, dass sie einen Besitzer hat. Und einem solchen Tier muss geholfen werden. Aber wenn ein Finder aus einer Verbandsgemeinde kommt, die keinen Dienstleistungsvertrag mit uns hat, dann verweisen wir ihn zunächst an die zuständige Behörde. Jeder Anruf dort, jedes Tier, das direkt ins Fundbüro getragen wird, erinnert die Behörden an ihre Pflicht."

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