Gemeinsamer Ausweg aus der Krise

WEINSHEIM. Eineinhalb zähe Jahre lang verhandelt: Gewerkschaft, Betriebsrat, Geschäftsführung und Gesellschafter des Prüm Türenwerks in Weinsheim haben die Lohnverhandlungen beendet. Rückwirkend zum 1. Juni 2005 gilt ein Haustarifvertrag.

Euphorie gibt es wohl auf keiner Seite. Doch ein allgemeines Aufatmen ist spürbar. Insgeheim ist wohl jeder froh, dass nun erstmal Ruhe herrscht beim Türenhersteller. Nicht immer war es für die Angestellten und Arbeiter einfach, den Durchblick über den Verhandlungsstand zu behalten. Da stand auf der einen Seite die Forderung der Geschäftsführung, die Lohnkosten um 30 Prozent zu senken. Statt der 35-Stunden-Woche sollten 40 ohne Lohnausgleich gearbeitet werden. Die Prämienregelung, die 346 der 474 Beschäftigen betrifft, sollte abgeschafft, beziehungsweise deutlich reduziert werden. Im Schnitt bedeuteten die Prämienzahlungen monatlich ein Plus von 350 Euro im Portemonnaie. Energisch stemmten sich Vertreter der IG Metall und der Betriebsrat gegen die Vorschläge der Geschäftsführung. Auf fünf Prozent des Lohns sei man bereit zu verzichten, hieß es von ihrer Seite. Die Fronten waren verhärtet, eine Einigungsstelle sollte angerufen werden. Doch es kam anders: Am 23. Juni stimmten 91,67 Prozent der 130 Gewerkschaftsmitglieder dem zuvor mit der Geschäftsführung vereinbarten Haustarif zu. "Wir wollten die Leute mit ins Boot nehmen", sagt Stefan Sachs, Gewerkschaftssekretär der IG Metall. "Es wurde mit harten Bandagen gekämpft, oft herrschte über Monate Sprachlosigkeit", sagt Sachs rückblickend über die Verhandlungen mit der Geschäftsführung. Jetzt habe man zwar "kein tolles Ergebnis" erzielt, doch es "lässt uns ruhiger schlafen, was die Arbeitsplätze angeht", sagt Sachs. Nur noch halb so viel Türen werden gebraucht

Trotzdem verwundert der Stimmungsumschwung der kämpferischen Gewerkschaftsvertreter. 50 Arbeitsplätze seien in Gefahr gewesen, munkelte man hinter vorgehaltener Hand. Es sei nicht mehr genug Arbeit da. In der Tat geht es der Türenbranche in Deutschland nicht gerade rosig. Wurden 1995 noch zwölf Millionen Innentüren auf dem deutschen Markt verkauft, wird 2005 mit einem Bedarf von nur noch sechs Millionen gerechnet. "Der Bedarf hat sich halbiert. Hinzu kommen extreme Preiskämpfe", sagt Geschäftsführer Detlev Schröder. Das haben auch Betriebsrat und Gewerkschaftsvertreter erkannt und dem Haustarifvertrag zugestimmt. "Wichtig ist, dass in dieser Situation alle Parteien Verantwortung gegenüber dem Unternehmen gezeigt haben", sagt Schröder. Der Auftragseingang mache ihm und Geschäftsführer Rainer Pries jedoch weiter Sorge. Dieser lag im Juni 20 Prozent niedriger als im Vorjahr. Pries bezeichnet diesen Zustand nicht als dramatisch, jedoch kritisch. Das Streichen der Eigenheimzulage und die geplante Erhöhung der Mehrwertsteuer werde die Bevölkerung nicht motivieren zu bauen, befürchtet Schröder. Rund zwölf Millionen Euro hat Prüm Türenwerk in den vergangenen zwei Jahren ins Werk investiert. Die neue Technologie bringe schon erwartete Erfolge. Die Geschäftsführer hoffen, dass die getroffenen Maßnahmen die Situation des Unternehmens in die richtige Richtung gebracht haben und das Prüm Türenwerk für die Zukunft gewappnet ist. Seit Mai dieses Jahres hat der Hauptgesellschafter Halder ein weiteres Türenwerk gekauft. Die Anteile von Prüm Türenwerk und des ostdeutschen Unternehmens Garant sollen unter eine gemeinsame Holding gestellt werden. Die operativen Bereiche, sprich die Geschäftsführung der Werke, bleiben eigenständig, sagt Pries. Es gebe keinen Beherrschungsvertrag seitens der Holding. Rainer Pries: "Wir haben unterschiedliche Sortimente, wollen aber von Synergien profitieren, wie zum Beispiel im Einkaufsbereich."

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