Gericht verurteilt falschen Professor

Bitburg · Haarscharf ist ein 70-Jähriger an einer Gefängnisstrafe vorbeigeschrammt. Das Amtsgericht Bitburg verurteilte den Heilpraktiker zur einer zweijährigen Freiheitsstrafe auf Bewährung, weil er sich mit falschen Professorentiteln geschmückt und seine Patienten damit hereingelegt hatte.

Auf der Anklagebank sitzt ein gebrechlicher Mann mit schütterem Haar und schneeweißem Vollbart. Seine Stimme ist leise, brüchig. Doch in seinen Augen lodert das Feuer eines Kämpfers. So einfach will er sich seine erfundenen Professorentitel nicht nehmen lassen. Nicht einmal von Justitias mächtigem Arm.

Der 70-Jährige hatte sich nicht mit einem Plagiat seinen akademischen Titel erschlichen, sondern gleich selbst in den Stand eines Professors erhoben. Wegen des Vorwurfs der Anmaßung von akademischen Titeln, eines falschen Offenbarungseids und Verstoßes gegen das Heilmittelwerbegesetz stand der Heilpraktiker aus dem Eifelkreis gestern vor dem Amtsgericht Bitburg.

Die Geschichte klingt wie eine Münchhausen-Klamotte: 1964 machte der in Leipzig geborene Mann eine Lehre als Physiotherapeut. In Schleswig schloss sich eine Ausbildung zum Heilpraktiker an. Dann zog es ihn nach Hongkong, um Akupunktur zu erlernen. Er beschäftigte sich mit dem Immunsystem, studiert Fachliteratur, bildet sich weiter. In den 70er Jahren knüpfte er Kontakte zu Medizinern in Hamburg und Tübingen und arbeitete - wie er selbst sagt - an neuen Verfahren auf dem Gebiet der Immunologie mit.

"Wir waren Pioniere auf dem Gebiet", sagt der 70-Jährige stolz. Er bekommt Einladungen zu medizinischen Vorträgen und Kongressen im Ausland, die ihn, der nie einen Universitätsabschluss gemacht hat, auf die Idee bringen, sich im Kreise von Akademikern ebenfalls einen akademischen Grad zuzulegen. Er nennt sich fortan Professor der GUS und verschweigt, dass der Titel eine Erfindung ist.

"Diese Titel gibt es doch gar nicht"



Zwischen 2005 und 2008 hat der Heilpraktiker in seiner Praxis in der Westeifel mit falschen Professorentiteln seine Patienten hinters Licht geführt. Er schrieb Rechnungen mit dem fantastischen Titel Professor der GUS oder machte Werbung für sich als Professor der RF.

Was das denn für Titel seien, will Richter Udo May vom Angeklagten wissen. GUS heiße Gemeinschaft Unabhängiger Staaten und RF stehe für Russische Föderation, sagt der Mann vor Gericht. Schließlich besitze er eine Urkunde, die beweise, dass er in den 80er Jahren zu einer Gastprofessur ins onkologische Institut nach Kiew in der heutigen Ukraine eingeladen worden sei. "Diese Professorentitel gibt es doch gar nicht. Die haben Sie sich selbst zusammengebastelt", entfährt es May.

Nur widerwillig gesteht der 70-Jährige den Schwindel ein. "Sie haben sich mit falschen Federn geschmückt. Und das ist Ihnen auch klar", bringt es May auf den Punkt. Seit Mitte der 90er Jahre musste sich der Heilpraktiker immer wieder vor Gerichten wegen des Führens falscher akademischer Titel verantworten. Dabei ist es immer bei Geldstrafen geblieben.

2007 sei er in finanzielle Not geraten, weil die Patienten ausblieben. Belgische Ärzte hätten eine Rufmordkampagne angezettelt. Das habe ihn erledigt. Als der Gerichtsvollzieher aufgetaucht sei, habe er einen falschen Offenbarungseid geleistet - unübersichtlich sei seine finanzielle Lage gewesen.

So recht will sich der 70-Jährige nicht damit abfinden, seine falschen Professorentitel ad acta zu legen: "Hier werde ich als Scharlatan behandelt. Im Ausland bin ich ein anerkannter Experte." Er habe Schulden, bekomme eine Rente von 477 Euro und sei bei Bekannten untergekommen. Nicht einmal das Geld besitze er, um zu einer Konferenz nach Paris zu fahren, zu der er eingeladen sei.

Zwei Jahre Gefängnis lautet das Urteil. Richter Udo May lässt Gnade walten. Trotz der Vorstrafen kommt der falsche Professor mit einer Bewährung auf vier Jahre davon.

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