Handwerk mit alter Tradition und neuer Praxis

WINTERSPELT. Der Beruf des "mobilen Hufschmiedes" entspricht alter Tradition, aber neuer Praxis. Sein Erfolg basiert auf jahrhundertelanger handwerklicher Erfahrung und modernen wissenschaftlichen Erkenntnissen.

Wie es dazu kam, erklärt Christian Ammermann, seit fünf Jahren selbstständiger "mobiler Hufschmied" in Weißenhof bei Winterspelt: "Mit der Erfindung der Traktoren begann das stille Sterben der alten Dorfschmieden. Im bis dato noch stark agrar-orientierten ländlichen Raum machten die wendigen "Trecker" tausende von Arbeitspferden überflüssig. Keine Hufe mehr zu beschlagen, bedeutete für die Dorfschmieden das Aus." Doch die Pferde kamen zurück. Nicht als Arbeitstiere auf den Äckern, sondern als sensible Rassezüchtungen, vorwiegend im Sport- und Freizeitbereich. In so großer Zahl, dass der Ruf nach erfahrenen Hufschmieden bald wieder laut wurde. Die aber gab es nicht mehr. Zunächst behalf man sich mit Erwachsenenfortbildung im Metallbauerbereich. Ausnahmegenehmigungen zum Betreiben eines Handwerks ohne Meisterbrief wurden erteilt. Derweil hielt sich der Anreiz, den harten, mit hohem Verletzungsrisiko behafteten Hufschmied-Beruf zu ergreifen, in engen Grenzen. Nur zögerlich wuchs die Zahl der Fachkräfte. "Weil der Prophet nicht mehr zum Berge kommen konnte, kam der Berg zum Propheten", zitiert Ammermann die Bibel. Der "mobile Hufschmied" war geboren. Christian Ammermann stammt aus Düsseldorf. In der Eifel, auf dem Reiterhof seiner Eltern, ist er mit Pferden groß geworden. Als der dortige Hufschmied über Nachwuchsprobleme jammerte, beschloss Christian, eine Woche lang auszuhelfen. Aus der Woche wurde ein Praktikum, aus dem Praktikum wurde ein Beruf. Als besonders wichtig bezeichnet Ammermann seine Ausbildung in der Lehrschmiede der tierärztlichen Fakultät der Universität Leipzig. "Solide medizinische Kenntnisse und die enge Zusammenarbeit mit Fachtierärzten sind für den Hufschmied von heute ein unbedingtes Muss", betont der 28-jährige, der auch selbst ausbildet. Zweimal jährlich besucht er Fortbildungsseminare, wo er sich mit Tierärzten und Berufskollegen trifft. Ammermanns Spezialgebiet sind orthopädische und therapeutische Beschläge in über sechshundert Varianten. "Doch ohne "den Draht zu Pferden" würde das alles nichts nutzen", konstatiert er. Ungeachtet dreier Krankenhausaufenthalte mit schweren Rippenbrüchen lautet sein Credo: "Wer Angst vor den Vierbeinern hat, ist fehl am Platze." Im Radius von rund hundert Kilometern betreut "Der Eifelschmied", so die Aufschrift auf Ammermanns Geländewagen, Pferdehalter aller Art. Vorwiegend Reiterhöfe, Gestüte, Gehöfte und ähnliche Einrichtungen. Bei nicht artgerechter Tierhaltung lehnt er jede Behandlung strikt ab. "Weil es dem Tier nichts bringt, was immer man tun würde", lautet seine Begründung. Dem Eifelschmied zur Seite steht seine Lebensgefährtin Sonja Sarlette, diplomierte Berufsreiterin und Gestütsleiterin. Demnächst wollen sie einen Therapiehof für Pferde eröffnen. In der Eifel gibt es inzwischen etwa eine Hand voll mobiler Hufschmiede. Wie viele genau, ist den zuständigen Stellen mangels einheitlicher Erfassung offenbar nicht bekannt. Das ergaben Anfragen bei der Handwerkskammer, bei Verbandsgemeinden und Innungen. Die Bestimmungen zur Ausübung des Berufes sind zahlreich, wenig übersichtlich und regional verschieden. Allgemein, und weil noch diverse EU-Richtlinien zu erarbeiten seien, befänden sich derzeit viele handwerkliche Berufe auf dem Prüfstand, heißt es. Derweil sollten mobile Hufschmiede in spe nicht den Mut sinken lassen. An weitgehender und wohlwollender behördlicher Unterstützung fehle es nicht. Infos zum Beruf gibt es beim Ersten Deutschen Hufbeschlagschmiede-Verband unter Telefon 0700-3348 3348 oder im Internet unter www.edhv.de. Christian Ammermann erreicht man unter Telefon 06555/900514 oder der E.-Mail-Adresse: eifel_ hammer@sofbw917.de.

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