Herrscher ohne Glück

PRÜM. Politisch gescheitert und dennoch ein Visionär seiner Tage: Kaiser Lothar I., Enkel Karls des Großen, starb am 29. September 855 im Kloster Prüm. In einem Festakt erinnerte der Geschichtsverein Prümer Land am Samstag an den Imperator zwischen Macht und Ohnmacht.

Die Abteistadt Prüm stand am Wochenende im Zeichen eines Mannes, dessen Spuren durch Zentraleuropa führen, und dessen politische Karriere im frühereren Benediktinerkloster ein jähes Ende fand. Kaiser Lothar I. (795 bis 855) hatte mit Karl dem Großen einen "übermächtigen Großvater", wie es Festredner Wilhelm Esser formulierte. Aufgrund einer ziemlich komplexen Familienstruktur fiel es ihm nicht gerade leicht, seinen Weg schnörkellos zu gehen. Esser, Geschichtsvereinsmitglied aus Nörvenich, gelang es während des Festakts am Samstag jedenfalls, die Besucher in seinen Bann zu ziehen. Dies ist nicht selbstverständlich, wenn man sich vor Augen führt, dass eine rund 60-minütige Rede mitunter durchaus ermüdend wirken kann.Nicht so bei Esser. Der spannte gleich mehrere Spannungsbögen und sorgte in prägnanter Vortragsweise, mit süffisanten Anmerkungen und inhaltlicher Präzision dafür, dass keiner der rund 200 Gäste im Basilika-Chor geschichtsmüde wurde. Mit einer kleinen kommunalpolitischen Einlage setzte er sogar noch einen markanten Schlusspunkt. Denn: Die Diskussion um die Umbenennung des Hahnplatzes in Kaiser-Lothar-Platz habe er mit einem "gewissen Erstaunen" zur Kenntnis genommen, sagte Esser und ergänzte: "Wenn nicht in Prüm, wo denn sonst?"

Bürgermeisterin Mathilde Weinandy hatte zu Beginn der Veranstaltung den Stolz der Prümer auf das Kaisergrab zum Ausdruck gebracht. "Wer kann schon auf eine solche Geschichte zurückblicken?", fragte sie und dankte dem Geschichtsverein dafür, dass dessen Mitglieder die große Historie der Kaiser-Lothar-Stadt mit Leben erfüllten.

Schenkungen verschafften Prüm Einfluss

Verbandsgemeinde-Bürgermeister Aloysius Söhngen sprach von einem "Merkposten der Geschichte". Er erinnerte an die Zeit, in der Europa im westlichen Teil eine Einheit war, was er als Mahnung für ein friedvolles Europa in unserer Zeit verstanden wissen wollte.

"Zugegeben, es steht etwas abseits, aber es ist da, und es ist ein großes und bedeutendes Grab - ein Kaisergrab", sagte Geschichtsvereinsvorsitzender Volker Blindert eingangs seiner Begrüßung. Er erinnerte an die zahlreichen Schenkungen Lothars, der dem Kloster Prüm Ruhm verschafft und Einfluss gegeben habe. Volker Blindert: "Kaiser Lothar war ein wichtiger Mann für Prüm - vielleicht sogar der wichtigste."

Verbunden mit der zweistündigen Feierstunde, die durch mittelalterliche Musik der Gruppe "Duchesse de Bourgogne" untermalt wurde, war auch die Vorstellung des Buchs "Lothar I., Kaiser und Mönch in Prüm - Zum 1150. Jahr seines Todes". Das Werk stammt aus der Feder von Reiner Nolden, der mit acht Co-Autoren eine beachtenswerte Replik auf den Franken-Kaiser zu Papier gebracht hat. Nolden, der bereits an der Urbar-Herausgabe 1993 und am Goldenen Buch 1997 maßgeblich mitgewirkt hat, kündigte an, dass die mit 36 bisher unveröffentlichten Farbaufnahmen herausgegebene Lothar-Edition durchaus in der Lage sei, für Furore zu sorgen. In der Basilika St. Salvator wurde am Samstag zudem eine Kaiser-Lothar-Ausstellung eröffnet und die Lothar-Gedenkmünze präsentiert. Sie ist für acht Euro beim Geschichtsverein Prümer Land zu haben. Nach dem Festhochamt am Sonntag präsentierte der Geschichtsverein ein Scriptorium (mittelalterliche Schreibstube), bevor der Theaterverein Prüm das Stück "Kaiser Lothar in Prüm" aufführte (Bericht folgt).

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