"Hier geht es um unsere Existenz"

BITBURG. Die Landwirte haben die Nase voll: Mit der bundesweiten Kampagne "Fünf-Cent-mehr" wehren sie sich gegen immer niedrigere Preise.

"Wo finden wir denn hier die Milch?" Die Verkäuferin traut ihren Augen kaum: Rund 50 Bauern und Landfrauen strömen, bepackt mit Transparenten und Handzetteln, in den Bitburger Toom-Markt. Offensichtlich hat ihr dieses ungewohnte Bild die Sprache verschlagen, denn mit erstauntem Gesicht deutet sie in Richtung Kühlregale. Bepackt mit Milch und Schweinefleisch steuert die Gruppe anschließend die Kasse an.

"Entschuldigung, aber Sie haben mir fünf Cent zuviel gegeben", sagt die Kassiererin zu Michael Horper, dem Vorsitzenden des Kreisbauernverbands Bitburg-Prüm. Er winkt ab: "Das hat schon seine Richtigkeit. Wir zahlen heute bewusst etwas mehr Geld, um auf unsere Probleme aufmerksam zu machen." 45 Cent kostet hier zurzeit ein Liter Milch - für die Landwirte eindeutig zu wenig. "Wir haben uns diesen Discount-Markt aber nur exemplarisch ausgesucht. Unsere Aktion soll sich auf keinen Fall gegen die Einzelhändler oder Verbraucher richten. Wir möchten lediglich sensibilisieren", erklärt Horper.

Faire Bezahlung für gute Qualität

"Wir kaufen zu fairen Preisen" steht auf den Schildern, die sich die Bauern umgehängt haben. Deshalb gibt es neben der Milch auch für Obst 10 Cent, für Fleisch 30 Cent und für Wein 50 Cent dazu. Horper: "Wir denken, dass es eine realistische Einschätzung dessen ist, was der Verbraucher zahlen kann."

"Qualität muss einfach ihren Preis haben", sagt Herbert Netter, Pressereferent des Bauern- und Winzerverbands Rheinland-Nassau. "Die Billigmärkte versuchen, sich bei den Preisen gegenseitig zu unterbieten und üben deshalb Druck auf die Molkereien aus. Diese wiederrum zahlen den Bauern weniger, und hier ist das Ende erreicht. Wir können uns ja schlecht an die Kühe wenden", fügt er hinzu.

Eines ist den Demonstranten auf jeden Fall sicher: die Aufmerksamkeit der Menschen. Während sich der Filialleiter nicht äußern will, zeigt der Protest bei den Kunden erste Erfolge. "Ich wäre schon bereit, etwas mehr zu zahlen. Es ist einfach nicht in Ordnung, dass die Bauern für ihre Produkte so wenig Geld bekommen. Wenn es die Landwirte nicht gäbe, dann ständen wir hier jetzt vor leeren Regalen", pflichtet Michaela Pauly aus Baustert bei. Ähnlich sieht es Marga Billen aus Olmscheid, die als Vorsitzende des Landfrauenverbands Arzfeld protestiert: "Die Landwirte bekommen ständig neue Auflagen und müssen immer mehr bezahlen. Dafür werden die Produkte aber immer billiger. Dagegen müssen wir einfach ankämpfen."

Niedrigpreise zerstören Existenz

Doch nicht bei allen kommt die Kampagne des Bauernverbands gut an. Angesichts der Schlangen vor den Kassen schütteln einige Hausfrauen verständnislos den Kopf: "Die halten hier ja bloß den Betrieb auf." Für Michael Horper ist dies jedoch kein Grund, aufzuhören. "Wir werden in Zukunft solche Aktionen vermehrt starten", sagt er. Derzeit verhandeln Molkereien mit großen Handelsketten, um für ihre Produkte bessere Preise zu erzielen. Horper: "Wir wollen den Handelsriesen klarmachen, dass wir ihre Partner sind. Allerdings müssen sie uns vernünftig bezahlen, wenn sie weiterhin beliefert werden wollen. Hier geht es schließlich um unsere Existenz."

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