Humboldts Erben

Mit GPS ins Land der Regenwürmer: Deutsche und luxemburgische Schüler erforschen gemeinsam die Teufelsschlucht und tragen ganz nebenbei Material für eine Ausstellung der Kulturhauptstadt zusammen.

Ernzen. Alexander von Humboldt würde erblassen vor Neid, wüsste er, welche Möglichkeiten, die Welt zu erkunden sich heute schon Elfjährigen bietet. Nix da Kompass - GPS-Gerät heißt das kleine schwarz-gelbe Wunderding mit Hilfe dessen luxemburgische und deutsche Schüler die einzelnen Stationen einer abenteuerliche Forschungsreise durch die Teufelsschlucht finden. Abenteuerlich nicht nur deshalb, weil ihr Weg sie hinabführt in kalte, dunkle Felsspalten, sie Spuren verschollener Forscher entdecken und herausfinden sollen, warum Sandstein nicht sprudelt, wenn man ihn mit Salzsäure betropft - abenteuerlich auch, weil es eine gemeinsame Exkursion von deutschen und luxemburgischen Schülern ist. Nicht nur für die Schüler, auch für die Lehrer der Franziskus Schule Irrel und der Ecole Primaire in Echternach ist das etwas ganz Neues. Zu verdanken haben die Kinder dies dem Kulturhauptstadt-Jahr. "Wir machen ganz bewusst gemischte Gruppen", sagt Stéphane Risch vom luxemburgischen Nationalmuseum für Naturgeschichte. Im Rahmen des Projekts "Best of Nature" organisiert das Museum eine Ausstellung, in der vier Naturräume der Großregion vorgestellt werden. Darunter auch die schöne Felsenlandschaft des Ferschweiler Plateaus. Ein Teil dessen, was die Schüler auf ihren Exkursionen festhalten, wird in die Ausstellung einfließen. Bruno Zwank und seine Kollegen Elke Wagner und Holger Weber von der Naturerkundungsstation Teufelsschlucht haben gemeinsam mit Risch die Projektthemen erarbeitet: In vier internationalen Gruppen gehen die Schüler den Themen Steinzeitmenschen, Klima, Wasser und Boden auf den Grund. Ihre Mission: Die Umweltministerien brauchen Hilfe. Wissenschaftler, die die Felsenlandschaft erforschen sollten, sind verschollen. Die Kinder sollen ihre Spuren finden und die Forschungen weiterführen. Ausgestattet mit GPS, Digitalkamera und Schreibblock macht sich die Boden-Gruppe auf den ungewissen Zick-Zack-Weg zur ersten Station, immer den Anweisungen des Geräts nach. Nur nicht so, wie das vorgesehen war. "Das sind meine Lieblingsschuhe, ich bin doch nicht bescheuert", sagt ein Junge auf den Vorschlag, barfuß zur ersten Station zu gehen. Der Meinung schließen sich zum Leidwesen Zwanks die meisten Kinder an. Doch schon wenige Minuten später scheint ihre Scheu vor der Natur zu bröckeln. Sie buddeln, begutachten, rollen tonigen Boden zu Würstchen, reiben ihre Nasen am Sandstein und stecken Spinnen in Marmeladengläser. "Aber fühlen Sie doch mal hier, ist ja ganz nass", sagt ein Junge, die Hand auf dem von Flechten überzogenen Fels, den Blick nach oben gerichtet, tief im Herzen der Teufelsschlucht. Info: www.bestofnature2007.eu; www.teufelsschlucht.de.HINTERGRUND "Es gibt erste Überlegungen, stärker mit luxemburgischen Schulen zusammenzuarbeiten", sagt Hans-Michael Bröhl, Bürgermeister der VG Irrel. Bröhl würde sich wünschen, luxemburgischen Kindern in seiner VG eine Schulbildung zu bieten, die - vor allem was den Französischunterricht angeht - mit der luxemburgischen vergleichbar ist. Darin sähe er gleich mehrere Vorteile: eine bessere Integration der luxemburgischen Familien, deren Kinder im Moment größtenteils in Echternach zur Schule gehen, und eine bessere Vorbereitung der deutschen Schüler auf den luxemburgischen Arbeitsmarkt. Insbesondere für die Klassenstufen fünf und sechs fände er dies wünschenswert, denn dann könnten Schüler aus Irrel auch nahtlos auf ein Lycée wechseln, das mit dem siebten Schuljahr beginnt."

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