"Ich bin ein Anwalt für alle Behinderten"

Bitburg/Prüm · Er holte die Special Olympics nach Deutschland, gründete eine integrative Kindertagesstätte in Prüm und die Westeifel-Werkstätten: Für das Amt des Behindertenbeauftragten des Eifelkreises Bitburg-Prüm gibt es kaum jemanden, der sich dafür so qualifiziert hat wie Karl-Heinz Thommes.

Bitburg/Prüm. "Für unsere Kinder waren das paradiesische Zustände", sagt der 77-jährige Karl-Heinz Thommes mit Blick auf den Garten seines Hauses in Niederprüm. Früher habe seine Familie hier mit Hund und Pferden gespielt, als das Land noch weniger bebaut war.
Vieles in Thommes' Leben dreht sich um seine Kinder - die Geburt seines jüngsten Sprosses, Stefan, markierte einen Wendepunkt in seinem Leben. Er kam 1966 mit dem Down-Syndrom zur Welt. Für Thommes war klar: Er würde sein Leben nicht nur seinem Sohn, sondern allen Menschen mit Behinderung widmen. "Ich helfe diesen Menschen, dass sie ins Leben hinein kommen."
Karl-Heinz Thommes wurde am 17. Juli 1938 in Prüm geboren. Nach dem erfolgreichen Studium der Sonderpädagogik in Mainz engagierte sich Thommes in den 1970ern zunehmend für bessere Lebensbedingungen von Behinderten. Von seinem Niederprümer Wohnsitz arbeitete er bei der damaligen Helen-Keller-Schule als Rektor.
Einer der Höhepunkte in Thommes' Leben ist die Gründung des deutschen Zweigs der Special Olympics. Einer seiner Schützlinge habe damals zu ihm gesagt: "Ich kann schneller rennen als du." Dieses Zitat stehe stellvertretend für eine von Thommes' Überzeugungen: "Diese Menschen wollen sich messen. Sie wollen sich vergleichen!" Nicht nur die Therapie, sondern auch der Sport sollten bei der Behandlung Behinderter eine Rolle spielen.
Anfang der 80er Jahre hatte ihn eine Einladung zu den Special Olympics in den USA erreicht. Als Rektor reiste er mit Schülern aus Prüm, Würzburg, Offenbach und Essen zu den Weltspielen. Die Mentalität in Amerika sei dabei eine völlig andere als in Deutschland gewesen: "Die Stimmung (bei den Weltspielen 1983) war nicht von der bei den Olympischen Spielen zu unterscheiden." Diese Gelegenheit nutzte Thommes, um viele prominente Kontakte zu knüpfen. Dazu gehörten die Familie des ehemaligen Präsidenten John F. Kennedy, der spätere kalifornische Gouverneur Arnold Schwarzenegger und der Musiker Stevie Wonder, die sich auch alle für die Special Olympics in den USA engagierten.
In Deutschland wollte er vor allem behinderte Menschen in die Gesellschaft integrieren. Als kurze Zeit vor dem Mauerfall die nächsten Special Olympics in Ostberlin geplant wurden, nutzte Thommes seinen Einfluss und gründete 1991 die Special Olympics Deutschland in Frankfurt.
Die Gründung der integrativen Kindertagesstätte in Prüm sowie der Westeifelwerkstätten zählen auch zu seinem Werk. In der Kindertagesstätte gibt es gemischte Gruppen mit behinderten und nicht behinderten Kindern. Anfangs stießen seine Pläne bei Eltern auf Skepsis, die sich aber heute aufgelöst haben. Tatsächlich findet das Modell sehr viel Zuspruch - es gibt mehr Nachfrage als freie Plätze: "Ich brauche kein Mandat von der UN, um Integration voranzutreiben", erklärt Thommes mit einem Augenzwinkern. In den Werkstätten können ältere Behinderte eine berufliche Tätigkeit unter professioneller Führung erlernen und ausüben. "Die sind aber nicht als Endstation gedacht", meint Thommes dazu. Die hier Beschäftigten können später auch in anderen Firmen Arbeit finden, nachdem die passenden Unternehmen geprüft und Vertrauenspersonen bestimmt worden sind.
2003 trat er aus dem Präsidium der Special Olympics Deutschland aus, als er die Höchstdauer seiner Amtszeit erreicht hatte. Im Jahr 2004 gründete er außerdem den rheinland-pfälzischen Ableger der Special Olympics, dessen Vorsitzender er bis heute ist: "Meine Legislatur läuft noch bis Oktober", erklärt er zuversichtlich. Für sein Lebenswerk bedankt er sich vor allem bei seiner Frau Anneliese: Ohne sie seien alle seine Vorhaben nicht möglich gewesen. "Man braucht immer jemanden, der einem den Rücken stärkt." Keine leichte Aufgabe bei vier Kindern. Aber zusammen konnten sie alle Schwierigkeiten bewältigen. Heute ist Thommes auch noch bei der Lebenshilfe Prüm in der Geschäftsführung tätig sowie Verwaltungsratsvorsitzender bei den Westeifel-Werkstätten, der Frühförderung Trier und dem Lebenshilfe-Wohnheim Eifel. Außerdem ist er seit 2006 kommunaler Behindertenbeauftragter des Eifelkreises Bitburg-Prüm und versteht sich als "Anwalt für alle Behinderten". stef

Karl-Heinz Thommes hält nach Anmeldung Sprechstunden in Bitburg und Prüm ab. Informationen gibt es telefonisch unter 06551/981433 oder per E-Mail: behindertenbeauftragter @bitburg-pruem.de

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