"Ich bin ein Fan von kleinen Schulen"

BITBURG-PRÜM/DAUN. Besorgte Lehrer, kämpferische Eltern: Die Mahnung des Landesrechnungshofs, Grundschulen mit weniger als 100 Schülern seien auf Dauer nicht tragbar, hat für Aufsehen gesorgt (der TV berichtete). Die Schulaufsichtsbehörde denkt trotzdem nicht an eine Schließung dieser Schulen.

 Zu den kleinen Schulen im Eifelkreis Bitburg-Prüm gehört auch die Grundschule in Auw bei Prüm. Eher beschaulich geht es dort nicht nur im Unterricht zu, sondern auch in den Pausen.TV-Foto: Archiv/Manfred Reuter

Zu den kleinen Schulen im Eifelkreis Bitburg-Prüm gehört auch die Grundschule in Auw bei Prüm. Eher beschaulich geht es dort nicht nur im Unterricht zu, sondern auch in den Pausen.TV-Foto: Archiv/Manfred Reuter

"Die entscheidende Frage lautet: Was ist uns Bildung wert?" Lilo Musseleck, Leiterin der Grundschule Strohn-Niederscheidweiler, ist besorgt um den Fortbestand ihrer Schule. Die Grundschule, an der derzeit 55 Kinder unterrichtet werden, ist eine dislozierte Schule. Konkret bedeutet das, dass die Schüler der ersten und zweiten Klasse nach Strohn (Landkreis Vulkaneifel) in die Schule gehen, während die Dritt- und Viertklässler in Niederscheidweiler (Landkreis Bernkastel-Wittlich) unterrichtet werden.Fast die Hälfte der Schulen hat weniger als 100 Kinder

Diese kombinierten Klassen sind in ländlichen Gegenden nicht unüblich, denn bereits seit einiger Zeit verzeichnen die rheinland-pfälzischen Grundschulen sinkende Schülerzahlen. Von den 218 Grundschulen im Bezirk Trier haben 108, also fast die Hälfte, weniger als 100 Schüler. In den Kreisen Bernkastel-Wittlich, Bitburg-Prüm und Vulkaneifel gibt es 87 Grundschulen. In 45 werden weniger als 100 Schüler unterrichtet (siehe Hintergrund). An den sinkenden Schülerzahlen wird sich laut Prognose des Landesrechnungshofs auch in den nächsten Jahren nichts ändern. Aus diesem Grund hat er gemahnt, pädagogisch und wirtschaftlich sinnvolle Schulgrößen sicherzustellen - Schließungen nicht ausgeschlossen. "Ich verstehe, dass die Behörden sparen müssen. Allerdings nicht auf Kosten der Kinder. Man könnte zum Beispiel die Verwaltungsstrukturen zentralisieren und so Kosten sparen", schlägt Lilo Musseleck vor. Die Grundschule in Lünebach (VG Arzfeld) besuchen zur Zeit 37 Kinder. Rektor Thomas Schuster, der zusammen mit zwei Kolleginnen zwei kombinierte Klassen unterrichtet, weiß, dass es noch mindestens fünf Jahre dauern wird, bis die Zahl unter 35 fällt. "Dann wird man sehen müssen, ob der Rotstift angesetzt wird. Das wäre schlimm", sagt der Pädagoge. Klare Vorteile sieht Schuster darin, dass in Zwergschulen eine gemütliche Atmosphäre herrscht, die Wege kurz sind und die Zusammenarbeit mit den Eltern einfacher ist. Und: "Jeder Lehrer kennt jedes Kind", betont der Rektor, der bereits Erfahrungen an der kleinen Grundschule in Auw bei Prüm gemacht hat. Deshalb bekennt Schuster: "Ich bin ein Fan von kleinen Schulen." Was Lünebach besonders auszeichne, sei die herausragende Kooperation mit der vor Ort befindlichen Kindertagesstätte. Zudem hat Schuster noch aus einem anderen Grund Hoffnung, dass es die Schule noch lange gibt. Denn: "Wir haben hier ja auch ein Neubaugebiet." An der Grundschule Neroth (VG Gerolstein) gibt es seit 2005 eine Kombiklasse, die von Schulleiterin Helga Wallenborn unterrichtet wird. Für sie steht fest: "Nackte Zahlen, wie jetzt vom Rechnungshof in den Raum gestellt, bringen überhaupt nichts. Schließlich sind es Kinder, um die es geht." So gebe es immer mehr Kinder mit einem schwierigen familiären Hintergrund, die in einer großen Schule "hinten runterfallen würden". In einer kleinen Schule bestehe die Chance, auch mit Einzelschicksalen angemessen umgehen zu können. "Natürlich sind wir angesichts der Entwicklung der Schülerzahlen besorgt um den Fortbestand der Schule. Trotzdem sollte man nicht alles an Zahlen festmachen, sondern auch auf die Qualität schauen", appelliert die Schulleiterin. Anke Koch (Hinterweiler), im vierten Jahr Vorsitzende des Elternbeirats der Grundschule Neroth, schätzt die "familiäre Atmosphäre" einer kleinen Schule: "Es ist immer ein Ansprechpartner da, für die Kinder und für die Eltern." Sie habe bei ihren Kindern die Erfahrung gemacht, dass die kleinen Schulen die Schüler gut auf die weiterführende Schullaufbahn vorbereiteten. "In einer kleinen Schule kann einem etwas schwächeren Kind auch noch geholfen werden, anders als bei ganz großen Schulen." Entwarnung gibt es derweil von der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD), die derzeit nicht vorsieht, Grundschulen im Bezirk Trier zu schließen. Pressesprecherin Eveline Dziendziol: "Unser oberstes Ziel ist der Erhalt von Schulen, insbesondere der Grundschulen vor Ort."

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