"Ich hatte große Angst"

KYLLBURG. Spezialkräfte der Polizei haben am Donnerstagabend eine Kyllburger Wohnung gestürmt, in der sich ein Asylbewerber aus Sierra Leone verbarrikadiert hatte (der TV berichtete). Der Westafrikaner wurde am Freitag dem Ermittlungsrichter vorgeführt und sitzt zurzeit in Untersuchungshaft.

 Vorbereitung für den Zugriff: Spezialkräfte der Polizei treffen am Donnerstagabend letzte Absprachen, bevor die Wohnung in Kyllburg gestürmt wird. In der Bademer Straße müssen die Schaulustigen durch Absperrungen vom Tatort fern gehalten werden.Fotos: Rudolf Höser

Vorbereitung für den Zugriff: Spezialkräfte der Polizei treffen am Donnerstagabend letzte Absprachen, bevor die Wohnung in Kyllburg gestürmt wird. In der Bademer Straße müssen die Schaulustigen durch Absperrungen vom Tatort fern gehalten werden.Fotos: Rudolf Höser

Diesen Tag wird Thea Thömmes (82) aus Kyllburg wohl nicht so schnell vergessen. Eigentlich wollte die rüstige Dame am Donnerstagabend nur noch mal rasch die Blumen gießen. Dass sie darüber für einige Stunden ihre Wohnung "verlieren" würde, daran hätte sie wohl nicht im Traum gedacht. Ein 19-jähriger Asylbewerber verbarrikadierte sich in ihrem Haus, bevor ein Sondereinsatzkommando der Polizei ihn festnahm. Schon zuvor hatte sich Ungewöhnliches abgespielt. Der Mann aus Sierra Leone sollte von der Polizei in ein anderes Haus umgesiedelt werden. Er war bis dahin in einer von der Verbandsgemeinde Kyllburg angemieteten Wohnung in der Hochstraße untergebracht. Dort lebte er mit weiteren Ausländern iranischer Herkunft. Immer wieder hatte es dort Streit und Drohungen gegeben. "Grund genug für uns, die Streithähne künftig in getrennten Wohnungen unterzubringen. Wir haben deshalb veranlasst, dass der Asylbewerber in ein anderes Haus am Marktplatz in Kyllburg umziehen muss", erklärte Bürgermeister Bernd Spindler. Schon nach den Vorgesprächen stand fest, dass der Betroffene freiwillig die Wohnung nicht wechseln würde. Deshalb hatte der zuständige Bezirksbeamte vorsorglich eine weitere Polizeistreife angefordert. Wie sich herausstellte, das richtige Vorgehen. Denn der Asylbewerber leistete tatsächlich Widerstand. So kam es zu einem Handgemenge. Nachdem sich der Asylbegehrende mit einem Brotmesser bewaffnet hatte, setzten die Polizisten Pfefferspray ein. Dabei wurde einer der Beamten an den Augen verletzt und musste ins Krankenhaus.19-Jähriger sprang aus dem Fenster und flüchtete

Der Festnahme entzog sich der Ausländer durch einen gewagten Sprung aus dem Küchenfenster im Obergeschoss. Über ein Vordach flüchtete er in die Stadt. Verfolgt von den Polizeibeamten erreichte der Mann die Kyllbrücken. "Zufällig habe ich gesehen, dass da einer mit einem Messer weglief und die Polizei ihn verfolgte. Mir war klar, da stimmt was nicht", erinnert sich Antonio Pandozzi. Er betreibt die Pizzeria "Bella Italia" und schützte sich und seine Gäste im Lokal geistesgegenwärtig, indem er die Eingangstüren verriegelte. Anders erging es Thea Thömmes. "Ich war gerade nach draußen gegangen, um die Blumen zu gießen", erzählt die alte Dame nach all der Aufregung. "Der Kerl kam auf mich zu und hat mich mit erhobenem Messer bedroht. Ich hatte große Angst, habe mich erschreckt umgedreht und wollte davon laufen", erinnert sich Thömmes. Sie stürzte jedoch zu Boden und verletzte sich an Arm, Knie und Rücken. Der Täter nutzte die offen stehende Haustüre, um in die Wohnung der Kyllburgerin zu gelangen. Die Eingangstüre verschloss er hinter sich von innen. Schockiert rettete sich Thea Thömmes zur Nachbarin Mia Kemen im Haus gegenüber. "Sie war kreidebleich im Gesicht, zitterte am ganzen Körper. Der Schreck stand ihr förmlich ins Gesicht geschrieben", sagt Mia Kemen. Gegen 18 Uhr bezog die Polizei Stellung vor dem Haus, in dem sich der junge Mann verschanzt hatte. Einsatzleiter Hauptkommissar Wolfgang Zenner von der Polizeiinspektion Bitburg forderte weitere Unterstützung an. Schon bald traf das Sondereinsatzkommando ein. Die inzwischen beruhigte Thea Thömmes half bei den Vorbereitungen der Spezialkräfte zur Stürmung der Wohnung: "Wir sind ins Rathaus gefahren. Dort habe ich den Polizisten beschrieben, wie es in meiner Wohnung aussieht." Gegen 21.30 Uhr wurde dann die Haustüre aufgebrochen, und nach kurzem, aber heftigen Widerstand wurde der Täter in Gewahrsam genommen und mit einem Streifenwagen weggebracht. Am Freitag wurde auf Antrag der Staatsanwaltschaft Haftbefehl erlassen. Der Täter sitzt zurzeit in Untersuchungshaft.

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