Identität bindet ans Dorf

BITBURG. Mit flexiblen Raum- und Zeitmodelle für Kindergärten und Dorfgemeinschaftshäuser kann die Verbandsgemeinde Bitburg-Land auf die schrumpfende und älter werdende Bevölkerung reagieren. Darüber hat der VG-Rat in seiner jüngsten Sitzung diskutiert.

Derzeit leben 18 000 Menschen in der Verbandsgemeinde Bitburg-Land (VG). In Zukunft werden es deutlich weniger sein. Verschiedene Prognosen - die Berechnungen gehen von positiven Wanderungsbilanzen und gesteigerter Reproduktionsrate bis zu absehbar verstärkten Abwanderungen und niedrigerer Geburtenrate aus - ermitteln einen Prognosekorridor von 13 500 bis knapp 16 000 Menschen bis zum Jahr 2040.Welche Herausforderungen diese Entwicklung an die Dörfer und die Verbandsgemeinde stellt und was die Kommunen tun können, darüber hat der Regional- und Stadtplaner Christian Muschwitz vom Taurus-Institut an der Universität Trier im Verbandsgemeinderat referiert."Der Rückgang der Bevölkerungszahlen allein wäre vielleicht noch verkraftbar", erläutert Muschwitz die Ergebnisse einer Untersuchung der Bevölkerungsentwicklung in der Planungsregion Trier. "Auch wenn viele Infrastrukturen wie Kindergärten oder Schulen daran angepasst werden müssten. Problematisch ist allerdings der Altersaufbau, der sich wegen rückläufiger Geburtenzahlen absehbar im Kreis Bitburg-Prüm so verändern wird, dass in Zukunft im besten Fall 100 Erwerbstätige für 40 bis 50 Rentner aufkommen müssen." Obwohl die Eifel damit noch im Vergleich zu größeren Städten eine verhältnismäßig positive Entwicklung verzeichnet, müssen sich auch hier die Dörfer der Überalterung stellen.Grundlage für weiteres Handeln sei daher, zunächst ein Bewusstsein für die damit verbundenen Probleme zu schaffen, ohne dabei in negative Grundstimmung zu verfallen. "Es wird wichtiger werden, die Menschen an ihre Räume und Dörfer zu binden", weist der Planer den Gemeinden einen Weg: "Und das kann nur gelingen, wenn regionale und lokale Identitäten gestärkt werden."Gemeinschaftshäuser vielfältiger nutzen

Konkret bedeutet das, regionale und kommunale Besonderheiten noch stärker als bisher zu nutzen und zu stärken, ohne dabei in Konkurrenz zu den Nachbarn zu stehen.Frühzeitig müssen langfristige Maßnahmen vorbereitet werden, um ältere Menschen besser in die Gemeinschaft einzubinden und gleichzeitig positive Voraussetzungen für Kinder und junge Menschen zu schaffen. "Dabei sind vor allem flexible Lösungen gefragt, die schnell auf sich wandelnde Bedürfnisse reagieren können. So ist beispielsweise davon auszugehen, dass Dorfgemeinschaftshäuser in Zukunft deutlich vielfältiger genutzt werden."Den Bereich Arbeit und Soziales sieht Ratsmitglied Sigrid Steffen in diesem Zusammenhang als bisher vernachlässigte Stellschraube: "Es kann doch nicht richtig sein, dass in Kindergärten Gruppen geschlossen werden, statt sie zu flexibilisieren", sagt sie. "Dabei bieten flexiblere Öffnungszeiten von Kindergärten doch gute Voraussetzungen für Teilzeitarbeit, die ohnehin noch viel zu sehr abgetan wird." Durch derartige Ansätze, durch die Beruf und Arbeit besser vereinbar seien, kann der "stille Geburtenstreik" ihrer Meinung nach behoben werden.Und auch der Flächennutzungsplan, den die VG gerade mit zahlreichen Wohngebietsausweisungen bearbeitet, steht angesichts dieser Veränderungen zur Diskussion. Auf Neubaugebiete wollen die Kommunalpolitiker jedoch noch nicht so recht verzichten. "Wenn wir keine Wohngebiete außerhalb der Ortslagen ausweisen, wandert unsere Jugend ab, und dann stehen wir noch schlechter da", sagt der erste Beigeordnete, Herbert Mohnen. Paul Schaefer schlägt als Kompromiss eine abschnittsweise Erschließung neuer Wohngebiete vor, um eine bedarfsgerechte Ausdehnung zu erlauben."An solchen Beispielen dokumentiert sich, dass wir umdenken müssen", fasst Bürgermeister Jürgen Backes die Diskussion zusammen. "Langfristig werden wir mit der Wohnbauentwicklung in den Bestand der Ortslagen gehen müssen", drückt er aus, was viele wissen, auch wenn sie sich den Zwängen noch nicht beugen wollen. Doch zunächst sei eine Ermittlung konkreter Bevölkerungszahlen in den einzelnen Gemeinden nötig, um die Entwicklung nachvollziehbar zu machen und auf sich abzeichnende Trends reagieren zu können.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort