Im Graben graben

Ihre Mission lautete: Finden Sie den Kastellgraben und die Reste der mittelalterlichen Stadtmauer. Beides ist den Archäologen geglückt, die derzeit zwischen Rathausparkplatz und Schakengasse graben. Bald schon soll dort ein viergeschossiges Haus entstehen.

Bitburg. Eine Zeitmaschine nehmen, sich hineinsetzen und den Schalter, sagen wir, auf 350 drehen. Nach Christus. Landen und staunen. Das wäre viel, viel einfacher als sich vorzustellen, dass an einem zwischen Straßen, Häusern und Autos eingekeilten Ort, auf dem schon bald ein vierstöckiges Gebäude stehen soll, einst der wassergefüllte Wehrgraben eines römischen Kastells lag.

Doch leider gibt es keine Zeitmaschinen und deshalb braucht man Menschen, die dem, was einst war, mit viel Geduld auf den Grund gehen. Auf einem Baugrundstück am sogenannten "Grünen See" gleich neben dem Rathausparkplatz sind Mitarbeiter des Landesmuseums derzeit dabei, ein Stück Bitburger Geschichte zu erkunden. "Unsere Aufgabe ist es, den Kastellgraben und die 1954 abgebrochene mittelalterliche Stadtmauer zu suchen", sagt Grabungsleiter Ulrich Spies. Beides sei geglückt. Wertvolle Gegenstände habe man dabei jedoch keine gefunden.

Der Graben verlief parallel zu den Mauern des 340 erbauten Kastells - einer 160 Meter langen und 130 Meter breiten Wehranlage mit 13 Türmen und zwei Toren, die den Menschen und Gebäuden in ihrem Inneren Sicherheit versprach. Nach den Ergebnissen, die die Archäologen bislang gewonnen haben, war er an dieser Stelle etwa drei Meter tief und sieben Meter breit. Und er war über lange Zeit mit Wasser gefüllt, was sich an tonig-grünen Bodenschichten ablesen lässt. Daher stamme wohl auch die Bezeichnung "Grüner See", sagt Spies. Zunächst verlaufen die Spuren, die der Graben in der Erde hinterlassen hat, Richtung Osten, um dann plötzlich nach Norden einzuschwenken. Genau dorthin, wo heute die Murengasse ist. Eine Gasse, benannt nach der römischen Befestigungsmauer, die dort stand. Logisch also, dass der Graben abbiegt, immer der Mauer nach. Ihm folgt vermutlich in etwa 30 Metern Entfernung von der Mauer ein weiterer, kleinerer Graben. Beide gut erreichbar für die Pfeile der Bogenschützen. Doch die Archäologen haben noch etwas anderes entdeckt: Die Reste der mittelalterlichen Stadtmauer. Erwähnt wurde sie erstmals im Jahr 1340. Abgerissen wurde sie im Jahr 1954. Übrig sind von ihr noch etwas mehr als zwei Meter, die in der Senke des Kastellgrabens verschüttet waren. Sie sollen erhalten bleiben, obwohl schon Ende September die Bauarbeiten beginnen könnten. Auf dem Grundstück wird laut dem Bitburger Investor Florian Willmanns ein viergeschossiges Haus mit Tiefgarage entstehen. Die Penthouse-Wohnungen im dritten und vierten Obergeschoss hätten schon Käufer gefunden. Was mit den Einheiten darunter passiert, sei noch ungewiss. Wohnungen seien ebenso denkbar wie Arztpraxen oder ein Kleidungsgeschäft. Er führe Gespräche mit C&A, sagt Willmanns.

Die mittelalterliche Stadtmauer will er gut sichtbar ins Gebäude integrieren. Sich vorzustellen, dass sie im Graben eines 1000 Jahre älteren Kastells stand, wird trotzdem gehörig Fantasie erfordern.

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