Immer mehr Kinder brauchen Unterstützung

Schläge, sexueller Missbrauch, Vernachlässigung: Die Zahl der Kinder und Jugendlichen im Eifelkreis, die in ihren Familien massive Probleme haben und auf die Hilfe des Jugendamts angewiesen sind, steigt. Um die Mitarbeiter des sozialen Dienstes zu entlasten, möchte der Jugendhilfeausschuss eine zusätzliche Stelle schaffen.

Bitburg. An dem Mädchen fällt nur auf, dass es nie auffällt. Es ist still, abwesend, eine Außenseiterin. Der Schulsozialarbeiter spricht mit ihr, und sie vertraut sich ihm an: Ihr Vater hat sie sexuell missbraucht - ein Fall für den Allgemeinen Sozialen Dienst des Eifelkreises Bitburg-Prüm. Einer von vielen. Zu vielen. So wie der Junge, der seine Mitschüler verprügelt, oder die Mutter, die ihr Kind nachts alleine lässt, um sich mit Männern zu treffen.

Mal sind es Lehrer, die das Jugendamt informieren, mal Nachbarn, mal Erzieherinnen. Jedenfalls sind es mehr Menschen als jemals zuvor: Traurige Schlagzeilen und das überarbeitete Kinderschutzgesetz haben dazu geführt, dass Menschen heute schneller zum Hörer greifen, wenn sie um das Wohl eines Kindes fürchten.

So hat sich die Zahl der Fälle, in denen die Jugendämter aktiv werden müssen, im Land Rheinland-Pfalz seit 2002 um rund 40 Prozent gesteigert. Auch im Eifelkreis Bitburg-Prüm ist dieser Trend spürbar - insbesondere bei den "ambulanten Hilfen": Mehr als doppelt so viele Familien wie noch 2002 nehmen bei der Kindeserziehung die Hilfe des Allgemeinen Sozialen Dienstes in Anspruch. Mal ist die Sucht der Eltern Ursache der Probleme, mal Schulden. "Wir beschäftigen uns mit der ganzen Familie, nicht nur mit dem Kind", sagt Jugendamtsleiter Josef Winandy. Es gehe darum, deren Ressourcen zu stärken, damit sie wieder alleine leben kann.

Hinzu kommen die Fälle, in denen eine Beratung nicht reicht: Wenn die Konflikte zu groß sind, werden die Kinder in Tagesgruppen betreut, für eine gewisse Zeit oder in schlimmen Fällen sogar ganz aus ihren Familien herausgenommen. Auch in Teilen dieser Bereiche sind die Fallzahlen gestiegen.

Für die sechs Mitarbeiter des Allgemeinen Sozialen Dienstes im Eifelkreis bedeutet das mehr Arbeit bei gleicher Personalstärke. Statistisch bearbeitet jeder von ihnen 51 Fälle im Jahr - das sind fünf mehr als im Landesschnitt. Nicht nur wegen des Arbeitsaufwands - auch psychisch stellt dies eine hohe Belastung dar, müssen sie sich doch täglich mit Missbrauchsopfern, gewalttätigen Jugendlichen oder unkooperativen Eltern auseinandersetzen.

Um die Mitarbeiter des Jugendamts zu entlasten, hat der Jugendhilfeausschuss in seiner Sitzung am Montagabend zum Ziel erklärt, im sozialen Dienst eine weitere Stelle zu schaffen. Die Entscheidung, ob das Jugendamt tatsächlich Verstärkung erhält, wird der Kreistag treffen.

"Wir sind uns einig, dass wir diese Stelle wollen", sagt Michael Billen, Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses. Sonst müsse man sich, wenn etwas Schlimmes passiert, dem Vorwurf aussetzen, nicht genügend Personal eingesetzt zu haben. Eine Aussage, die wie die Zahlen zeigt, wie sensibel die Öffentlichkeit für das Thema Kinderschutz geworden ist. Extra Im Jahr 2008 hat der soziale Dienst des Eifelkreises folgende Hilfe zur Erziehung angeboten: soziale Gruppenarbeit (fünf Fälle), Erziehungsbeistand, Betreuungshelfer (40 Fälle), sozialpädagogische Familienhilfe (168 Fälle), Erziehung in der Tagesgruppe (54 Fälle), Vollzeitpflege in anderen Familien (78 Fälle), Heimerziehung (92 Fälle), sonstige betreute Wohnformen (fünf Fälle). Die Gesamtkosten hierfür lagen bei rund 5,3 Millionen Euro. (kah)

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