In 35 Jahren wird Bitburg zur Heimat

Am 11. November wird die Bitburgerin Frieda Bärwald 100 Jahre alt. Der TV traf sie zu einem Gespräch. Frieda Bärwald, die als eines von fünf Kindern aufwuchs und seit 23 Jahren alleine lebt, hat viel aus ihrem bewegten Leben zu erzählen.

Bitburg. (mb) Eine schmale Treppe führt zur Wohnung von Frieda Bärwald in der Beethovenstraße. Die Wohnungstür öffnet Sohn Manfred. Er führt den "Herrn von der Presse", wie es seine Mutter später formulieren wird, in die Wohnung. Eine angenehme Wärme geht von dieser Wohnung aus. Überall hängen Fotos: Alte Fotos, neue Fotos, Schwarz-Weiß-Fotos, Farbfotos. Viele Bilder von Menschen und Momenten, die sich über lange Zeit angesammelt haben. In der Tür zum Wohnzimmer steht Frieda Bärwald. Sie stützt sich auf einen Stock, wirkt dabei alles andere als kränklich. Sie ist eine rüstige, alte Dame. Schätzen würde man sie auf Anfang 80 - höchstens. Doch Frieda Bärwald feiert am 11. November ihren 100. Geburtstag. Um dem Reporter zu beweisen, wie fit sie trotz ihres hohen Alters ist, hebt sie einfach mal eben ihr linkes Bein hoch - fast bis zum Kopf, wie ein Funkemariechen. "Ich bin eben total gesund und fühle mich noch wirklich jung", sagt sie mit einem verschmitzten Lächeln. Am 11.11. geboren, aber kein Karnevalsjeck

Mit "Funkemariechen" hat Frieda Bärwald ansonsten nicht besonders viel zu tun. Denn obwohl sie am 11.11. Geburtstag hat - ein "Karnevalsjeck" ist sie nicht. Dies liegt aber auch wohl daran, dass sie ursprünglich überhaupt nicht mit Karneval aufgewachsen ist: "Ich stamme ja aus Kolberg an der Ostsee. Das ist heute Polen", sagt sie und fügt an: "Das hatte schon Vorzüge, dort am Meer zu wohnen." Aufgewachsen ist sie dort als eines von fünf Kindern. Mit 17 Jahren ging Frieda Bärwald dann von zu Hause weg - alleine nach Berlin zu ihrer Tante. Dort fing sie eine Metzgerei-Ausbildung an. "Ich habe mein ganzes Leben viel gearbeitet. Arbeit versüßt das Leben." In Berlin ist auch das große Porträt von ihr entstanden, das im Wohnzimmer hängt. Es zeigt eine junge, hübsche Frieda Bärwald im Alter von 21 Jahren. Sie sagt zu dem Bild: "Ich habe es immer bei mir gehabt - egal wohin ich ging, ich hänge sehr daran." Die nächste Station in ihrem Leben war Malchow, Mecklenburg. Ihr Mann, den sie 1932 heiratete, war dort Bürgermeister. "Damals habe ich manchmal für das gesamte Dorf gekocht. Ich habe in meinem Leben so viel gekocht, da genieße ich es im Moment, mein Essen mittags vom Roten Kreuz gebracht zu bekommen", sagt sie. In Malchow erlebte sie auch den 2. Weltkrieg. "Ich habe meinen Sohn kilometerweit auf dem Rücken getragen. Bis ich Blasen hatte. Wir mussten flüchten damals." Aus der DDR flüchtete sie dann 1954 in einer Nacht- und Nebelaktion. Im Zug ging es nur mit Handgepäck "rüber" in den Westen. "Unsere komplette Wohnungseinrichtung haben wir Freunden geschenkt."Aufgrund der vielen Arbeitsplätze ging es dann 1954 nach Echternacherbrück. 1972 folgte der Umzug nach Bitburg. "In Bitburg sehe ich meine Heimat. Hier habe ich die längste Zeit meines Lebens verbracht." In Bitburg ist die Jubilarin bis vor drei Jahren sogar noch jede Woche spazieren gegangen. Auch wenn dies mittlerweile von ihrem Tagesablauf gestrichen wurde - ihren Haushalt schmeißt Frieda Bärwald zu einem großen Teil noch selbst. "Die Familie hilft mir schon immer mal wieder. Mein Sohn geht auch für mich einkaufen. Aber ich schreibe ihm noch immer die Einkaufszettel." Während Frieda Bärwald, die seit 23 Jahren alleine lebt, so aus ihrem bewegtem Leben erzählt, tickt die Uhr im Wohnzimmer laut. Sie hängt über dem Fernseher. Den benutzt Frieda Bärwald besonders gerne sonntags mittags, für ihre Lieblingssendung, den "Presseclub". "Ich muss ja immer auf dem neuesten Stand sein, ob vielleicht mal die Renten erhöht werden", meint sie. Das könnte auch ein Grund sein, warum sie jeden Tag den Trierischen Volksfreund liest. Wenn sie sich gerade mal nicht daran erfreut, hat sie besondere Freude an ihren Enkel- und Urenkelkindern. "Ich verstehe mich schon immer mit allen Kindern gut", betont sie. Frieda Bärwald hat drei Kinder. Nach besonderen Richtlinien gelebt hat sie nie, und so hat sie auch keinen Geheimtipp, wie man ein solch stolzes Alter erreicht. "Ich war zwar immer Nichtraucherin und habe immer sehr viel gearbeitet - aber ansonsten habe ich keine besonderen Dinge beachtet, um so alt zu werden. Ich hatte einfach immer Spaß am Leben - und habe es noch immer."

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