In den eigenen vier Wänden alt werden

Bitburg-Prüm · Zukünftig werden immer weniger Menschen in der Eifel leben. Zugleich steigt aber die Zahl der Senioren weiter an. Ein Problem wird sein, diese später zu versorgen. Die Kreisverwaltung Bitburg-Prüm hat die aktuelle Pflegestruktur untersuchen lassen und ein Handlungskonzept erstellt.

Bitburg-Prüm. Antonia W. (82 Jahre alt) lebt seit dem Tod ihres Mannes vor zwei Jahren allein in ihrem Haus in Bitburg. Vor einer Woche erlitt sie einen Schlaganfall und kann seitdem nicht richtig gehen. Die Ärzte bezweifeln, dass sie weiterhin alleine leben und für sich sorgen kann.

Koordination für mehr Service


Oft entscheiden die Angehörigen, wie es in einem solchen Fall weitergehen soll. Und nicht wenige sind mit der plötzlichen Situation überfordert. "Wir erleben häufig, dass ältere Menschen aus den Krankenhäusern entlassen werden und noch nicht geregelt ist, wo sie anschließend hin sollen", sagt Gisela Mayer-Schlöder von der Kreisverwaltung Bitburg-Prüm. "Das wollen wir ändern. Wir sehen uns als Koordinator und wollen die Einrichtungen und Dienste noch besser vernetzen", sagt Monika Schuster, Amtsleiterin Soziales.
Im Kreistag wurde kürzlich die Pflegestrukturplanung des Eifelkreises Bitburg-Prüm vorgestellt. Die Gesellschaft für Forschung und Beratung im Gesundheits- und Sozialbereich (Fogs) aus Köln hat dazu im Auftrag der Verwaltung die Situation erfasst und bewertet. So erhielten 70 Einrichtungen, Dienste und Verbandsgemeinden Fragebögen. Außerdem wurden 235 Senioren befragt, die in einem Privathaushalt leben (siehe Extra).
Zwei Drittel der Befragten können sich gut vorstellen, weiter in ihrem Haus zu wohnen. Mit weitem Abstand folgt das Wohnen in einer betreuten Wohnanlage, im Haushalt der Kinder oder in einem Seniorenheim. "Der Tenor geht in die Richtung: Wir wollen zu Hause bleiben. Wenn es nicht mehr alleine geht, werden alternative Wohnformen wie zum Beispiel eine Wohngemeinschaft gewünscht", sagt Monika Schuster. In der Eifel gebe es noch eine sehr hohe Eigenheimquote. Es fehle aber an Barrierefreiheit. Außerdem seien die älteren Leute sozial sehr eingebunden in ihren Dörfern. Monika Schuster beobachtet, dass sich einzelne Ortsgemeinden, wie zum Beispiel Wallersheim, wo Bürger den Verein "Lebendiges Wallersheim" für mehr Nachbarschaftshilfe und soziales Miteinander im Ort gegründet haben, sehr positiv auf den Weg machen.
Weil die alten Leute am liebsten so lange wie möglich zu Hause leben möchten, wird ein Wachstum im Bereich der ambulanten Pflegedienste erwartet. "Ein Problem wird sein, wie die langen Fahrstrecken im Kreis bewältigt werden sollen - da ist es schwer, kostendeckend zu arbeiten", sagt Gisela Mayer-Schlöder. Auch die wachsende Zahl der Demenzerkrankten, die geringe Zahl der Kurzzeitpflegeplätze und die Versorgung über Nacht seien große Probleme, die es zu lösen gilt. Man sei bereits im Dialog mit den Krankenhäusern und den Pflegestützpunkten. Zurzeit arbeitet die Verwaltung an der Entwicklung alternativer Wohnformen.
Das Institut Fogs empfiehlt die ambulanten Leistungen weiter auszubauen und weiterzuentwickeln, um auf Hilfe angewiesene Menschen zu einem selstständigen Leben außerhalb von stationären Einrichtungen zu befähigen.
Die Überleitungsprozesse zwischen den Krankenhaus-Sozialdiensten, den anderen Pflegeangeboten und der niedergelassenen Ärzte soll bedarfsgerechter umgesetzt werden. Der Zugang zu Angeboten und Hilfen soll durch Pflegestützpunkte gewährleistet werden. "Wir sind zum Erfolg verurteilt. Wir können die Menschen nicht alle ins Altenheim stecken. Wir müssen dafür sorgen, dass alte Menschen in Würde in ihren Häusern leben können", sagt Gisela Mayer-Schlöder.
Die Ergebnisse des Abschlussberichts der Pflegestrukturplanung im Eifelkreis werden am Dienstag, 20. Mai, um 10 Uhr im Sitzungssaal der Kreisverwaltung der Öffentlichkeit vorgestellt.
Extra

Ingesamt 235 Senioren aus dem Eifelkreis Bitburg-Prüm, die in Privathaushalten leben, haben sich zu ihrer Wohnsituation befragen lassen. 62 Prozent der Befragten halten ihre Wohnungen/Häuser nicht für altersgerecht. Rund ein Drittel schätzt die Einkaufsmöglichkeiten im Dorf als eher schlecht ein, 45 Prozent bewerteten sie mit gut, wobei da auch die Größe des Ortes entscheidend ist. Fast zwei Drittel beurteilen die Anbindung mit dem öffentlichen Nahverkehr als schlecht. Auch die kulturellen Angebote wurden vor allem von Einwohnern kleiner Orte mit unzureichend bewertet. Bewohner kleiner Gemeinden wünschen sich bessere Verkehrsanbindungen, Einkaufsmöglichkeiten, ärztliche Versorgung und niedrigere Mieten. Aus größeren Orten kamen noch Wünsche wie besseres soziales Miteinander, mehr Freizeit mit Gleichaltrigen zu verbringen oder ein gemeinsamer Mittagstisch vor Ort. snExtra

Seit 2004 hat die Zahl der Einwohner in Rheinland-Pfalz kontinuierlich abgenommen, im Eifelkreis um 1,48 Prozent. Dort lebten 2007 noch 95 000 Menschen, 2012 waren es 1000 weniger. 20 Prozent der Einwohner sind älter als 65 Jahre. Innerhalb der nächsten 40 Jahre wird die Bevölkerung weiter abnehmen und im Schnitt älter werden. Für den Eifelkreis ist ein Rückgang von 14,9 Prozent prognostiziert. sn

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