In der Krise regiert die Harmonie

BITBURG-PRÜM. Der Kreis Bitburg-Prüm steht finanziell weiter mit dem Rücken zur Wand. Der Kreistag segnete am Montag mit großer Mehrheit den Haushalt 2007 ab, der ein Defizit von 9,5 Millionen Euro aufweist. Allein die sozialen Leistungen verschlingen 51 Millionen Euro.

Es war eine der unspektakulärsten Haushaltsdebatten seit vielen Jahren im Kreistag Bitburg-Prüm. Angesichts der desaströsen Finanzausstattung verzichteten die Redner auf gegenseitige Schuldzuweisungen. Am Ende stimmte das Gremium einem Etat zu, der im Verwaltungshaushalt Einnahmen von 83,7 Millionen Euro aufweist, allerdings von Ausgaben in Höhe von 93,2 Millionen Euro geschüttelt wird. Das heißt: Der Fehlbedarf für das Jahr 2007 beträgt satte 9,5 Millionen Euro, wobei allein die Ausgaben zur Sozialen Sicherung fast 60 Prozent ausmachen; das sind knapp 51 Millionen Euro. "Gestaltungsspielräume schwinden zunehmend"

Dass Landrat Roger Graef ob der ausweglosen Situation an der Umlagenschraube drehen wollte und musste, war bekannt. Sein Vorschlag, den Eingangshebesatz von bisher 35,9 Prozentpunkten auf 38 Prozent zu erhöhen, fand im Plenum allerdings nicht die Mehrheit. Vielmehr setzte sich in dieser krisenhaften Situation die blanke Harmonie durch, indem CDU- und SPD-Faktion den großen Schulterschluss übten und die Umlageerhöhung auf 37,1 Prozentpunkte deckelten. Das heißt: Die Ortsgemeinden werden 2007 "nur" rund 26 statt 26,6 Millionen in die Kassen des Kreises spülen, was den Fehlbedarf um eben diese Summe noch entsprechend erhöhen wird. Ob des nicht enden wollenden Ringens um jeden Euro konstatierte Landrat Roger Graef (CDU) am Montag in der ihm eigenen Art: "Die Gestaltungsspielräume schwinden zunehmend, ohne dass eine Tendenz zum Besseren erkennbar wäre. Wie in den vergangenen Jahren auch, so kann ich auch dieses Jahr kein Licht am Ende des Tunnels erkennen." Er rede sich selber manchmal froh, wenn er sage, dass der Schuldenstand pro Einwohner seit seinem Amtsantritt 1989 in absoluten Zahlen nicht gestiegen und heute insgesamt bei 36 Millionen Euro liege. Doch die Wahrheit sehe anders aus. Graef: "Denn tatsächlich sind 22 Millionen Euro Kontokorrentkredit zu den 36 Millionen hinzuzurechnen, sodass sich ein tatsächlicher Schuldenstand von 58 Millionen Euro ergibt." CDU-Fraktionschef Patrick Schnieder sprach von einer "grotesken Situation". Einerseits habe man Verantwortung für die Haushaltssituation zu übernehmen, andererseits aber keine Möglichkeit, das Zahlenwerk zu beeinflussen. Er bezeichnete die kommunale Selbstverwaltung als "leere Hülle" und als eine "Farce". "Wir haben uns an diese Haushaltszahlen gewöhnt", sagte SPD-Fraktionschef Bernd Spindler. Alle säßen gemeinsam im Schuldenboot, und nur gemeinsam käme man dort wieder hinaus. Er appellierte an das Gremium, nach außen Vertrauen zu schaffen und nicht "miesepeterig" zu agieren, sodass die Menschen im Kreis keine Perspektive mehr sähen. "Neue Aufgaben ohne adäquaten Ausgleich"

Nach den Worten von FWG-Fraktionssprecher Marzellus Boos ist mit Blick auf die Kreisumlage das Ende der Fahnenstange längst erreicht. Der Tag, an dem keine Gemeinde mehr ohne Bedarfszuweisungen auskomme, sei nah. Boos: "Aber es wäre unehrlich und sachlich falsch, den Kreis dafür verantwortlich zu machen." Laut Marie-Luise Niewodniczanska (FDP) werde die bevorstehende Mehrwertsteuererhöhung auch die Kosten für kommunale Dienstleistungen steigen lassen. Sie mache sich Sorge, dass dadurch auch die Schwarzarbeit in die Höhe getrieben werde. Niewodniczanska: "Wir erhalten ständig neue Aufgaben ohne adäquaten Ausgleich." Grünen-Sprecherin Roswitha Biwer lobte die Arbeit des Kreises im sozialen Bereich. Themen wie Schulsozialarbeit, Kinderschutz und Tagesgruppen zeigten die Kompetenz des Kreises auf dem Gebiet. Gleichzeitig forderte sie, die Zweckverbände ernsthaft auf den Prüfstand zu stellen sowie Energieeinsparungen vorzunehmen.

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