Jedes Jahr eine Weltreise

Bitburg · Theo Schillen, seit vielen Jahren Fahrer der Bitburg-Prümer Landräte, hat seinen Platz am Lenkrad geräumt. Allein mit seinem Chef Joachim Streit hat er in den vergangenen fünf Jahren insgesamt 20 Mal die Erde umrundet - jedenfalls, wenn man die gefahrenen Kilometer zusammenzählt.

 Allzeit gute Fahrt: Theo Schillen war seit 1993 zunächst der Fahrer von Landrat Roger Graef und später von dessen Nachfolger Joachim Streit. TV-Foto: Stefanie Glandien

Allzeit gute Fahrt: Theo Schillen war seit 1993 zunächst der Fahrer von Landrat Roger Graef und später von dessen Nachfolger Joachim Streit. TV-Foto: Stefanie Glandien

Bitburg. Was muss ein guter Chauffeur mitbringen? Exzellentes Fahrkönnen, Geduld und Verschwiegenheit. Theo Schillen, der gestern 65 Jahre alt wurde, besitzt all diese Eigenschaften. Nun ist er nach 36 Berufsjahren, davon seit 1993 am Steuer seines Dienstwagens, in den Ruhestand gegangen.
Schillen begann zunächst als Hausmeister bei der Kreisverwaltung Bitburg-Prüm. Als Landrat Roger Graef 1993 einen neuen Fahrer suchte, sagte Schillen zunächst aus Spaß, er könne das ja übernehmen. Und schon saß er am Steuer. Seitdem kennt er keine freien Wochenenden mehr.
Ein Fahrsicherheitstraining hat Schillen nie gemacht - "das hatte ich doch jeden Tag", sagt er und lacht. Autos? Interessieren ihn nicht die Bohne. "Ein Auto ist für mich da, um von A nach B zu kommen." Und von A nach B musste er viel fahren: Nach Mainz, nach Koblenz und im ganzen Kreisgebiet war Schillen unterwegs. Allein in den vergangenen fünf Jahren ist er mit Landrat Joachim Streit rund 200 000 Kilometer gefahren.
Im flächengrößten Landkreis, mit häufigen Fahrten nach Mainz, zu Behörden nach Trier und in Richtung Partnerschaftskreis in Thüringen waren er und der Landrat im Durchschnitt jährlich etwa 40 000 Kilometer mit der Dienstlimousine auf Achse - so viel wie der Erdumfang am Äquator. Also einmal im Jahr um die ganze Welt.
Und seine Chefs saßen immer neben ihm. "Die wollten der Gefahr ins Auge schauen", sagt Schillen vergnügt. Jede Woche nannte das Sekretariat ihm die anstehenden Termine. Musste er nicht fahren, kümmerte er sich um die sieben Dienstwagen der Kreisverwaltung, richtete den Sitzungssaal her oder erledigte andere Dienste. "Ich bin mir immer Arbeit suchen gegangen", sagt er.
Aber die meiste Zeit ist er gefahren und hat gewartet. Viele Stunden lang im Fünfer-BMW. "Als es die Handys gab, bin ich auch zwischendurch mal spazieren gegangen." Oder er hat gelesen - Zeitschriften oder auch mal einen Eifelkrimi. Im Auto geschlafen hat er nie. "Das kann ich nicht." Trotzdem fand er nächtliche Fahrten nicht anstrengend, wurde auch nicht beim Fahren müde. "Nachts fahren macht mir nichts aus. Im Gegenteil, dann konnte ich wenigstens die Kurven schneiden."
Auch das Warten wurde ihm nicht zu lang. "Man muss in sich ruhen, dann geht das. Aber wenn mal wirklich was ist, dann flippt man richtig aus", verrät er augenzwinkernd. Kann man sich bei Theo Schillen aber nicht so richtig vorstellen - dieses Ausflippen.
Auch privat sitzt er immer am Steuer. In seinem 25 Jahre alten Mercedes E-Klasse. Genauer gesagt, im ausgemusterten Dienstwagen des ehemaligen Dauner Landrats Albert Nell. Frisch über den TÜV hat er das gute Stück auch erst kürzlich gebracht, obwohl er den Wagen nicht braucht, um zur Arbeit zu kommen - er wohnt 200 Meter vom Kreishaus entfernt. Der gelernte Schlosser macht die Reparaturen an seinem Auto am liebsten selbst - "bei so einem alten Stück braucht man noch kein Diagnosegerät". Und auf neuste Technik, wie zum Beispiel Navigationsgeräte, ist Schillen nicht angewiesen. Früher haben die Vorzimmerdamen ihm von jeder großen Stadt einen Plan besorgt. Heute verschafft er sich im Internet einen Überblick. "Ich will immer wissen, wo ich bin. Ich verlasse mich auf kein Navi", sagt er.
Er kennt alle Schleichwege


"Er ist immer so gefahren, dass man sich sicher gefühlt hat. Und er kennt alle Schleichwege, weiß in jedem Dorf, wo die Bürgerhalle ist, sich der Feuerwehrzug aufstellt und was sonst zu beachten ist", sagt Ex-Chef Joachim Streit über seinen Fahrer.
Zeit für Hobbys blieb Schillen nicht. Und durch die viele Fahrerei hatte er privat nicht mehr viel Lust auf lange Touren. Dafür hat er jetzt Zeit. Seit gut einem Monat ist er im Ruhestand. "Über Langeweile kann ich mich nicht beklagen", sagt Schillen. Obwohl: "Es ist schon ein bisschen eigenartig - so ein ganzes Wochenende ohne Termine." Jetzt hilft er seinem Sohn beim Terrassenbau, und die Tochter bekommt ein Gartenhäuschen. Außerdem will er in den Wald, Holz machen. Und Zeit zum Wandern hat er jetzt auch - mit dem Eifelverein.
Und was ist mit den vielen Erlebnissen und so mancher Anekdote, die er bestimmt in seiner langen Zeit als Fahrer mit seinen Chefs erlebt hat? "Ja, da gibt es welche …", sagt Schillen, "aber naja …", sagt er, lächelt - und schweigt.

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