Junge Menschen für alte Gebäude begeistern

NEUERBURG. Die Belebung der Dörfer durch Wohn- und Gewerbeansiedlungen ist ein Schwerpunkt der Agrarstrukturellen Entwicklungsplanung (AEP) in der Verbandsgemeinde (VG) Neuerburg. Ein Arbeitskreis stellt eine Übersicht über Angebote zusammen und wirbt mit dem Charme alter Häuser.

"Erstellung eines Gebäudeleerstands-Registers": Diese Aufgabe des Neuerburger Arbeitskreises "Kommunalentwicklung und Dorferneuerung" klingt staubtrocken und bürokratisch. Doch wer erlebt hat, mit welchem Engagement und Sachverstand die Mitglieder zu Werke gehen, lässt sich gerne eines Besseren belehren. Da wird auch offen Kritik geübt: "Die Dorferneuerung kümmert sich zu sehr um Einzelheiten wie Bauvorschriften. Der Wert des Wohnens in historischen Gebäuden im Ortskern ist vor allem bei den jungen Menschen noch nicht richtig rübergekommen", moniert Bauingenieur Klaus Koos aus Utscheid. "Wir müssen vermitteln, welche Vorteile das Leben im ländlichen Raum, in der Heimat bietet", ergänzt Hans-Leo Hunewald, Ortsbürgermeister von Roth an der Our.Neubaugebiete wachsen, Ortskerne sterben aus

Das Problem: Obwohl Prognosen von einer rückläufigen Bevölkerungsentwicklung ausgehen, stampfen viele Gemeinden Neubaugebiete am Ortsrand aus dem Boden. Gewachsene Ortskerne drohen zu veröden, weil dort immer mehr alte Gebäude leer stehen und keine neuen Besitzer finden. Hunewald: "Die Gemeinden sollten beides im Auge behalten und neben Neubau-Grundstücken auch das Interesse an ungenutzten Häusern schüren." Alte Häuser bieten häufig eine gute Grundsubstanz. Investoren können viel in Eigenleistung machen. Dabei bietet sich im Gegensatz zum Neubau ein schrittweises Vorgehen an, je nachdem, wie viel Geld und Zeit zur Verfügung stehen. Architektonisch gelten viele dieser Gebäude ohnehin als reizvoll. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen sind günstiger geworden: Bei Altbauten gibt es neuerdings die gleiche öffentliche Förderung wie bei Neubauten. Zwei Beispiele aus der Praxis finden sich in Roth an der Our: Ein junges Paar kaufte ein uraltes Gebäude in der Bachstraße, das vor dem Verfall stand, und renoviert es aus eigener Kraft. Auch ein altes Haus in der Ourtalstraße fand dank der Vermittlung über die Ortsgemeinde einen neuen Besitzer, der mit seiner Familie dort einzog. "Unsere Dörfer sollen auch wirtschaftlich eine echte Zukunft haben und nicht nur Schlafstätten für Pendler sein", sagt Brigitte Baustert aus Nusbaum, Vorsitzende des Landfrauenverbands Neuerburg und Mitglied der Bezirkskommission Dorferneuerung. Die derzeit in Weidingen aufgebaute Wanderausstellung "Neue Nutzung in alten Gebäuden" (der TV berichtete) zeigt unter anderem, wie Handwerksbetriebe, Läden und Büros in stilvollem und praktischem Ambiente eingerichtet werden können. Noch läuft die Erfassung der Leerstände recht zäh. Der Arbeitskreis hat alle Ortsbürgermeister schriftlich gebeten, ungenutzte Häuser zu melden. Die Eigentümer werden befragt, ob sie die Häuser vermieten, verkaufen oder selbst renovieren wollen. Arbeitskreis-Sprecher Joachim Starmanns (Altscheid) fährt zusammen mit den übrigen Mitgliedern auch selbst durch die Gemeinden, und schaut sich die Lage vor Ort an. Ein Ansatz ist die Einbindung der Dorfjugend, die geeignete Räume in Gemeindebesitz zur eigenen Nutzung renoviert. "Das Verantwortungsbewusstsein bei den Jugendlichen, die Räume in Ordnung zu halten, ist dann viel größer", sagt Bürgermeister Norbert Schneider. Der Neuerburger Verwaltungschef wünscht sich, dass der Arbeitskreis dauerhaft fortbesteht.

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