Kann Jazz denn Sünde sein?

PRÜM. (r.g.) Was passiert, wenn ein ehrwürdiges Kircheninstrument wie die Klais-Orgel in der St. Salvator-Basilika auf "beschwingte" Musik trifft? Eine beeindruckende Antwort lieferten Florian Esch (Trompete) und Christoph Schömig (Orgel).

Jazz - nicht wenige verbinden dies mit lauter, rhythmischer Musik, zuweilen auch mit Krach. Daher muss es beinah unerhört erscheinen, diese Musik auf die "Königin der Instrumente", die Orgel, zu bringen. So verwunderte es nicht, dass Pastor Robert Lürtzener, Hausherr in der Prümer St. Salvator-Basilika, zur Einleitung eines durchaus seltenen Konzertereignisses feststellte, dass die 1973 fertig gestellte Klais-Orgel "noch nie so ausschließlich mit Jazz in Verbindung gebracht wurde". Die beiden Künstler, die den Versuch wagten, sind Christoph Schömig, Reginalkantor aus Prüm, und Florian Esch aus Wascheid, der an den Musikhochschulen Düsseldorf, Berlin und Bochum im Fachbereich Jazz Trompete studiert hat. Dabei zeigte schon ein bloßer Blick ins Programmheft, dass die Kombination des traditionellen Kircheninstruments mit der Jazzmusik gar nicht so ungewöhnlich ist. Verschiedene Komponisten kamen auf die Idee, beide Welten zusammenzuführen, und dies nicht zuletzt deshalb, weil es zwischen beiden mindestens ebenso viele Gemeinsamkeiten wie Unterschiede gibt. Zum Beispiel das Faible für ausgefallene Harmonien, dass sowohl bekannten Orgelkomponisten (angefangen bei Bach bis Max Reger) genauso zu eigen ist wie Jazzmusikern. Oder die Vorliebe für Improvisation - also das freie Spiel, was neben Orgel und Jazz kaum zu finden ist. Davon zeugte schon die eingangs aufgeführte "Suite" des Komponisten Jon Lauvik, vom Aufbau her mit Prélude, Fugue, Duo und Grand-jeu geradezu orgelspezifisch. Aber selbst die jazztypischen Elemente wirken nicht störend oder befremdlich - ganz im Gegenteil: Das Werk würde sich auch in die Sonntagsmesse harmonisch einfügen. Dass sogar noch mehr geht, zeigte das Werk "Mozart Changes" von Zsolt Gárdony, das unverkennbare Elemente des Salzburger Komponisten mit ins Spiel brachte. Ganz klarer Höhepunkt des Konzerts waren jedoch die Improvisationen bekannter Melodien wie "Michele", "In a quit place" oder "Deep River", die Schömig und Esch im ausdrucksstarken musikalischen Zwiegespräch darboten. Hier zeigte sich: Beide Künstler bedürfen nicht der kompositorischen Vorgabe, um den Jazz und die Würde des Raums der Basilika zusammen zu bringen - und das unerhört brillant.

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