Keine Häuser von der Stange

Bitburg-Prüm · Um Bürger und Kommunen für regionaltypisches Bauen zu sensibilisieren, hat der Eifelkreis gemeinsam mit der Architektenkammer Rheinland-Pfalz vor drei Jahren die Initiative Baukultur Eifel ins Leben gerufen. Wie so etwas im Ergebnis aussehen kann, zeigen die vielen Beispiele, die der Öffentlichkeit bereits vorgestellt wurden. Dass diese Initiative allerdings längst nicht jeden erreicht, verrät ein Blick auf das, was nicht vorgestellt wird.

 In Ehlenz wurden in den vergangenen Jahren einige Häuser regionaltypisch umgebaut, unter anderem auch dieses Gebäude in der Hauptstraße. TV-Foto: Uwe Hentschel

In Ehlenz wurden in den vergangenen Jahren einige Häuser regionaltypisch umgebaut, unter anderem auch dieses Gebäude in der Hauptstraße. TV-Foto: Uwe Hentschel

Bitburg-Prüm. Jede Woche veröffentlicht die Initiative in den Kreisnachrichten Themenbeiträge, die sich mit der Baukultur in der Eifel befassen und in denen in erster Linie positive Beispiele präsentiert werden. Im Eifelkreis stehen rund 35 000 Wohngebäude. Gäbe es bei jedem dieser Gebäude einen architektonisch bedeutsamen regionalen Bezug, der es wert wäre, einmal besonders herausgestellt zu werden, so hätte die Initiative Baukultur Eifel für die kommenden gut 700 Jahre genug Material.
Architekten sensibilisieren


Genau das ist aber nicht der Fall. Deshalb haben der Eifelkreis und die Architektenkammer Rheinland-Pfalz die Initiative vor drei Jahren gestartet. Vorrangiges Ziel war und ist der Erhalt der für die Eifel typischen Bautradition (siehe Extra). Und mit Hilfe der Initiative sollen Bauherren, aber auch Kommunen und nicht zuletzt die Architekten dafür sensibilisiert werden.
Oft eingeschränkte Lösungen


"Baukultur kann nur in einem Zusammenspiel zwischen Bauherr und Architekt zustande kommen", erklärt Herbert Mayer, Mitinitiator und ehemaliges Vorstandsmitglied der Architektenkammer Rheinland-Pfalz. Vielfach jedoch beauftrage der Bauherr nicht einen Architekten mit der Planung seines Hauses und der Wahrnehmung seiner Interessen, sondern kaufe unmittelbar bei einem Generalunternehmer ein "Haus von der Stange", fügt der Architekt hinzu. Und diese Unternehmen arbeiteten vielfach überregional und böten deshalb nur sehr eingeschränkt regionalbezogene Lösungen. Im Vordergrund, sagt Mayer, stehe meist die Rendite. "Regionale Gestaltqualität ist eher zweitrangig."
Vom Versuch, auf kommunaler Ebene mit Hilfe strengerer Vorgaben eine regionaltypische Linie in Neubaugebiete hineinzubekommen, hält Mayer allerdings wenig. "Die Erfahrungen zeigen, dass der Einsatz von Gesetzen und Vorschriften nicht zwingend zu besserer Architektur und höherer Gestaltungsqualität führt", sagt der Architekt.
Ziel: Bautradition erhalten


156 Themenbeiträge mit 90 Beispielen von Projekten, bei denen dem Erhalt der Baukultur Rechnung getragen wurde, hat der Kreis bislang veröffentlicht. Bei manchen Beispielen erschließt sich selbst dem unsensibelsten Betrachter der regionale Bezug auf den ersten Blick. Bei anderen vorgestellten Bauprojekten aber nicht. Besonders dann nicht, wenn moderne Gestaltungselemente zum Einsatz kommen. "Ziel der Initiative Baukultur Eifel ist es nicht, Altes zu kopieren oder ästhetische Konzepte vorzugeben", sagt Mayer. Vielmehr gehe es darum, an die regional vorherrschende Bautradition anzuknüpfen und diese kreativ und individuell weiterzuentwickeln.Extra

Was hat man als Bauherr davon, regionaltypisch zu bauen? Joachim Streit: Zum einen zeugt es vom Wissen des Bauherrn um seine Heimat und die Kultur seiner Heimat. Zum anderen sind Dörfer, in denen sich die alten Häuser mit den neuen Häusern "vertragen", in den Augen der Betrachter harmonischer, schlichtweg schön. Durch die Wirkung als Ensemble steigt der Wert der einzelnen Häuser und der Gesamtheit. Also eine Gewinnsituation für alle. Welche Bedeutung hat der Erhalt der Baukultur für die Eifel? Streit: Regionale Einmaligkeit hat Bedeutung, es ist für den Bauherrn schick, in einem architektonisch anerkannten Haus zu wohnen. Kulturdenkmäler vergangener Zeiten in Verbindung mit einer regionalbezogenen, zeitgenössischen Architektur steigern das Interesse an einer Region sowie den Erlebniswert und die Aufenthaltsqualität. Regionale Unverwechselbarkeit, Attraktivität und Erscheinungsbild einer Gemeinde sind vielfach ausschlaggebende Faktoren für Ansiedlungsentscheidungen bei Firmen und Arbeitskräften. Baukultur ist ein Wirtschaftsfaktor und fördert Investitionen. Wie ist die Resonanz der Initiative in der Bevölkerung? Streit: Die Initiative Baukultur Eifel kommt bei den Menschen gut an. Es liegt auch an den Aktivitäten auf allen Ebenen: Schulprojekte, Teilnehmerzahlen bei der ArchitekTour 2014, das Interesse an der Wanderausstellung Baukulturpreis 2013, die Teilnehmerzahl am Fotowettbewerb 2014 und auch die überregionale Aufmerksamkeit auf Bundes- und Landesebene. Wir dürfen uns aber nicht ausruhen, sondern die Initiative muss noch tiefer in die Gesellschaft eindringen und zum allgemeinen Bewusstsein um den Wert der Heimat werden. uheExtra

Das Gebiet des Eifelkreises ist wesentlich vom sogenannten Trierer Quereinhaus geprägt. Wie Architekt Herbert Mayer erklärt, finde man diesen Haustyp jedoch bei genauer Betrachtung in sehr unterschiedlicher und vielfältiger Ausgestaltung. Bei aller Individualität der Einzelgebäude seien jedoch die Zweigeschossigkeit, das Satteldach, der sehr geringe Dachüberstand und die hoch rechteckig stehenden Fensterformate sowie die Beschränkung auf nur sehr wenige Materialien die wesentlichen und verbindenden Merkmale. uhe

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