Kinosessel statt Schulbank

BITBURG-PRÜM/DAUN. Wie entsteht Gänsehaut? Dieser und anderen Fragen gingen Schüler bei der landesweiten Aktion "Lernort Kino" auf den Grund. Über 2600 Schüler und einige Studenten sahen sich in den Kinos in Bitburg, Prüm und Hillesheim Filme unterschiedlicher Genres an, um sie später im Unterricht zu besprechen.

Während die Bitburger mit Regenschirmen am Donnerstag Vormittag durch die Stadt eilen, um ihre Einkäufe an den Marktsständen oder in der Fußgängerzone zu erledigen oder ihrer Arbeit nach zu gehen, flimmern im Skala-Kino "Das fliegende Klassenzimmer" und "Good bye Lenin" über die Leinwand. Mehrere Schulklassen des St. Willibrord-Gymnasiums, der Realschule Speicher und der St. Martin Schule haben es sich in den Kinosesseln gemütlich gemacht.Freundschaft, Solidarität und Zivilcourage - das sind die großen Themen der Kästner-Verfilmung, die die Schüler im Kino miterleben und mitfühlen sollen. Der mehrfach ausgezeichnete Film "Good bye Lenin" entführt die 14- und 15-jährigen in ein Kapitel deutscher Geschichte, das endete, als die meisten von ihnen gerade das Licht der Welt erblickten. Um die Wende geht es - und um die komisch-traurige Geschichte einer DDR-Familie.Kinobesitzer Heino Riewer plaudert inzwischen an einem Stehtisch im Eingangsbereich mit Carmen Breitbach, Mitarbeiterin des Landesmedienzentrums Rheinland-Pfalz, das das Projekt zusammen mit dem Institut für Kino und Filmkultur organisiert hat. Breitbach ist auf Rundreise durchs Land, um in einigen Kinos mit den Betreibern und den Lehrern über die Resonanz auf die erstmals in Rheinland-Pfalz gestartete Aktion zu sprechen. "Das ist einfach eine richtig gute Sache. Insgesamt waren landesweit 41 000 Schüler angemeldet. Damit hätten wir nie gerechnet", sagt Breitenbach. Während der Schul-Film-Woche saßen laut den Kino-Betreibern etwa 1100 Schüler in Bitburg, etwa 900 Schüler in Prüm und etwa 600 Schüler in Hillesheim vor der Leinwand. Christine Runge, Chefin der Hillesheimer Eifel-Film-Bühne, wertet die Aktion als einen Erfolg: "Ich habe ,Die Kinder des Himmels‘ gezeigt. Das ist ein Film über Kinder im Iran. Ich finde es super, dass durch die Aktion so viele Kinder diesen wunderbaren Film gesehen haben."Auch Heino und Theo Riewer (Betreiber des Prümer Kinos) sind mit der Resonanz zufrieden und wollen, sollte es eine Wiederholung geben, wieder mit dabei sein. "Lernort Kino" lief bereits in verschiedenen Bundesländern erfolgreich, bevor es dieses Jahr auch in Rheinland-Pfalz gestartet wurde. Unterstützt wird die Aktion vom Land, vom Bund, der Filmförderanstalt und den Filmtheaterverbänden. "Unsere Welt ist von den Medien und Bildern dominiert. Trotzdem müssen die Schüler erst lernen, wie diese Bilder zu lesen sind", erklärt Breitenbach, "sie sollen reflektieren, wie Filme wirken, wieso man zum Beispiel eine Gänsehaut bekommt." Für die Lehrer gibt es Unterrichtsmaterial und Seminare zur Filmanalyse.Nach dem Filmvergnügen wartet Arbeit

Auf Bildschirmen im Eingang des Bitburger Skala-Kinos ist der Abspann von "Das fliegende Klassenzimmer" - übrigens der Renner bei der Schul-Film-Woche - zu sehen. Wenige Sekunden später stürzen die Schüler aus dem Kinosaal. Etwas langsamer geht es bei der Schülern der St. Martin Schule, die den Film sichtlich genossen haben. "Es war prima", sagt Renate Sonnen, pädagogische Fachkraft der Schule, "es hat allen gefallen." Auf die Jungs und Mädels des St. Willibrord-Gymnasiums, die etwas später aus "Good bye Lenin" kommen, wartet jetzt noch reichlich Arbeit. Referendarin Manuela Herres will in einer Unterrichtsreihe die Erzählweise in Buch und Film vergleichen und die Darstellung von Geschichte im Film untersuchen. Bei einem solchen Einstieg dürften die Schüler hochmotiviert sein.

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