Klangwelt von ganz eigener Art

DUDELDORF. (red) Das letzte Konzert vor der Winterpause brachte den Ausnahmekünstler Stefan Sell auf Burg Dudeldorf. Klassische, jazzige, folkloristische und frei inspirierte Musikelemente verbanden sich zu einem Erlebnis, das die Zuhörer andächtig und konzentriert lauschen ließ.

Die Atmosphäre in der Burg Dudeldorf ist minimalistisch mit einem provisorischen Foyer, einem noch als Scheune erkennbaren Konzertraum samt Gas betriebenen Heizstrahlern, mit zwei Scheinwerfern und einem Hocker für den Sologitarristen. Dennoch oder deswegen passte dieses auf den ersten Blick unvollkommen erscheinende Ambiente vollkommen zur Musik von Stefan Sell, der klassische Gitarre studierte und nach Abstechern mit Bands in die Rockmusik nun ein faszinierendes und ungewöhnliches Projekt mit dem Titel "Bach goes Flamenco" auf die Bühne bringt. Keine Showeffekte lenkten ab von den Klängen, in denen klassische Motive eine Verbindung eingehen mit allem, was eine musikalische Reise bringt: vom Schlaflied für Kinder über Jazz bis hin zu temperamentvollen spanischen Rhythmen. Das Publikum honorierte diese sanfte Entführung hinein in ungewöhnliche melodische Welten mit großer Konzentration und am Ende mit viel Beifall. Sell ist ein Könner künstlerischer Grenzüberschreitungen. "Ich hatte nie stilistische Berührungsängste, ich trenne nicht zwischen ernster Musik und Unterhaltung und ich lasse mich inspirieren von Bach über verschiedene ethnologische Musikrichtungen bis hin zu HipHop", schildert er die Variationsbreite seiner Ideen. Schon immer hat er experimentelle und freie neue Musik komponiert und interpretiert. Gemeinsame Projekte mit anderen Kunstgattungen wie etwa der Literatur sind ihm ebenfalls vertraut, so gastiert er etwa mit dem Rezitator Lutz Görner und dem Schauspieler Heinz Kahlau oder ist an Theaterperformances beteiligt. Aus vielfältigen Einflüssen ist ein eigener unverwechselbarer Stil entstanden: "Ich wollte all meine Erfahrungen zusammenbringen auf eine einzige Gitarre." Mit diesem Konzept erzielt Sell auf seiner Tournee einen Erfolg, der ihn selbst ein wenig zu erstaunen scheint. "Das Kommerzielle stand bei mir noch nie im Vordergrund", sagt er. Als Autor beim Schott-Verlag ist er in der Musikwelt allerdings so präsent, dass ihn die Deutsche Kammerakademie zu den "renommiertesten Gitarristen der Szene" zählt. Nach Auftritten etwa in der Stuttgarter Staatsoper war die Burg Dudeldorf eine Überraschung für ihn: "Dieser Rahmen und dieses Publikum waren eine ideale Umgebung. Die Menschen sind so interessiert, dass sich intensivere Gespräche ergeben. Und es ist spürbar, dass hier mit einer Kulturmanagerin und einem Veranstaltungstechniker Profis am Werk sind, die wirklich wissen, was ein gutes Konzert erfordert." Die Resonanz vieler Besucher war, dass sie einen ganz neuen Zugang zum Instrument Gitarre gefunden haben - und wiederkommen werden, wenn Sell voraussichtlich in der nächsten Saison die Burg wieder mit Klang erfüllt.

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