Knappe Kiste: Bitburgs Stadtrat beschließt Haushalt 2017

Bitburg · Zwölf Ja- und elf Gegenstimmen bei einer Enthaltung: Der Haushalt 2017 der Stadt Bitburg wurde am Donnerstag abgesegnet. Mit einem Abstimmungsergebnis, das so eng ist, wie es das im Bitburger Rat in den vergangenen Jahren nie gegeben hat. Warum Liste Streit, SPD und Grüne die Zustimmung verweigerten.

Naja, das die Liste Streit dem Haushalt nicht zustimmt, hat in Bitburg schon irgendwie Tradition. Das war sogar schon damals so, als die Freien mit Joachim Streit, Namensgeber der Liste, noch selbst den Bürgermeister stellten. Der heutige Landrat musste in seiner Bürgermeisterzeit wenn es um den Haushalt für das kommende Jahr ging, immer auf die Unterstützung der CDU bauen - und das konnte er auch. Seine eigene Liste war beispielsweise über Jahre wegen der Stadthalle, deren Bau in dem Zahlenwerk ja projektiert war, gegen den Haushalt, weil die Liste Streit eben auch kein Freund der Stadthalle war. Die Stadthalle hat 2009 ihre Tore geöffnet. Und die Liste Streit, so hat es in der Haushaltssitzung heute Abend Winfried Pütz, gleich angekündigt, versagt dem Werk dennoch die Zustimmung - und das hat auch unter anderem mit der Stadthalle zu tun. Wie das?
Von dem, was drei Fraktionen am Haushalt 2017 bemängeln
Beim Bau der Stadthalle ist nicht alles so gelaufen, wie es sollte. Es gibt Mängel. Und es gibt laufende Verfahren, die klären sollen, wer für die Mängel - Risse in Böden und ähnliches - verantwortlich ist. Wie auch immer diese Verfahren ausgehen, wird die Stadt für die Stadthalle wohl noch mal Geld in die Hand nehmen müssen. Davon ist aber im Haushalt 2017 nichts zu lesen. Gleiches gilt für die Eishalle. Auch da ist bei den Bauarbeiten nicht alles gelaufen, wie es sollte. Auch da gibt es offene Fragen und noch zu beseitigende Mängel - aber auch davon findet sich nichts im Haushalt.
Kostenposten von Cascade über den Annenhof bis zur Feuerwache
Ähnliches gilt für das Dorfgemeinschaftshaus Stahl, das nun wohl doch teurer wird und noch eine ganze Reihe weiterer Projekte, von denen heute schon bekannt ist, dass sie zu den politischen Herausforderungen der kommenden Jahre zählen, aber die ebenfalls im Haushalt 2017 nicht projektiert und durchgerechnet sind. Pütz listet auf: die notwendigen Investitionen ins Schwimmbad Cascade, den Neubau des Parkhauses Annenhof, den Neubau der Feuerwache, der Zentrale Omnibusbahnhof und die Erweiterung der Südschule. Zu diesen großen "ungewissen Zukunftsprojekten", wie Pütz sie nennt, fehlen der Liste Streit eine verlässliche Planung, wann, was für grob projektiert wie viel Geld angegangen werden soll. Und weil das im Haushalt 2017, wo ja auch Folgejahre in den Blick genommen werden, fehlt, hält die Liste Streit den kompletten Haushalt für nicht hinreichend verlässlich.
Grünen bleiben bei ihrer Kritik an der Bit-Galerie
Auch die Grünen, heute nur mit drei statt der eigentlich fünf Räten vertreten, lehnen den Haushalt als Fraktion geschlossen ab. Paul Bies kritisiert in seiner Haushaltsrede unter anderem die Bit-Galerie, "die wie Staubsauger Kunden anziehen und sie damit dem gewachsenen Einzelhandel entziehen und Teile der Fußgängerzone aussterben lassen". Bies mahnt zu mehr Bescheidenheit statt Größenwahn. Ähnlich wie die Liste Streit argumentiert auch Bies: "Wir Grünen lehnen den Haushalt 2017 nicht für das ab, was drin steht, sondern für das, was alles nicht drin steht." Und in seiner Liste tauchen dann auch das Parkhaus Annenhof, das Cascade, Stadthalle, Eissporthalle und die neue Feuerwache auf.
SPD fehlt grobe Finanzplanung für Großprojekte der Folge-Jahre
Genau das kritisiert schließlich auch Irene Weber, SPD-Fraktionsvorsitzende: "Im vorliegenden Haushalt fehlen Zahlen und eine grobe Finanzplanung zu weiteren Verpflichtungen, von denen wir doch jetzt schon wissen, dass sie in den kommenden Jahren Thema sein werden."
Bürgermeister tritt gelassen ans Rednerpult
Obgleich diese drei Fraktionen dem Haushalt also geschlossen ihre Zustimmung versagen - was in der Chefetage der Verwaltung ja bereits vor der Sitzung irgendwie wohl bekannt gewesen sein muss - tritt Bürgermeister Joachim Kandels gelassen ans Rednerpult - als er den Reigen der Haushaltsreden eröffnet. Denn so, wie die Ablehnung der drei Fraktionen wohl für ihn kein Geheimnis war, so wird er wohl auch gewusst haben, dass CDU und FBL hinter dem Programm stehen, das unter anderem mit einem Investitionsbudget von vier Millionen Euro kalkuliert, die Netto-Neuverschuldung um rund 220.000 Euro nach oben treibt, weil die Stadt den Landeszuschuss für die neue Feuerwehr-Drehleiter vorfinanzieren muss - und der eben im Ergebnis keine freie Spitze hat, die Kennzeichen eines gesunden Haushalts wäre, sondern mit einem Minus von rund 666.000 Euro schließt.
Frau Niewo will im Kreistag mal richtig Dampf machen
Ein Minus, das in Teilen natürlich auch der relativ hohen Umlage geschuldet ist, die die Stadt an den Kreis zahlen muss. Dafür hagelt es fraktionsübergreifend Kritik. Frau Niewo (FDP), die sich bei der Abstimmung zum Haushalt enthalten hat, fordert, dass alle Stadtratsmitglieder, die auch Kreistagsmitglieder sind - Michael Ludwig (CDU), Rudolf Rinnen (Liste Streit) und sie selbst - "jetzt mal ordentlich Dampf im Kreistag machen", denn das mit der Umlage könne so nicht bleiben. Und, sagt Frau Niewo weiter: "Das wäre gut, wenn das auch in der Presse steht." Bitteschön.
Kandels will 2017 noch mal um das Bürgermeisteramt kandidieren
Bürgermeister Kandels jedenfalls geht seine Rede gelassen an - keine flehenden Apelle an die Räte, dass sie dem Haushalt zustimmen mögen. Er war sich einer ausreichenden Menge an Zustimmung wohl sicher. Er will noch mal kandidieren für das Bürgermeisteramt. Die Wahl sei wohl voraussichtlich zusammen mit der Bundestagswahl im September 2017. "Das Amt macht mir viel Freude. Gemeinsam haben wir in den vergangenen Jahren viel auf den Weg gebracht und diesen Weg möchte ich gerne weiter mitgestalten." Kandels ließ in seiner Rede das Jahr Revue passieren - wie alle Fraktionssprecher auch, äußerte er Bedauern, dass Bitburg nicht den Zuschlag für die Landesgartenschau bekommen hat. Was die dennoch anstehende Konversion der Housing angeht, befürwortet er, die Zusammenarbeit im Zweckverband Flugplatz Bitburg auch für dieses Areal fortzusetzen.
CDU will böse Überraschungen vermeiden
CDU-Fraktionsvorsitzender Michael Ludwig lenkte den Blick in seiner Ansprache vor allem auf das, was gut gelaufen ist und läuft. Für seine Fraktion ist es unerlässlich, dass Bitburg sich nicht nur um die Konsolidierung des Haushalts bemüht, sondern auch weiter investiert, um die Dynamik aufrecht zu erhalten, die für Ludwig die Stadt Bitburg ausmacht: "Wir wollen mehr als Schulden vermeiden, wir wollen gestalten."Und an Kandels gerichtet gab Ludwig ein klares Bekenntnis aus: "Wir werden auch den Haushalt 2018 gerne mit Ihnen als Bürgermeister diskutieren." Was ihm fehlt und was er im Namen seiner Fraktion fordert: eine Übersicht über alle Gebäude der Stadt, in der aufgeführt wird, wie es um die einzelnen Gebäude in punkto Sanierung bestellt ist. Und da fällt dann als Beispiel auch das Parkhaus Annenhof. Eine solche Übersicht ist für Ludwig wichtig, "damit wir keine bösen Überraschungen" erleben.
FBL spricht Klartext zum Sirenengeheule in der Stadt
Ebenso wie die CDU stimmte auch die FBL, die zweite freie Liste im Stadtrat, dem Haushalt geschlossen zu. Die Umlage-Belastung prangerte Fraktionsvorsitzender Manfred Böttel an: "Der Eifelkreis erhält 10,6 Millionen Euro Umlage von der Stadt. Und dann soll die Stadt als Mittelzentrum auch noch Freizeiteinrichtungen wie Eisbahn und Schwimmbad finanzieren, ohne, dass sich der Kreis daran finanziell beteiligt. Für uns ein No-Go", sagte Böttel. Viel Applaus bekam er von seinen Ratskollegen für seine Aussage, dass die größte Investition in 2017 doch die mit 714.000 Euro in die Feuerwehr sei und das doch auch zeige, dass die Stadt hinter ihrer Feuerwehr steht und wörtlich: "Für uns ist nicht hinnehmbar, dass einige Mitarbeiter der Feuerwehr in der Öffentlichkeit den Bürgermeister diffamieren und die Bevölkerung durch unnötiges Sirenengeheule in Panik versetzen."
Eine gute Zusammenarbeit, die nicht mehr selbstverständlich ist
Frau Niewo, die für die FDP als Letzte das Wort ergriff, kam nicht umhin zur Freude aller zu sagen, dass die FBL auch schon ganz gut die Meinung der FDP mitvertreten haben, was viele der angesprochenen Themen anginge.
Obwohl die Abstimmung zum Haushalt denkbar knapp ist, ist die Stimmung in der Sitzung geprägt von Respekt voreinander - auch Respekt vor dem Andersdenkenden. Die gute, weil konstruktive Zusammenarbeit im Rat loben denn auch alle, ebenso wie die Arbeit der Verwaltung. Oder wie Paul Bies am Ende seiner Rede wohl einigen aus dem Herzen spricht: "Ich bin froh, dass in diesem Gremium auch bei unterschiedlichen Auffassungen ein angenehmer Umgangston gepflegt wird. Das ist angesichts dessen, was man auf der Straße und von anderen Gremien, in denen bereits die AfD vertreten ist, hört, nicht mehr unbedingt selbstverständlich. Diese Partei und in ihrem Schlepptau Pegida haben in unserem Land die Grenzen des Denk- und Sagbaren ins Unanständige und Unflätige hinein verschoben." Die Anonymität des Internets hat das ihre dazugetan. Im Bitburger Stadtrat jedenfalls stimmt noch das Miteinander. Und das soll hoffentlich auch so bleiben. Immerhin: Die Räte sind Ehrenamtliche!

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