Knirpse fahren weiterhin alleine

BITBURG. Das jüngste Gerichtsurteil zur Busbeförderung zum Kindergarten (der TV berichtete) wird im Kreis Bitburg-Prüm zunächst keine Konsequenzen haben. Dennoch will die Verwaltung über mögliche Verbesserungen nachdenken.

 Erwachsene bleiben draußen: Kinder fahren bis auf weiteres allein im Bus zum Kindergarten.Foto: TV -Archiv/Marita Blahak

Erwachsene bleiben draußen: Kinder fahren bis auf weiteres allein im Bus zum Kindergarten.Foto: TV -Archiv/Marita Blahak

Essenz des Richterspruches aus der Vorwoche: Die Kreise sind verantwortlich für die Sicherheit der kleinen Passagiere auf dem Weg zum Kindergarten. Das Leipziger Bundesverwaltungsgericht bestätigte damit ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Koblenz - und widerlegte endgültig die bisherige Rechtsauffassung, dass die Verantwortung bei den Eltern liege.Erster Erfolg nach langem Kampf

"Ein erster Erfolg nach einem langen, schweren Kampf", urteilt Agnes Tillmann-Steinbuß, Vorsitzende des Vereins "Eltern für Kinder". Die Initiative setzt sich seit Jahren für die Verkehrssicherheit der jungen Fahrgäste ein. Allerdings sei es traurig, dass man für "eine solche Selbstverständlichkeit" erst einen Gerichtsbeschluss brauche. Das Urteil geht zurück auf die Klage eines Vaters aus dem Kreis Trier-Saarburg. Dieser hatte für den Bus zum Kindergarten eine Aufsichtsperson gefordert. In diesem Punkt aber entschieden die Richter anders und überließen es den Kreisen, in welcher Form sie ihre Aufsichtspflicht ausüben. Demnach besteht keine Pflicht, einen Aufpasser zu stellen. Entsprechend gelassen fällt die Reaktion in Bitburg aus: "Wir werden keine Akut-Maßnahmen ergreifen", sagt Kreis-Pressesprecher Rudolf Müller auf TV -Anfrage. Die Verwaltung sei der Auffassung, dass der Aufsichtspflicht bereits genüge getan werde. Dennoch "werden wir das Urteil zum Anlass nehmen, zu überlegen, ob man zusätzlich was tun kann." Rund 3500 Mädchen und Jungen besuchen täglich die Kindergärten im Kreis Bitburg-Prüm. 1300 von ihnen werden mit Bussen befördert, davon wiederum 200 in Fahrzeugen, die ausschließlich Kindergärten ansteuern. Jährliche Kosten für den Kreis: rund 680 000 Euro. Bei der Beförderung gelten feste Sicherheitsregeln: Die Busfahrer steuern die Kindergärten direkt an, Haltebuchten gewährleisten, dass kein Kind über die Straße laufen muss. Die Kleinen dürfen nur vorne beim Fahrer ein- oder aussteigen und werden von den Kindergärtnerinnen an der Tür abgeholt. "Das ist seit Jahr und Tag so", sagt Müller, "und zum Glück hat es bisher nie einen Unfall gegeben." Auch sonst seien keine ernsthaften Probleme aufgetaucht - nur Kleinigkeiten. "Aber die wurden direkt abgestellt."Gut zu wissen, wen man verklagt

"Das Urteil hat zwei Seiten", erläutert Müller. "Es ist einerseits zwar zu Lasten der Kreise ausgefallen, es hat aber klargestellt, was man nicht machen muss. Es ist nicht notwendig, für jeden Bus eine Aufsichtsperson abzustellen. Es ist auch nicht notwendig, den Kindergarten-Verkehr außerhalb des Linienverkehrs zu organisieren. Die entscheidende Frage wird es nun sein, wie die Haftung aussieht, wenn einmal wirklich etwas passiert." Dann gelte es zu klären, "ob die aufsichtspflichtige Gebietskörperschaft den Anforderungen nachgekommen ist, die man notwendigerweise zu Grunde legen muss." Allerdings ist die Verwaltung der Auffassung, dass sie ihrer Pflicht bisher nachgekommen ist. Gerade in diesem Punkt sieht Agnes Tillmann-Steinbuß einen weiteren Teilerfolg: "Ich denke, den Eltern ist auf jeden Fall geholfen. Wenn wirklich etwas passiert, muss man ja wissen, gegen wen man klagt." Der Verein "Eltern für Kinder" besteht indessen auf weiteren Verbesserungen bei der Sicherheit. Im flächengrößten Kreis des Landes "wären schon ganz viele Probleme vom Tisch", wenn es Kleinbusse (selbstverständlich mit Aufsicht und kindgerechten Sitzen) oder Sammeltaxis für die verstreut wohnenden Kinder gäbe. "Das wäre die sinnvollste und vielleicht sogar billigste Lösung", sagt die Vorsitzende. Bevor es aber soweit ist, müssen erst die unmittelbaren Konsequenzen des Gerichtsurteils abgeklopft werden, sagt Kreis-Sprecher Müller. Denn bisher seien Kreise und Verkehrsministerium davon ausgegangen, dass die Aufsichtspflicht bei den Eltern liege. "Wenn das jetzt anders ist, muss das landesweit geklärt werden."

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