Kriminelles Komplott im Gaytal?

BITBURG. Die Beweisaufnahme muss nun Klarheit bringen: Für den angeklagten 50-jährigen Polizeihauptkommissar aus Linnich geht es im seit Montag laufenden Prozess um alles.

Nachdem im April der Prozess gegen den Polizisten, angeklagt unter anderem wegen "Volksverhetzung, Geheimnisverrats und Körperverletzung", ausgesetzt worden war (der TV berichtete), läuft nun die Beweisaufnahme vor dem Bitburger Schöffengericht auf Hochtouren. Der Prozessauftakt am Montag war verhältnismäßig ruhig. Personenkontrollen waren nicht angesetzt. Und in den Zigarettenpausen vor dem Saal sind sich Prozessbeteiligte und Beobachter einig: Prozess relevante, neue Aspekte sind bei der Zeugenvernehmung nicht aufgetaucht.Immer wieder pochen die "leidgeplagten Anwohner des Gaytals" auf die Nötigungen, Beleidigungen und Bedrohungen, die der Polizist ihnen gegenüber ausgesprochen haben soll. Es fällt ihnen schwer, sich an die Ereignisse von vor über vier Jahren zu erinnern. Präsent ist ihnen aber die angeblich erzwungene Begrüßungsformel des "Gauleiters"."Oberstrumpfbandführer" soll gar ein Zeuge den "King des Gaytals" despektierlich genannt haben. Da kann es - ob wahrer Hintergrund oder nicht - kaum verwundern, dass im Gerichtssaal gelegentlich "vernichtende Blicke" zwischen dem Angeklagten und den Zeugen ausgetauscht werden. Das meiste wird vom Angeklagten mit einfachem Kopfschütteln bedacht. Besonders bei dem vermeintlichen Tatkomplex der "braunen Sprüche" reagieren Verteidigung und Angeklagter sehr sensibel, "denn dies trifft den Angeklagten besonders", so die Verteidigung.In keinem Protokoll: Der "Goldbesteckkoffer"

Mit spitzfindigen Bemerkungen und Fragestellungen schaffen die Verteidiger es immer wieder, die Zeugen in ihrer Glaubwürdigkeit anzukratzen. Plötzlich ist die Rede von einem verschwundenen "Goldbesteckkoffer", von dem noch niemand etwas gehört hat. Dann wiederum heißt es, der Angeklagte habe sogar den "Hitlergruß" gefordert. Aussagen, die in keinem polizeilichen Vernehmungsprotokoll zu finden sind und die auch bei der Verhandlung im April nicht vorkamen. "Da bekomm ich Fußschweiß", kommentierte ein Verteidiger das "Kabarett und Theater, was hier dem Gericht geboten wird!"Doch auch auf Seiten der Verteidigung scheint es nicht ganz rund zu laufen. "Private Fahrten mit den Dienstwagen zwecks Kassierens der Miete" sind angeklagt. Laut Verteidigung will - kaum vorstellbar - keiner der Fahrausbilder im Polizeiausbildungsinstitut Linnich etwas von der Verordnung gewusst haben, die es den ausbildenden Beamten untersagt, während der Ausbildungsfahrten die Landesgrenze zu überschreiten.Auch bei der Frage nach der "erlangten Akteneinsicht über seine Mieter und die so verwendeten Informationen" verhält sich die Verteidigung eher polternd.Für die Prozessbeobachter stellen sich zwei Fragen: Stimmen die harten Vorwürfe der Staatsanwaltschaft, denen zufolge es dann für den Angeklagten um alles geht?Oder handelt es sich um ein "Komplott hochkrimineller Leute", wie der Angeklagte mutmaßt? Wenn es "das Komplott eines halben Dorfes" ist, dann muss nur noch das Motiv gefunden werden.Auf jeden Fall hat das Schöffengericht um den Vorsitzenden Richter Udo May an den noch anstehenden sechs Verhandlungstagen noch viel Arbeit, Licht in das "Dunkel im Gaytal" zu bringen. Im Zusammenhang mit offenen Fragen und Aktenordnern äußerte dazu gestern einer der Strafverteidiger: "Für einen Anwalt ist es ein innerer Reichsparteitag, wenn der Richter mal im Dunkeln stochert".An den nächsten beiden Verhandlungstagen (kommenden Montag und Dienstag) gehören zu den geladenen Zeugen Amtsgerichtsdirektor Werner von Schichau und der Leiter des Polizeiausbildungsinstituts in Linnich.

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