Kyllburg gewinnt Preis für Kampf gegen Leerstände

Kyllburg · Von der Geisterstadt zur Kreativmeile: Den Kyllburgern ist es gelungen, ihrem von Leerständen geplagten Stadtzentrum mit Kunst und Kultur neues Leben einzuhauchen. Für ihr Engagement wurden sie nun im Rahmen eines bundesweiten Wettbewerbs in Berlin ausgezeichnet.

Das Projekt Kunst Kultur Kyllburg bringt neues Leben in den Stadtkern. TV-Foto: Archiv/Mechthild Schneiders

Das Projekt Kunst Kultur Kyllburg bringt neues Leben in den Stadtkern. TV-Foto: Archiv/Mechthild Schneiders

Kyllburg. 2012 ist der Tiefpunkt erreicht. "Das alte Kyllburg ist zur Geisterstadt geworden", schrieb der Volksfreund damals. "Riesig und tot liegt der Eifeler Hof im Herzen Kyllburgs. Frost, Staub und Schimmel haben den Platz eleganter Damen eingenommen. Und ganz als wäre dieses Leiden ansteckend, starb auch die Stadt ringsum und blickt Besucher nun aus toten Schaufenstern an. Selbst Schlecker hat kürzlich dichtgemacht." Seit 1991 in Kyllburg verliebt

Seitdem ist sehr viel geschehen. Denn gerade zu dieser Zeit war der Düsseldorfer Dietmar Wolf zu Gast im Kyllburger Hotel Müller. Ein Stammgast, der sich 1991 in das mediterrane Flair des am Hang liegenden Städtchens verliebt hatte und regelmäßig wiederkam. Als seine Wirtin Marion Seitz ihm 2012 sagte, jedes Mal, wenn ihre Gäste von einem Stadtrundgang zurück seien, komme sie in Erklärungsnot, fand Wolf, dass etwas passieren muss. Gedacht, getan. Gemeinsam mit Hoteleigentümerin Seitz und Kyllburgs Stadtbürgermeister Wolfgang Krämer gründete der Düsseldorfer unter dem Namen "Kunst Kultur Kyllburg" eine Offensive gegen Ladenleerstand. Eine Offensive, die so erfolgreich war, dass Kyllburg gestern auf der Grünen Woche in Berlin mit einem Preis im bundesweiten Wettbewerb "Kerniges Dorf" ausgezeichnet wurde (siehe Extra). Kunst und Strickwaren

Denn mit Hilfe von Lesungen, Ausstellungen und Kunstaktionen, mit Hilfe ehrenamtlicher Helfer, die Plätze von Müll befreien, Schaufenster dekorieren und die Werbetrommel rühren, ist es der Initiative gelungen, die Altstadt wieder zu beleben. Inzwischen haben drei von elf leerstehenden Läden wieder Mieter. In einem davon bieten mehrere Dutzend heimischer Modeschöpfer und Kunsthandwerker ihre Produkte an. "Der Zuspruch ist riesig", sagt Wolf. In einem anderen gibt es nun handgefertigte Strickwaren, in einem weiteren ist ein Atelier untergebracht, wo auch Kurse angeboten werden. Und auch das größte Sorgenkind der Stadt - der Eifeler Hof - wurde verkauft und soll dieses Frühjahr wieder eröffnen. "Für eine Initiative, die gerade erst gestartet ist, ist das ein Riesenerfolg", finden Wolf und der glückliche Stadtbürgermeister. Darauf ausruhen wollen sich die Kyllburger allerdings nicht. Für 2014 gibt es viele neue Projekte. Vom 7. bis zum 9. Februar kommt die Ausstellung "Tatort Leere" nach Kyllburg, was die Stadt mit einem Neujahrsempfang verbindet. Im April soll es einen Poetry Slam geben, im Sommer eine Biografie-Werkstatt. Das Kinderkunstprojekt, das 2013 sehr gut ankam, soll wiederholt werden. Und auch ein Kunsthandwerkermarkt, weitere Ausstellungen und Lesungen sind geplant. Kurz: Kyllburg will sich in Sachen Kunst, Literatur und Kultur einen Namen machen - am liebsten über die Grenzen der Region Trier hinaus - und sein Zentrum so mit neuem Leben füllen. Krämer hofft, dass der bundesweit ausgeschriebene Preis dazu beiträgt. Die 2000 Euro Preisgeld sollen der finanziell klammen Stadt dabei helfen, diesem Ziel 2014 wieder ein Stück näher zu kommen. Meinung

Klasse so, Kyllburg!Über Jahre hinweg ist das idyllische Städtchen Kyllburg ausgeblutet. Hotels, Bäckereien und Pensionen schlossen, Geschäfte verwaisten, Wohnhäuser wurden verlassen - und die an sich so hübsche Innenstadt wirkte tot und leer. Eine lähmende Stille hatte sich breitgemacht. Wie soll man schon gegen den demografischen Wandel gewinnen? Viele andere hätten angesichts dieses aussichtslos wirkenden Kampfes wohl aufgegeben, ohne anzufangen. Die Kyllburger haben dies nicht getan. Sie haben sich dem Kampf gestellt. Mit guten Ideen, mit großem Engagement - und mit Erfolg. In die Innenstadt ist dank Kunst und Kultur wieder Leben eingezogen. Und dass der Eifeler Hof, der so lange leergestanden hat, dieses Jahr wieder öffnen wird, macht Hoffnung, dass auch in andere leere Gebäude wieder Leben einzieht. Den Kyllburgern herzlichen Glückwunsch für das Erreichte! Und viele Erfolge für neue spannende Zukunftsprojekte! k.hammermann@volksfreund.deExtra

Leerstehende Geschäfte und Wohnhäuser sind in vielen Dörfern die Folgen des demografischen Wandels. Deshalb prämiert das Bundeslandwirtschaftsministerium im Rahmen eines bundesweiten Wettbewerbs unter dem Motto "Kerniges Dorf: Ortsgestaltung durch Innenentwicklung" zukunftsweisende Ideen zur Dorfgestaltung. Diese sollen gemeinsam mit der Bevölkerung umgesetzt worden sein und Vorbildcharakter für ähnlich strukturierte Gemeinden haben. An dem Wettbewerb, den die Agrarsoziale Gesellschaft (ASG) in Göttingen organisiert hat, haben sich mehr als 100 Gemeinden aus dem gesamten Bundesgebiet beworben. Sechs davon wurden nun ausgezeichnet. Darunter Kyllburg als einzige Gemeinde aus Rheinland-Pfalz. mehi

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