Land der unbegrenzten Wartezeiten

BITBURG. (mws) Ein freiwilliges soziales Jahr in Bolivien hat Annette Jutz absolviert. Am Mittwoch, 3. Dezember, vermittelt die 21-Jährige mit einem Diavortrag im Bitburger Haus der Jugend ihre Eindrücke aus dem Land in den Anden.

"Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an Bolivien denke", sagt Annette Jutz (21): "Die Musik, die Freunde, das Spanisch, das Leid und die Freude, die Geschichten und Anekdoten - sie sind unvergesslich." Die Bitburgerin lebte und arbeitete im Programm "Soziale Friedensdienste im Ausland" (Sofia) des Bistums Trier 13 Monate lang in der bolivianischen Region Chuquisaca. Auf die Idee, an dem Projekt teilzunehmen, war sie durch die Begegnung mit einer Austauschschülerin aus Bolivien gekommen. Nach einem Spanisch-Intensivkurs in der Hauptstadt Sucre unterrichtete die gelernte Schneiderin in einem Landschulinternat in El Villar - 200 Kilometer südlich von Sucre - Englisch und Nähen. Sie leitete Sportgruppen und veranstaltete deutsch-bolivianische Kulturabende. Im Oktober 2002 rief die 21-Jährige einen Briefaustausch zwischen Schülern des Internats und dem Bitburger St.-Matthias-Schulzentrum ins Leben, der bis heute besteht: "Die Jugendlichen sollen hier durch persönliche Freunde mehr über die jeweils andere Kultur erfahren", erklärt Jutz, die die Briefe übersetzte. "Dazu haben wir im Internat zum Beispiel ein Video gedreht und es nach Deutschland geschickt - von dort kam dann eines zurück." Außer in El Villar arbeitete die Bitburgerin in einem Zentrum für junge Landfrauen (Sipas) im Dorf Pampa Wasi, wo Mädchen aus der Region Chuquisaca Schreiben, Lesen, Kochen, Nähen und Weben lernen. Die traditionellen, farbenfrohen Webarbeiten Boliviens haben Annette Jutz auch als Modedesignerin inspiriert. "Sie sind toll", sagt sie, "ich habe von dort auch einige Stoffe mitgebracht."Reiseeindrücke am 3. Dezember in Bitburg

Die Infrastruktur in dem Andenstaat ist abenteuerlich. Die dortigen Linienbusse, die so genannten Flottas, sind nicht sehr zuverlässig. Jutz erinnert sich: "Wenn man auf eine Flotta wartet, weiß man nie, ob es zehn Minuten oder zehn Stunden dauern wird, bis sie kommt." Wenn die alten Fahrzeuge dann unterwegs sind, besteht keine Garantie, dass sie am Zielort ankommen. "Oft bleiben sie unterwegs liegen und müssen repariert werden", erzählt die Bitburgerin. Doch die Bolivianer sehen solche Verzögerungen gelassen, da sie ganz anders mit der Zeit umgehen als Mitteleuropäer. Pünktlich sei dort niemand, berichtet sie. Wer sich mit jemandem verabrede, könne in der Regel einige Stunden Wartezeit einkalkulieren. Dieses etwas andere Zeitgefühl war das Erste, was der 21-Jährigen bei ihrer Rückkehr nach Deutschland auffiel: Am Flughafen seien die Menschen schon nach fünf Minuten am Gepäck-Laufband hektisch geworden, erinnert sie sich: "Gerade aus einem Land mit unbegrenzten Wartezeiten zurück gekommen, fand ich dieses Volk der unbegrenzten Pünktlichkeit einfach nur komisch." Annette Jutz' Diavortrag, in dem sie Eindrücke von ihrem Bolivien-Aufenthalt präsentiert, beginnt am Mittwoch, 3. Dezember, um 19.30 Uhr im Haus der Jugend in Bitburg. Infos zum freiwilligen sozialen Jahr in Südamerika im Internet: www.bistum-trier.de, www.el-nuevodia.com/index.html oder www.la-razon.com

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