Landarzt dringend gebraucht

Speicher · Mehrere Hausärzte in der Verbandsgemeinde (VG) Speicher werden in den kommenden Jahren ihre Praxen aufgeben. Um die medizinische Versorgung vor Ort dennoch zu sichern, sucht die Verwaltung schon jetzt nach Lösungen. Auf mehr finanzielle Unterstützung durch das Land kann sie dabei nicht unbedingt hoffen.

Speicher. Es ist ein bundesweiter Trend, den die Verbandsgemeinde Speicher da gerade zu spüren bekommt. Immer mehr Ärzte geben aus Altersgründen ihre Praxen auf, Nachfolger sind nicht in Sicht. Ein Problem vor allem auf dem Land, denn den medizinischen Nachwuchs zieht es oft eher in die Ballungsräume.Noch ist die Versorgung gut


"Oberflächlich betrachtet", sagt Manfred Rodens, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Speicher, "sind wir noch gut aufgestellt." Fünf Hausärzte gebe es für 8600 Einwohner, dazu einen Gynäkologen und einen Augenarzt. Langfristig aber, glaubt Rodens, kann das Versorgungsniveau nicht gehalten werden. Zwei der fünf Hausärzte seien bereits über 60, auch der Rest eher schon reiferen Alters. Wer die Praxis übernimmt, wenn sie selbst in Rente gehen, steht bei keinem der Ärzte fest.
Hinzu kommt der demografische Wandel, auch in der VG werde es künftig immer mehr alte und chronisch kranke Menschen geben. Wie prekär die Lage dann werden kann, habe schon der Sommer 2014 gezeigt. Ein Arzt hatte damals wegen eines Sabbat-Jahres seine Praxis geschlossen, zwei weitere Praxen machten im Sommer Urlaub. "Also waren nur noch zwei Hausarztpraxen geöffnet, das haben wir hier gespürt", erzählt Rodens.
Grund genug für die Verbandsgemeinde, sich des Problems anzunehmen. So hat sie schon im März 2015 den Arbeitskreis Ärztliche Versorgung gegründet. Und nimmt jetzt an den lokalen Zukunftswerkstätten teil, die das rheinland-pfälzische Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie ausgeschrieben hat. Das Angebot soll es den Kommunen ermöglichen, gemeinsam mit Ärzten, Krankenkassen oder Altenpflegeeinrichtungen neue Konzepte für die medizinische Versorgung zu erarbeiten. "Es gibt zunehmenden Handlungsdruck", sagt David Langner, Staatssekretär im Ministerium für Arbeit, Soziales und Gesundheit. 20 solcher Werkstätten gibt es in Rheinland-Pfalz bislang. In einer Region sei es dadurch gelungen, einen neuen Arzt zu finden, erzählt Langner. In einer anderen Kommune habe sich ein ortsansässiges Unternehmen bereit erklärt, die Suche nach Ärzten zu unterstützen. Bürgermeister Rodens hofft, dass die Zukunftswerkstatt praktikable Lösungen bringt. "Das sollen keine Spinnereien sein, sondern Dinge, die hier vor Ort umsetzbar sind."
Bislang setzt die Verbandsgemeinde vor allem auf den persönlichen Kontakt. Man stehe in Gesprächen mit den Kindern der ansässigen Ärzte, sofern sie selbst Medizin studieren oder studiert haben. "Außerdem haben wir mal geschaut, wer aus der VG sonst noch so Medizin studiert, und die Leute gezielt angesprochen", erzählt Rodens. Zusagen, nach dem Studium tatsächlich auch in der VG zu praktizieren, gibt es bislang aber nicht. "Da müssen wir dran bleiben."
Unklar ist bislang, wie man die Ärzte von einer Praxis in Speicher überzeugen kann. Zwar finanziert das Land die Zukunftswerkstätten mit Geld aus dem Programm "Gesundheit und Pflege 2020". Auf andere finanzielle Hilfen kann die Verbandsgemeinde aber wohl nicht hoffen. "Mehr Geld wird es erst einmal nicht geben", sagt Langner.
Auch die Zuschüsse, die das Land bislang schon für die Eröffnung neuer Praxen zahlt, könnten irgendwann eingestellt werden. Bis zu 15 000 Euro zahlt das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung bisher an Ärzte, die in ländlichen Regionen eine Praxis eröffnen oder übernehmen. "Da sich aber auch die Kassenärztliche Vereinigung in diesem Feld mittlerweile engagiert, könnte sich das Land aus dieser Förderung rausziehen", so der Staatssekretär.
Wie die VG trotzdem attraktiver für Ärzte werden kann, wird also Thema der beiden Zukunftswerkstätten sein. Der erste Termin fand bereits statt, ein weiteres Treffen ist noch nicht terminiert.Meinung

Genug geredet
Das Problem ist nicht neu; seit Jahren haben ländliche Kommunen am Ärztemangel zu knabbern. Die vermeintliche Lösung ist auch bekannt: Ein runder Tisch, hier modern als Zukunftswerkstatt bezeichnet, soll es richten. Wieder einmal wird über Monate hinweg diskutiert. Das allein macht noch nichts besser und lockt keinen Arzt aus der Großstadt heraus. Stattdessen müssen endlich Argumente her, warum die Landarztpraxis sich lohnt. Weil es steuerliche Vergünstigungen gibt oder die Kommune Räume zur Verfügung stellt. Genug geredet, es ist Zeit zum Handeln! l.bergmann@volksfreund.de

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