Landwirtschaft an der Grenze zu Luxemburg: Die Schlacht ums Feld

Gemünd an der Our · Die Konkurrenz zwischen Eifeler und Luxemburger Bauern verschärft sich. Das findet auch Agrar-Experte Alfred Lorenz. Trotzdem glaubt er: Die offenen Grenzen haben auch Vorteile für einheimische Landwirte.

Nicht mal zwei Minuten zu Fuß braucht Albert Schares bis nach Luxemburg. Er wohnt im 30-Seelen-Ort Gemünd, direkt an der Grenzbrücke über die Our. Schon seit jeher lebt die Familie hier. Der Großvater und der Vater waren Bauern - wie Schares.

Bis der 57-Jährige vor zwölf Jahren mit der Familientradition brach. Heute handelt er mit Schrott. Der Grund: Die Landwirtschaft an der Grenze lohne sich nicht mehr. Die Konkurrenz aus Luxemburg mache es unmöglich, mit Viehzucht und Ackerbau den Lebensunterhalt zu bestreiten. "Ich habe immer noch ein paar Rinder, ein paar Hühner", sagt er, "aber davon leben? Klappt nicht! "
Alfred Lorenz kennt solche Fälle. Der Agrar-Experte des Dienstleistungszentrums Ländlicher Raum Eifel (DLR) berät Bauern in Fragen der Tierhaltung, des Ackerbaus und der Landentwicklung. Lorenz sieht die Nachteile, die die Bauern durch die Grenze haben. Er weiß aber auch um die Vorteile, die der Agrarsektor durch die Nähe zu Luxemburg genießt.
Haben es die Bauern in Orten wie Gemünd an der Our schwer?Lorenz: Ja, auf jeden Fall - und nicht nur in Gemünd. Den Konkurrenzdruck spürt man auch in Orten, die zehn Kilometer von der Grenze entfernt liegen. Luxemburgische Landwirte machen zunehmend Druck auf dem Grundstücksmarkt. Aber auch bei Dienstleistungen herrscht Wettbewerb. Bauern aus dem Großherzogtum können beispielsweise Bestellungs- und Erntearbeiten günstiger anbieten.
Woran liegt das? Unser Bauer aus Gemünd beschwert sich vor allem darüber, dass die Luxemburger Landwirte mehr Förderung bekämen …Lorenz: Ja, es gibt dort andere Fördersätze als bei uns und zum Teil auch höhere Flächenprämien (Siehe Info). Die Luxemburger subventionieren auch die Anschaffungen bestimmter Maschinen. Wegen der staatlichen Förderung einer Spezialmaschine, zum Beispiel eines Güllefasses oder eines Maishäcksler kann der Bauer aus dem Großherzogtum die Dienstleistungen dann auch billiger anbieten. Zudem sind die Dieselkosten bekanntermaßen günstiger. Aber das Hauptproblem, das die Bauern in der Grenzregion haben, ist ein anderes.
Und das wäre?Lorenz: Luxemburger allgemein, aber auch luxemburgische Landwirte verdienen einfach mehr. Sie haben ein deutlich höheres Prokopfeinkommen als Deutsche und haben dadurch auch mehr Geld zur Verfügung. Da das Geld für viele Anlagen wenig Rendite bringt, steckt man es gerne in langfristige Investitionsgüter, zum Beispiel in Grund und Boden. Und das zurzeit sehr gerne im Nachbarland.
Die Luxemburger kaufen den Deutschen also das Land weg?Lorenz: Ganz so extrem ist es nicht. Die kaufen und pachten natürlich nur Flächen, die für sie auch attraktiv sind - nicht jedes Feld in jedem x-beliebigen Dorf. Aber die Konkurrenz auf dem Grundstücksmarkt hat sich in den vergangenen fünf Jahren doch deutlich verschärft. Luxemburg ist ein kleines Land. Vor allem die finanzstarken Betriebe wollen sich ausdehnen. Dafür ist fast nur noch über der Grenze Platz.
Was kann man dagegen tun? Ist hier der Gesetzgeber gefragt?Lorenz: Eigentlich schon. Man könnte zum Beispiel das Grund-stücksverkehrsgesetz ändern. Das sieht im Moment nur vor, dass landwirtschaftliche Flächen vorrangig an Bauern vergeben werden - aber nicht, dass die Bauern aus der Region kommen müssen. Eine Änderung des Gesetzes ist in Berlin aber nicht gewollt.
Warum nicht?Lorenz: Man will das lieber dem freien Markt überlassen. Und das ist ja auch nicht die schlechteste Lösung. Es geht ja um privates Eigentum. Und das hat im Grundgesetz einen hohen Stellenwert. Grundsätzlich profitieren wir in der Region Trier ja von den offenen Grenzen in der Großregion - ganz besonders von den Luxemburgern.
Inwiefern?Lorenz: Viele deutsche Landwirte finden Jobs hinter der Grenze. Und die sind besser bezahlt als bei uns. Aber heißt das nicht auch, dass es für einheimische Höfe schwieriger wird, Arbeitskräfte zu finden?Lorenz: Richtig. Arbeitgeber, öffentliche und private, haben dadurch Nachteile. Für die Arbeitnehmer im Agrarbereich ist die Grenznähe aber von Vorteil. Insgesamt wiegen die Vorteile, die wir Landwirte durch die offenen Grenzen in der Region haben, deutlich stärker als die Nachteile. GLOSSAR
Experten wie Alfred Lorenz neigen dazu, Fachbegriffe zu verwenden. Hier werden einige Begriffe aus dem Interview erklärt:
Flächenprämie: Bauern bekommen vom Staat je Hektar Bewirtschaftungsfläche Zuschüsse. Diese Prämie ist in Luxemburg höher.
Rendite: Jeder der investiert, will nach einer Weile mehr Geld herausbekommen, als er reingesteckt hat. Wer Geld auf einem Bankkonto anlegt, bekommt in der Regel Zinsen. Diese Zinsen sind dann seine Rendite. Schlecht für Sparer: Aktuell sind die Zinsen sehr niedrig.
Langfristige Investitionsgüter: Weil die Zinsen niedrig sind, legen viele ihr Geld in langfristige Investitionsgüter an. Das heißt: in Anlagen, die sich erst auf lange Sicht rechnen. Ein Beispiel: Eine Firma kauft ein Grundstück. Das kostet erst mal Geld. Lohnt sich aber langfristig, weil die Fläche bewirtschaftet werden kann.

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