Leerfahrt wider Willen - Neue Busverbindung in Bitburg gestartet

Bitburg · Ein bislang schwarzer Fleck auf der Karte der Busanbieter hat mit der Linie 443 Farbe bekommen. Volker Herrmann hat uns bei seiner ersten Fahrt der neuen Bitburger Verbindung vom ZOB bis zur Haltestelle Remondis mitgenommen.

 Busfahrer Volker Herrmann schaut sich neue Buslinien vorher auf Google Maps an. Ein Navi brauche er selbst, privat, in fremden Städten selten. Bleibt der Andrang so gering wie hier (unteres Bild), wird die Linie 443 kein lohnendes Geschäft für die Moselbahn Vertriebsgesellschaft. TV-Fotos(2): Nicolaj Meyer

Busfahrer Volker Herrmann schaut sich neue Buslinien vorher auf Google Maps an. Ein Navi brauche er selbst, privat, in fremden Städten selten. Bleibt der Andrang so gering wie hier (unteres Bild), wird die Linie 443 kein lohnendes Geschäft für die Moselbahn Vertriebsgesellschaft. TV-Fotos(2): Nicolaj Meyer

Foto: (e_bit )

Es regnet unaufhörlich am Dienstagmorgen. Einen Unterstellplatz für Fahrgäste gibt es an der Haltestelle "Stadthalle" nicht. Tropfen fallen von der Kapuze und zerplatzen auf den nassen Schuhen. Ferien, Urlaubszeit und mieses Wetter. Das sind die Vor aussetzungen für die TV-Testfahrt mit der Stadtbuslinie 443 (siehe Info), die gestern erstmals den Flugplatz mit der Innenstadt verbunden hat.

Glücklicherweise pünktlich um 9.31 Uhr hält Busfahrer Volker Herrmann (53) erstmals auf der neuen Route und empfängt den TV-Reporter - als einzigen Fahrgast. Seit 6.10 Uhr sitzt Herrmann hinterm Steuer, war auf einer anderen Route schon unterwegs bis Luxemburg und zurück. Angesichts der ausnahmslos leeren Sitze: Hat er lieber einen vollen Bus? "Solange ich genug Kleingeld zum Wechseln dabeihabe, können so viele kommen, wie sie möchten."

Bei der vierten Haltestelle, "Kreisverwaltung", fährt er rechts ran für eine potenzielle Mitfahrerin, erkennt aber sofort: "Die fährt hier eh nicht mit, die will nach Irrel." Während sie schon einsteigen möchte, erklärt er ihr höflich, dass die 443 die neue Linie zum Bitburger Flugplatz sei und ihr Bus ein wenig später komme. Das neue Angebot müsse sich erst einspielen, sagt der Dudeldorfer, der bis vor neun Jahren noch Torten als Konditor gestaltet hat. Dass er die runden Zuckerwaren gegen das Lederlenkrad beim Unternehmen Moselbahn getauscht hat, bereue er nicht. Schließlich verdiene er nun besser und fahre sehr gerne. Es bliebe ihm auch nichts anderes übrig: "Arthrose und Bandscheibenvorfälle machen die Rückkehr schwer". Bei einem anderen regionalen Busunternehmen habe er mehr Gartenarbeit und Hausmeistertätigkeiten ausgeübt, als eigentlich Bus zu fahren.

Auch wegen dieser negativen Erfahrung ist er jetzt so zufrieden. Die Haltestellen "Mötsch, Wasserturm" und "Dieselstraße" lassen wir rechts liegen - und kommen etwas später bei der Endhaltestelle "Remondis" an. Das sind 16 Haltestellen, heute alle ohne Fahrgast. Ist es denkbar, dass die Linie 443 wieder abgestellt wird, wenn sie kaum genutzt wird? So wie der Bitburger Stadtexpress, der 2004 nach vier Jahren mangels Fahrgästen die Fahrten einstellte? Antwort gibt der Leiter der Moselbahn-Dienststelle Karl-Heinz Schlexer (64): "Der Bedarf scheint da zu sein, gerade wegen der französischen Kaserne." Dort entstehen Gewerbegebiet, eine Kita und Wohnraum. Bis mindestens in zwei Jahren bleibe die 443. Dann gibt es eine neue Linienvergabe des Landesbetriebs für Mobilität Rheinland-Pfalz. Das heißt, der LBM müsste die Linie 2019 erneut genehmigen. Zahlen zur Frequentierung der Linie könne er erst in einigen Tagen rausgeben, sagt Schlexer, dessen Dienstlstelle derzeit fast so einsam wie das Businnere ist. Denn nur ein Drittel der Belegschaft ist aufgrund der Ferienzeit da.

Auch Herrmanns Fahrten sind derzeit ruhig. Dazu fällt ihm ein: "Egal was man über die Asylanten sagt, alles verläuft mit ihnen immer sachlich und gut". Besondere Vorkommnisse? Einmal habe er an der Buszentrale plötzlich zwei sich reckende Köpfe in der hinteren Sitzreihe entdeckt. Die entpuppten sich als Häupter zweier eingeschlafener Grundschülerinnen. Die habe man dann mit dem Auto zu ihren Eltern heimgebracht.
Es geht wieder Richtung Innenstadt. Zwischen all dem Geplausch hält Hermann und lenkt um. "Ich muss umdenken, wegen der neuen Linie", erklärt er.

Warum fährt er gerne Bus? Man lerne viele Leute kennen, und er möge die Gespräche unterwegs. Nur die lange Arbeitszeit störe ihn. Immerhin zehn bis zwölf Stunden sind das üblicherweise inklusive einer längeren Mittagspause. Wenn die Ferienzeit rum ist, ist Herrmanns ruhige Zeit auch vorbei. Rund 600 Schüler wimmeln dann am Zentralen Omnisbusbahnhof. "Wenn dir das Trommelfell vom Schüler-Geschrei wegfliegt, und du musst noch sieben Stunden fahren...", sagt Herrmann in Gedanken an die vielen Grundschüler. Gegen 10.15 Uhr kommen wir am ZOB an, Herrmann hat jetzt Pause, legt sich erstmal hin. Dann geht er immer gern mit seinem Hund spazieren - auch bei Regen.Extra: DIE LINIE 443

Leerfahrt wider Willen - Neue Busverbindung in Bitburg gestartet
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Die Linie 443 pendelt von montags bis freitags in der Zeit zwischen 6 und 19.30 Uhr stündlich vom ZOB zum Flugplatz. Vom Flugplatz zurück geht es ab 6.40 Uhr bis 18.30 Uhr - ´zehn Mal am Tag. Auch samstags pendelt der Bus fünfmal hin und zurück. Im Stadtgebiet kostet eine Fahrt 2 Euro; vom ZOB bis zum Flugplatz 2,80 Euro. Die 16 Haltestellen: Zentraler Omnibusbahnhof (ZOB), Stadthalle, Karenweg, Kreisverwaltung, Mötscher Straße, Alte Kaserne, Wasserturm, Housing, Dieselstraße, Ecke Daimler Straße, Dornier-Straße, Am Tower, Werner-Siemens-Straße, Hans-Bongers-Straße, Alte Röhler Straße und die letzte Haltestelle der Linie 443 beim Unternehmen Remondis auf dem Flugplatz.

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