Leitstelle Trier will ab Frühjahr digital funken

Bernkastel-Wittlich/Bitburg-Prüm · Polizisten funken digital, Rettungsdienste und die Trierer Leitstelle arbeiten analog, und die Feuerwehren nutzen beide Techniken. Ab dem zweiten Quartal 2016 will die Leitstelle den Digitalfunk testen. Verläuft der Versuch erfolgreich, könnten noch in diesem Jahr alle Organisationen auf die neue Technik umstellen. Probleme mit Funklöchern sollen damit der Vergangenheit angehören. Auch Zusatzinformationen können übertragen werden.

Bernkastel-Wittlich/Bitburg-Prüm. Wie ist der derzeitige Stand beim Thema Digitalfunk in der Region? Laut Mitteilung der Zentralstelle für Polizeitechnik in Mainz scheint alles bestens zu funktionieren: Darin hatte es geheißen, sämtliche Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS), dazu gehören Polizei, Feuerwehren und Rettungsdienste, funken mit der neuen Technik (der TV berichtete).Analoge Funkgeräte noch nötig


Doch die Realität sieht anders aus, sagt der Morbacher Wehrleiter Marco Knöppel. Nach seiner Kenntnis seien die Integrierten Leitstellen im Land, bei denen die Zusammenarbeit der Rettungsdienste koordiniert wird, noch gar nicht an das digitale Funknetz angebunden.
Rettungsdienste nutzten den Digitalfunk nur ganz beschränkt und die Feuerwehren nur für die interne Kommunikation. Deshalb müsse man in neue Feuerwehrfahrzeuge immer noch analoge Funkgeräte für den Kontakt mit der Leitstelle einbauen. Knöppel: "Man verspricht uns zwar seit der Fußball-WM 2006, dass der Digitalfunk in Rheinland-Pfalz funktioniert, aber bis heute müssen wir immer noch zweigleisig fahren." Jörg Teusch, Kreisfeuerwehrinspekteur im Kreis Bernkastel-Wittlich, bestätigt das. "Das Netz steht zwar, und wir können untereinander funken, haben aber keine Anbindung zur Leitstelle in Trier."
Die Geräte bei den Feuerwehren seien gekauft, könnten aber nur zur internen Kommunikation genutzt werden. Der Digitalfunk sei "eine Never-Ending- Story, die vor sich herdümpelt", sagt Teusch. Sein Kollege Jürgen Larisch, Kreisfeuerwehrinspekteur im Kreis Bitburg-Prüm, bezeichnet die Situation als "nicht befriedigend": "Wir können im Digitalfunknetz nicht so kommunizieren, wie wir uns das vorstellen", sagt er. Allerdings seien auch noch nicht alle Fahrzeuge der 217 Wehren im Kreis Bitburg-Prüm umgerüstet.
Ein großes Problem, den Digitalfunk umzusetzen, seien die Computerkenntnisse, die von den ehrenamtlich tätigen Feuerwehrleuten benötigt würden. Das Aufspielen von Updates sei sehr arbeitsintensiv. Larisch: "Die Polizei hat hauptamtliche IT-Leute und die dafür nötige Zeit."
"Der Digitalfunk steht in Rheinland-Pfalz seit 2013 flächendeckend zur Verfügung", sagt Marco Pecht, Pressesprecher des zuständigen Innenministeriums. Die praktische Umstellung obliege jetzt den einzelnen Behörden und Organisationen. Die Polizei funke bereits seit zwei Jahren komplett digital, sagt er. Alle Leitstellen des Landes seien in der Lage, an der Sprachkommunikation des Digitalfunks teilzunehmen.Viele Absprachen nötig


Doch warum arbeiten die Rettungsdienste und die Leitstelle ausschließlich analog? Grund seien die erforderlichen Statusmeldungen, die bisher digital noch nicht möglich sind, sagt Elisabeth Geurts, Leiterin Kommunikation und Verbandsentwicklung beim Deutschen Roten Kreuz in Mainz.
Mit diesen Statusmeldungen geben die einzelnen Fahrzeuge der Rettungsdienste anhand von Codezahlen durch, ob sie beispielsweise unterwegs sind zu einer Unfallstelle, einen Kranken transportieren oder frei sind.
"Wir bearbeiten täglich etwa 450 Einsätze mit etwa 4000 Statusmeldungen", sagt Rudolf Schönhofen, Abteilungsleiter Technik bei der Rettungsleitstelle in Trier. "Ohne die Statusdatenübertragung ist ein Management der mobilen Rettungsmittel über die Leitstelle undenkbar", bestätigt Geurts. Sobald diese Daten digital übertragen werden, könne das DRK seine Fahrzeuge auf Digitalfunk umrüsten, sagt sie. Und dies könnte jetzt doch schnell gehen. Pecht vom Innenministerium sagt, dass für das Detail Statusabfragen bereits eine technische Lösung bereitgestellt worden sei.
Im zweiten Quartal 2016 soll die Einsatzleit-Software bei den Integrierten Leitstellen aufgespielt werden. "Wenn ein Testlauf funktioniert, stellen wir komplett um", sagt Schönhofen. Zahlreiche Leistungsmerkmale müssten dabei berücksichtigt werden, sehr viele Absprachen seien nötig. Schönhofen: "Die Einführung des Digitalfunks ist eine große Herausforderung."Extra

Digitalfunk bringt laut Markus Moog, Leiter der Abteilung Autorisierte Stelle, BOS-Digitalfunk der Zentralstelle für Polizeitechnik, wesentliche Vorteile im Vergleich zum Analogfunk. BOS steht für Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben. Besondere Leistungsmerkmale des Digitalfunks sind unter anderem ein gemeinsames Netz für alle BOS, die hohe Verfügbarkeit, die Abhörsicherheit, die verbesserte Übertragungsqualität, die Möglichkeit zur Datenübertragung sowie die Einzel- und Gruppenkommunikation. Digitalfunk sei nicht nur ein Sprechfunksystem, sondern ermöglicht auch zahlreiche Zusatzdienste der Datenübertragung, wie den Notruf oder die GPS-basierte Ortung der Endgeräte. Diese Dienste werden derzeit in Land und Bund entwickelt und getestet. cstExtra

Die Idee, dass Sicherheitsbehörden in Europa digitale Funktechnik nutzen, ist über 20 Jahre alt und geht auf das Schengener Abkommen zurück, sagt Markus Moog, Leiter der Abteilung Autorisierte Stelle, BOS-Digitalfunk. Die Entwicklung, und die Inbetriebnahme der neuen Funktechnik verzögerten sich allerdings mehrmals. Zunächst war die Verfügbarkeit des Digitalfunks für die Fifa-Fußball-WM 2006 angekündigt, der nächste Termin lag schon im Jahr 2010, der allerdings auf 2012 verschoben wurde. Bis heute ist der Netzaufbau bundesweit noch nicht vollständig abgeschlossen. Als Gründe für die Verzögerungen gelten der komplexe Abstimmungsbedarf zwischen allen Beteiligten und die Bereitstellung der benötigten finanziellen Mittel. cst Quelle: Autorisierte Stelle Digitalfunk BOS, 2016.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort