Lohn für Lampenfieber

NEUERBURG. Große Ehre für die Arbeitsgemeinschaft "Drehbuch" des Staatlichen Eifel-Gymnasiums Neuerburg: der "Junior Award". Ihr Drehbuch "Der Junge mit den flinken Fingern" wurde als bestes von 44 ausgezeichnet. Preis: die Verfilmung mit professioneller Unterstützung.

"Bei dem Satz ,Bring noch ein Bier mit‘ kam ich mir echt doof vor", erinnert sich Cathrin Mayer an die Dreharbeiten. Sie spielt ein Mitglied einer rassistischen Schülergruppe, die einen osteuropäischen Mitschüler (gespielt von Jakob Prawda) zu Diebstählen zwingt. Erst als der unter Druck gesetzte Jugendliche sich einem Mädchen (Kristina Fallis) anvertraut, kommt alles ans Tageslicht.Die AG "Drehbuch" heimst Lob von höchster Stelle für ihre Arbeit ein. Kultusministerin Doris Ahnen ist beeindruckt von der Ernsthaftigkeit und dem Gefühl, mit dem die brisanten Themen Gewalt unter Jugendlichen, Rassismus und Zivilcourage umgesetzt wurden. Sie hält die Dokumentation für einsetzbar im Schulunterricht. Auch Autor Ralf Kramp, der den Beginn der offenen Geschichte lieferte, die dann von den Schülern zu Ende geschrieben werden musste, ist hin und weg: "Das Ergebnis hat mich aus den Socken gehauen. Die Professionalität ist einfach faszinierend." Fast drei Monate lang hatten die sieben Schüler der AG gemeinsam mit Projektleiter Oberstudienrat Wilfried Wolf an dem Stück geschrieben. Eigens dafür hatten sie ein anderes Drehbuch gekippt.Drehen mit Film- und Fernsehprofis

Nachdem die Neuerburger das Rennen gemacht hatten, standen für sie als Sieger die Dreharbeiten an. Dafür erhielten sie optimale Unterstützung von Manfred Schwabe und Malte Lanzberger (Coachs der RTL-Serie "Unter uns"), Stefan Bockelmann (Schauspieler) und Günter Bertram (LPR Offene Kanäle, Landesmedienanstalt). Die Schüler haben selbst gedreht und geschauspielert. Den Schnitt übernahm ein Profi und die Musik schrieb und produzierte Heiner Schmitz.Film-Profi Schwabe bescheinigt den Neuerburger Schülern ein "rasches Zusammenwachsen und permanente Leistungssteigerung" während der fünf Drehtage. Cathrin Mayer bestätigt: "Anfangs hatte ich irre Lampenfieber, hinterher ging's." Obwohl es ihr Spaß gemacht hat, hat es ihr nicht den Kick für eine Schauspielerkarriere gegeben. Ebenso Natalia Harin: "In einer Gruppe würde ich es wieder machen, aber nicht alleine." Julia Schäfer hat sich die Arbeit am Set nicht so stressig vorgestellt. Britta Heiles meint sogar: "Schule ist nicht so anstrengend." Manchmal wurde bis nachts um ein Uhr gedreht. Hauptdarsteller Jakob Prawda kann ein Lied davon singen: "Beim Satz ,Du hast ja keine Ahnung‘ habe ich mich fünf Mal verhaspelt, bis es klappte."Hauptdarstellerin Kristina Fallis hatte Probleme beim Dreh vor einem Fotogeschäft: "Um den besten Standort zu markieren, hatten wir einen Punkt auf den Bürgersteig geklebt, aber weil ich immer wieder nach unten auf den Punkt guckte, musste der Dreh mehrmals abgebrochen werden." Raphaela Lutgen und Cathrin Mayer trafen im Fotogeschäft auf ungeahnte Schwierigkeiten: "Wir brauchten ewig, um den Stecker unterzubringen. Letztendlich hat es nur mit Gewalt geklappt." Ganz ohne Gewalt stieg Schauspieler-Profi Stefan Bockelmann in den Dreh ein - als Polizist. Er meint rückblickend: "Ein Riesenkompliment an die Truppe. Alle waren super motiviert. Ich wäre gerne die ganze Woche geblieben." Nach einem Tag verließ der "Unter-Uns-Star" die Neuerburger Schülerriege wieder."Im normalen Schulalltag nicht zu wiederholen"

Medienexperte Bertram resümiert: "Dieses außergewöhnliche Projekt ist im normalen Schulalltag nicht wiederholbar. Allerdings können auch kleinere Sachen mit gleicher Wirkung umgesetzt werden." Keine Trophäe, sondern eine Urkunde erhielt die AG "Drehbuch" für ihren Sieg. Noch hängt sie im Lehrerzimmer. Allerdings verspricht Lehrer Wolf: "Demnächst bekommt sie im Atrium einen Ehrenplatz."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort