Lügen haben kurze Beine

BITBURG. Zu einem Jahr und zwei Monaten auf Bewährung sowie 300 Stunden Sozialarbeit hat das Amtsgericht Bitburg gestern eine Frau aus Gladbeck verurteilt. Die 35-Jährige hatte in den Jahren 2000 und 2001 in Wolsfeld mindestens acht Hunde mit gefälschten Papieren als reinrassige Yorkshire-Terrier verkauft.

"Das dauert nicht lange", sagt der Vorsitzende Richter Werner von Schichau. "Wenn alle da sind, dauert das bei uns nie lange." Dann bittet er die acht Zeugen, den Saal wieder zu verlassen. "Ich bringe jetzt etwas Beschleunigung in die Sache", erklärt der Richter, und startet den zweiten Anlauf. Eigentlich soll die Verhandlung an diesem Mittwoch bereits um 9 Uhr anfangen, doch daraus wird nichts, weil die Angeklagte fehlt. Sie habe den Zug verpasst, teilt sie telefonisch mit. Knapp zweieinhalb Stunden später ist die Frau aus Gladbeck (Nordrhein-Westfalen) dann da, um sich vor dem Amtsgericht Bitburg für Betrug in mehreren Fällen zu verantworten. Große Namen und nichts dahinter

So hat sich die heute 35-Jährige, die in den Jahren 2000 und 2001 in Wolsfeld lebte, als Hundezüchterin ausgegeben und in diesem Zeitraum Mischlings-Welpen als reinrassige Yorkshire-Terrier verkauft. Mit Stammbaum, Ahnentafel und großen Namen. "Amigo von Eifelblick", "Flocki von Eifelblick" oder aber "Nicolai von Eifelblick" sind einige Namen der insgesamt acht Hunde, um die es an diesem Verhandlungstag geht. Zwischen umgerechnet knapp 450 und 650 Euro hat die bereits mehrfach vorbestrafte Angeklagte von ihren Käufern abkassiert und ihnen im Gegenzug dafür Hunde verkauft, von denen einige in der Zwischenzeit bereits verstorben sind oder aber später erkrankten und hinkten. Zudem liegen Gutachten vor, wonach keines der Tiere reinrassig ist. Doch sind die acht falschen Terrier, um die es in Bitburg geht, nur ein kleiner Teil des krummen, vierbeinigen Geschäfts der arbeitslosen Frau aus Gladbeck. Insgesamt seien 129 Kaufverträge gefunden worden, erklärt der Richter und fängt dann an zu rechnen, indem er sämtliche Einnahmen aus dem Hundeverkauf hochrechnet und die Sozialhilfe für diesen Zeitraum dazuzählt. "Da haben sie in zwei Jahren 200 000 Mark verdient", sagt von Schichau. "Haben Sie so viel Geld nötig gehabt?", fragt er. "Ja, durch Schulden", stammelt die Frau und gesteht alles, was der Staatsanwalt ein halbe Stunde zuvor aus der Anklageschrift vorgetragen hat. Wenig später - die Zeugen, auf deren Aussage verzichtet wird, sind wieder im Gerichtssaal - muss der Vorsitzende Richter erneut rechnen. Denn bei der Angeklagten, die 2003 aus der Eifel weggezogen ist, hat sich in den vergangenen knapp sechs Jahren einiges an Bewährungs- und Geldstrafen angehäuft. Doch mit Rechenkünsten allein ist hier nicht getan, da sich nicht klären lässt, welche der älteren Strafen möglicherweise bereits erlassen sind. Deshalb verzichtet das Gericht auf die so genannte Gesamtstrafenbildung, also die Verhängung eines Urteils unter Einbezug der noch nicht vollstreckten Strafen und bezieht sich nach knapp einer Stunde Verhandlung bei der Urteilsverkündung nur auf das aktuelle Verfahren. Für eine Strafe von einem Jahr und zwei Monaten auf Bewährung, 300 Stunden Sozialarbeit sowie drei Jahren Bewährungszeit entscheidet sich das Gericht und folgt damit im Wesentlichen der Auffassung des Staatsanwalts. Der Verteidiger der Angeklagten hingegen hatte auf maximal ein Jahr auf Bewährung plädiert. Schließlich seien die einzelnen Fälle zum Teil schon über sechs Jahre her, also nahe der Verjährungsfrist, wohingegen die Anklage selbst erst im August 2006 erhoben worden sei. Dem stimmt zwar auch von Schichau in seiner Urteilsverkündung zu. Allerdings sei "das Besondere an dem Fall nicht der Betrug selbst, sondern der Handel mit Hunden, ohne davon auch nur die geringste Ahnung zu haben", begründet der Richter. "Hier wurde rücksichtslos unter Einsatz von Hunden eine Zucht aufgemacht", sagt er, und damit die Angeklagte lerne, wie man mit Tieren umzugehen habe, "macht sie ihre 300 Stunden Sozialarbeit im Tierheim".

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