Matzener Aktionstag: Große Helfer, kleine Helfer, seltsame Funde

Bitburg-Matzen · Einmal im Jahr wird aufgeräumt: Die Aktion „Saubere Landschaft“ gibt es seit 1976 im Eifelkreis Bitburg-Prüm. Im vergangenen Jahr haben fast zwei Drittel der Gemeinden mitgemacht. Der TV war jetzt in Bitburg-Matzen dabei: Dort hat man das Projekt um ein paar Aufgaben erweitert.

Gut, wenn man einen Fuchs zum Gemeindechef hat. Einen, der es hinkriegt, dass sich fast das halbe Dorf an einer Mission beteiligt, bei der es auf den ersten Blick nur darum geht: bücken, Dreck aufheben, wieder bücken. Aber im Bitburger Stadtteil Matzen ist das irgendwie: Ehrensache.

Und er ist der Erste an dem Ort, der später mal eben kurz zur Müllsammelstelle mutiert - dem Gemeinschaftshaus: Ortsvorsteher Hermann Josef Fuchs fährt den Traktor vor, steigt ab, lässt den Motor laufen. Die Batterie muss heute halten - für den "Matzener Aktionstag". So heißt jedenfalls die Aktion "Saubere Landschaft" in dem 400-Einwohner-Ort. Fuchs hat das Müllsammeln nämlich um ein paar Aufgaben erweitert. Wieso auch nicht: "Ich hab ja Leute ohne Ende." Zwischen 40 bis 60 Helfer kamen bislang immer - heute werden es 65. Ein Rekord.

Die Helfer kommen gern und sind gern gesehen: Eine Außenleuchte am Jugendraum sitzt nicht richtig, im Gemeindehaus muss der Deckel der Behindertentoilette nachgeschraubt und am Zaun beim Bolzplatz sollen Klammern befestigt werden - alles Dinge, die eine Kommune Geld kosten. Aber Fuchs hat Menschen um sich, die freiwillig anpacken. "Das funktioniert aufgrund der dörflichen Struktur, und da legen wir auch Wert drauf", sagt er.

Der nächste Traktor rollt auf den Platz vorm Gemeinschaftshaus. Und der nächste. Und während die ersten Müllsäcke herbeigeschafft und die Abfallzangen ausgepackt werden, verteilt Fuchs die Routen. Der Plan, den er in der Hand hält, hat sich bewährt: Er organisiert die Aktion heute zum sechsten Mal. Seine Leute schickt er in mehreren Gruppen los - zu Fuß, im Auto oder eben auf dem Traktor: Kinder mit ihren Müttern, Feuerwehrmänner aus dem Dorf, Jäger, Leute vom Ortsbeirat. Der Kleingartenverein macht mit - und die Irscher: "Die sind schon unterwegs."

Mit 82 Jahren ist Ernst Fischer der Älteste unter den Helfern. Er kommt aus Bitburg - räumt aber trotzdem in Matzen auf. "Weil die Bitburger das nicht hingekriegt haben", sagt er. Noch zwei Bierstädter sind an der B 257, an der Abfahrt nach Matzen, unterwegs: das Ehepaar Meier, natürlich mit dem Müllsack in der Hand. Die beiden wandern gern rund um Matzen - "bis der Teer schon abgeht", sagt Inge Meier. Sie wollen helfen, eine ihrer Lieblingsstrecken sauber zu halten. Fuchs findet's gut: "Ist außerdem besser als das Fitnessstudio."

Die Säcke werden langsam voll, ganz unten sammeln sich die Flachmänner - "weil die schwerer sind", sagt Peter Meier. Dabei, sagt Fuchs, sei vor allem Verpackungsmüll - vom Schokoladenpapier bis zur Getränkedose. Und einmal, erzählt er, ist er im Dorf über jede Menge "Partymüll" gestolpert - konnte sich aber denken, wer die Übeltäter waren. Und dann hat er - das schafft nur Fuchs - die Jugendlichen dazu gekriegt, beim nächsten Matzener Aktionstag mitanzupacken. "Und die hatten ihren Spaß."
Was er nicht in der Hand hat: die Autofahrer, die mal eben im Vorbeifahren was aus dem Fenster werfen. McDonalds-Tüten, zum Beispiel. Das Schnellrestaurant steht in Mötsch - "und so ein Kilometer drumrum liegt das alles verstreut." Im vergangenen Jahr, erzählt Fuchs, habe er beim Aufruf für die Aktion die Überschrift gewählt: "Sind wir die Deppen?". Die, die den Achtlosen hinterher räumen. "Sind wir aber nicht", sagt er. "Denn wenn sich keiner kümmert, was dann?"
So in der Art hat Fuchs auch Manfred Golumbeck gekriegt. Der, erzählt Fuchs, habe sich bei ihm wegen einer verschmutzten Rinne entlang eines Wirtschaftsweges gemeldet. "Und da hab ich ihm gesagt: Manfred, du hast den Job!" Und jetzt steht der Matzener mitten auf der Flur mit der Schippe in der Hand, um sich des Problems anzunehmen - den Ortsvorsteher freut's. Aber bestimmt nicht nur deswegen, findet Golumbeck: "Ja, der freut sich, wenn's nachher ein Bier gibt."
Die Karte spielt eigentlich der Ortsvorsteher selbst gern aus - wann immer er mit seinem Auto an einer Gruppe vorbei kommt, lässt er das Fenster herunter: "Gebt Gas, sonst sind die Würstchen weg!" Im Dorf, vorm Feuerwehrgerätehaus, wird nämlich schon Feuer gemacht. Weil am Ende alle zusammen grillen. Inzwischen ist auch der Spielplatz um eine Attraktion reicher: Eine Arbeiterkolonne hat dort ein Spielhäuschen aufgestellt. Auch das hat Matzen heute nichts gekostet: Das Gerät stand bis vor kurzem noch in der französischen Kaserne und ist ein Geschenk der Stadt.

Und was ist das? Robin rennt mit seinen Freunden durch's Gebüsch, und sucht den Boden ab nach Dingen, die nicht ins "Matzener Geheimversteck" gehören: ein kleines Plätzchen, verborgen hinter Sträuchern, Hecken und Bäumen. "Wir sind oft hier, wenn gutes Wetter ist. Das Baumhaus haben wir selbst gemacht", erzählt er. Was da so herumliege, sei zwar "auch irgendwie Müll", sagt Fuchs, "aber ich finde das toll. Das ist ein Kinderspielplatz, der kostet auch nichts."

Apropos Kosten: 125 Euro bekommt der Stadtteil vom Kreis für die Teilnahme an der Aktion - das reicht nicht mal annähernd für die Würstchen, die Grillmeister Hugo auf den Grill gepackt hat. Aber auch da helfen sich die Matzener gegenseitig: Jagdpächter Werner Stieren hat sich darum gekümmert, dass es genug für alle gibt - und ganz nebenbei auch eine Route übernommen: "Wir sind das ganze Jahr über draußen und wissen ja auch, wo sich was ansammelt."
Den kuriosesten Fund des Tages macht Ortsvorsteher-Sohn Florian Fuchs: 20 Paar Damenschuhe auf einem Haufen, eine alte Strumpfhose und ein paar Kuhknochen. Ein Rittersdorfer darf sich freuen: Er kann seinen Geldbeutel im Fundbüro abholen, den die kleine Matzenerin Hannah am Wegesrand gefunden hat.

Da drückt Fuchs auch schon der Irscher Ortsvorsteherin Margret Berger das erste Bier in die Hand, und auch die übrigen Helfer versammeln sich um den Grill - Fuchs: "Der erste Schwenker schmeckt immer sehr gut!". Die kleinen Matzener aber haben sich schon wieder auf dem Spielplatz eingefunden: Das neue Häuschen muss schließlich erkundet werden.

Und Fuchs steht mittendrin in der fleißigen Runde: "Das war der Osterputz: Das Dorf ist sauber. Der Ortsvorsteher ist zufrieden."

EXTRA Aktion Saubere Landschaft

Und wohin dann eigentlich mit dem Müll? Die bei der Aktion gesammelten Säcke werden nach Angaben der Kreisverwaltung des Eifelkreises Bitburg-Prüm entweder mit der nächsten regulären Abfuhr entsorgt oder, vor allem bei Großabfällen, von den Helfern selbst zur Zentraldeponie Plütscheid, der Firma Remondis nach Bitburg oder Niederprüm gebracht.

Die Kosten trägt die Abfallwirtschaft aus den Mitteln des Gebührenhaushalts: 2014 kamen für die Aktion insgesamt knapp 23.500 Euro zusammen.

Der Eifelkreis stellt den Freiwilligen zudem nicht nur die Müllsäcke zur Verfügung, sondern er zahlt den teilnehmenden Gemeinden auch eine Pauschale, gestaffelt nach den jeweiligen Einwohnerzahlen: 75 Euro für bis zu 300 Einwohner, 125 Euro für mehr als 300 Einwohner und 150 Euro für mehr als 1000 Einwohner. 149 von 235 Ortsgemeinden im Kreis haben im vergangenen Jahr an der Aktion teilgenommen. Nicht zuletzt soll schon früh bei Kindern das Umweltbewusstsein gestärkt werden. Immerhin hat es den Eifelkreis Bitburg-Prüm 2014 etwa 108.000 Euro gekostet, illegalen Müll von den Straßen wegzuräumen.

Übrigens: Der Landkreis Vulkaneifel bietet seinen Gemeinden nach Angabe der Kreisverwaltung keine Teilnehmerpauschale.

Von 109 machen dort im Schnitt trotzdem immerhin bis zu 30 Kommunen bei der Aktion mit. Der gesammelte Müll wird auf die Sammelstation in Walsdorf gebracht - und hier stimmt die Größenordnung dann wieder: Jedes Dorf schafft in etwa einen Ackerwagen voll.

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