Mehr Kritik als Lob: Ehrenamtliche des Deutschen Roten Kreuzes helfen Flüchtlingen im Bitburger Café Miteinander

Bitburg „ · Sie wollen Deutsch lernen und haben unzählige Anliegen und Probleme: Flüchtlinge bekommen in Bitburg im Café Miteinander Hilfe von Ehrenamtlichen, die sich der Nöte der Menschen annehmen. Doch die Helfer stört, dass sie in der Gesellschaft inzwischen mehr Kritik als Lob für ihr Ehrenamt ernten. Der TV war auf einen Kaffee im Integrationscafé.

 Beim Café Miteinander bringen (von links) Lisa Heck-Holdsworth und Werner Keilen den Flüchtlingen Alizafar und Najib aus Afghanistan Deutsch bei. TV-Foto: Christian Moeris

Beim Café Miteinander bringen (von links) Lisa Heck-Holdsworth und Werner Keilen den Flüchtlingen Alizafar und Najib aus Afghanistan Deutsch bei. TV-Foto: Christian Moeris

Foto: (e_bit )

"Mineralwasser oder lieber Saft?", fragt Lisa Heck-Holdsworth den syrischen Flüchtling Mohammad. Am Mittwochmittag ist der 29-Jährige zum Café Miteinander ins Obergeschoss des DRK-Mehrgenerationenhauses in der Erdorfer Straße 9 gekommen, weil er in vielen Dingen Rat sucht. "Ich war eben im Jobcenter und muss noch Sachen mit der Krankenkasse klären", berichtet er der Mettendorferin und zeigt ihr ein Passfoto, das er anfertigen lassen hat. "Ist das okay?", fragt er. "Ja, wenn es von einem Fotografen gemacht wurde", sagt Heck-Holdsworth.

Obwohl Mohammad erst seit August 2015 in Deutschland lebt, spricht er schon, wenn auch mit eingeschränktem Wortschatz, ganz passabel und annähernd akzentfrei Deutsch.
Der ehemalige Student der Elektrotechnik floh im Februar vergangenen Jahres aus einer Kleinstadt nahe Damaskus, der Hauptstadt Syriens, als er einen Einberufungsbefehl der syrischen Armee in seinem Briefkasten fand. Statt für Staatspräsident Baschar al-Assad in den Bürgerkrieg zu ziehen, zog es Mohammad nach Deutschland. Mit anderen bereits anerkannten Flüchtlingen lebt er seit September in einer Wohngemeinschaft in Bitburg.Verben konjugieren


Vier Tage in der Woche besucht er einen Sprachkurs im Berufsbildungszentrum Bitburg-Prüm. "Ich versuche mein Bestes, die Sprache zu lernen", sagt er. "Ich bin kein Mensch, der gerne zu Hause sitzt und nichts zu tun hat. Ich will mein eigenes Geld verdienen." Doch bis dahin kann noch etwas Zeit verstreichen, denn die Jobagentur vermittelt ihn erst, wenn er im Juli erfolgreich seinen Sprachkurs abschließt. Neben dem Sprachkurs besucht er jeden Mittwoch das Café Miteinander, das ausländischen Menschen in Bitburg bei der Integration helfen will. Um genau zu sein, kümmern sich dort mit Lisa Heck-Holdsworth sowie dem Pensionär Werner Keilen und dem Informatiker Thomas Schommer ausschließlich Ehrenamtliche um die Migranten.

Schommer hilft einem Syrer am Computer, der für die Jobsuche seinen Lebenslauf in deutscher Sprache verfassen muss. Im Laufe des Nachmittags treffen immer mehr Asylbewerber ein. Alizafar und Najib aus Afghanistan sind da, um Deutsch zu lernen, denn Heck-Holdsworth gibt auch Unterricht. "Nur das Nötigste, Verben konjugieren." Am Tisch sitzend erklärt sie den beiden jungen Männern: "Ihr müsst unbedingt die Verben ‚haben' und ‚sein' lernen, die braucht man immer." Keilen, der 68-jährige Pensionär, legt Verbtabellen auf den Tisch.

"Wenn ich ihnen etwas beibringen kann, habe ich abends, wenn ich nach Hause komme, selbst ein gutes Gefühl", verrät der ehemalige Finanzbeamte über seine Motivation, sich ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe zu engagieren. Heck-Holdsworth ergänzt: "Die Flüchtlinge brauchen den Kontakt. Die müssen wissen, wie wir Deutschen ticken. Man darf sie nicht alleine lassen, sonst gleiten die in Parallelgesellschaften ab."

Doch für ihr ehrenamtliches Engagement in der Flüchtlingshilfe ernte sie im Bekanntenkreis mittlerweile mehr Kritik als Lob, verrät Heck-Holdsworth. Insbesondere nach den Vorfällen am Kölner Hauptbahnhof in der Silvesternacht (der TV berichtete) habe sich die Stimmung in der Bevölkerung gedreht, sagen die drei ehrenamtlichen Helfer. "Von einer ehemaligen Gleichgültigkeit gegenüber Flüchtlingen hin zur offenen Ablehnung", erklärt Schommer.

Doch für die Drei ist das kein Grund, ihre Hilfe einzustellen. Heck-Holdsworth: "Die Asylsuchenden brauchen Lotsen und Ansprechpartner." Und das Café Miteinander sei auf der Suche nach weiteren ehrenamtlichen Helfern, sagt Heck-Holdsworth "Vergangene Woche kamen etwa 20 Migranten. Da brauchen wir mehr Unterstützung."

Das nächste Café Miteinander ist am Mittwoch, 17. Februar, 13 bis 16 Uhr. Wer die Ehrenamtlichen unterstützen möchte, der kann sich bei Monika Fink, der Integrationsbeauftragten der Stadt Bitburg, melden unter E-Mail
integration@bitburg.de

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