Michael fragte Helmut, und dann war alles "Roger"

BITBURG. Einer der größten Coups gelang dem Zweckverband Flugplatz Bitburg mit Hilfe regionaler Politiker 1995. Seinerzeit wurde man im Bundeskanzleramt vorstellig. Das Ergebnis: Nach einer echten Zitterpartie kitzelte die Eifel-Delegation 18,35 Millionen Mark für die Erschließung des Geländes heraus. Um das Poker-Spiel im Kanzleramt rankt sich Teil zwei unserer kleinen TV-Flugplatz-Serie.

Winter 1994/95: Auf dem 500 Hektar großen Flughafen-Gelände fristen nach dem Abzug der Amerikaner zehn Bewohner ein einsames Dasein. Neben Norbert Kraff, Mitarbeiter der damaligen Bundesvermögensverwaltung, geben ein Mitarbeiter der verbliebenen IGR, fünf Kollegen der Firma Intega sowie drei Wachleute ihr Bestes. "Ganz schön einsam", erinnert sich Norbert Kraff, hätten da nicht schon ein paar ansiedlungswillige Interessenten die Nase ins Vermarktungsbüro gesteckt. Kraff: "Einer von ihnen war Klaus Adams aus Pickließem, der die Chance für sein Fensterbauunternehmen recht früh sah und aufgrund der ihm eigenen Art, Menschen zu überzeugen, mit zum Motor der gewerblichen Entwicklung des Flugplatzes wurde." Während auf dem Flugplatz selbst also noch zaghafte Aufbruchstimmung herrschte, liefen auf politischem Terrain die Drähte heiß. Erklärtes Ziel: den Bund in die Pflicht nehmen. Einer der Protagonisten war Landrat Roger Graef. Er weiß noch genau, dass man "an Kohl rangekommen" war. Der Bundeskanzler persönlich also sollte es richten. Jedenfalls kam es zur Einladung nach Bonn, wo Peter Rauen, Michael Billen und Roger Graef vom damaligen Kanzleramtsminister Bernd Schmidbauer empfangen wurden. "Wir haben ihm die Problematik dargelegt, dann ist uns Hilfe zugesichert worden", erinnert sich Roger Graef gerne. Das war ein Pokerspiel, man musste die Nerven behalten

Immerhin ging es um satte 18 Millionen Mark. Die kompletten Erschließungskosten waren seinerzeit auf rund 36 Millionen Mark geschätzt worden, ein Betrag, der sich später sogar als absolut realistisch erwies. Der Plan: 50 Prozent sollte der Bund tragen, 45 Prozent das Land und fünf Prozent der Zweckverband Flugplatz Bitburg. So sollte das "Bitburger Modell" geschaffen werden, das es ansiedlungswilligen Unternehmen leichter macht, auf dem ehemaligen Militärflughafen Fuß zu fassen. Bisher allerdings hatte sich der Bund aus derlei Unterstützungsprojekten vornehm zurückgehalten. Roger Graef: "Das war ein Pokerspiel, da musste man die Nerven behalten." Die behielt indes auch Michael Billen. Über Helmut Kohls Vorzimmer ("Ich brauche den Kanzler") nahm er direkten Kontakt zum damaligen Regierungschef auf. "Ich brauche 18,35 Millionen Mark", habe ich gesagt", erinnert sich Billen heute noch, als wäre es gestern gewesen. "Das sehe ich ein", habe Helmut Kohl geantwortet, und daraufhin Bernd Schmidbauer eingeschaltet. Als die Eifel-Delegation dann am Dienstag, 9. Mai 1995, 11.30 Uhr, im Kanzleramt erschien, war die Sache offensichtlich bereits in trockenen Tüchern. Billen: "Schmidbauer und Rauen quatschten über Fußball, über Salmrohr, glaube ich." Gleichzeitig sei sehr schnell klar gewesen, dass der Bund die 18 Millionen rausrückt. Dann habe er zu Bernd Schmidbauer nur noch gesagt: "Holen Sie den Cognac raus." Im dritten Teil unserer kleinen Flugplatz-Geschichten-Serie berichten wir über die ersten bahnbrechenden Ansiedlungen.

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