Mit Mutter in der Westeifel

RINGHUSCHEID. (red) Regelmäßig fordern wir unsere Leser dazu auf, uns persönliche Geschichten aus dem Dorf oder der Stadt zu schicken. Dem Aufruf ist Friedrich Ebert gefolgt und hat uns seine Erinnerungen an die Eifel geschildert.

Das Jahr 1946 hatte noch nicht viel zu bieten. Kurz vor Weihnachten mussten, wollte man nicht ein tristes Christfest begehen, unbedingt noch Dinge beschafft werden, die auf normalem Wege, sprich: über Marken, nicht zu haben oder eben nur in unzureichenden Mengen zu haben waren. Das waren vornehmlich Butter, Speck, Dörrfleisch, Eier und Mehl. Mutter hatte als Ziel die weit außerhalb des abgetrennten Saargebietes liegende Eifel ins Auge gefasst. Unser Ziel war das kleine Dorf Ringhuscheid, nordöstlich von Neuerburg. Am frühen Morgen fuhren wir mit einem Zug von Völklingen hinauf in die Eifel bis nach Gerolstein. Ein Bus brachte uns dann nach Prüm. Dieser war von vielen Schülern und nicht wenigen Erwachsenen besetzt, die die verschiedensten Ziele hatten. Durch die Fülle im Bus und die Minustemperaturen draußen beschlugen sehr bald die Fenster. Neugierig beobachtete ich, wie sich die Landschaft, durch die wir fuhren, von der unseren zu Hause unterschied. Also wischte ich flei-ßig Fenster. Was mein besonderes Interesse weckte, waren die Kriegsspuren, die zwischen Gerolstein, Büdesheim und Prüm zu sehen waren. Da standen eine ganze Reihe vor sich hinrostender und ausgebrannter Panzer auf den Äckern, deutsche und amerikanische, Spuren der mit letztem deutschen Aufbäumen durchgeführten Ardennen-Offensive. Mit meiner Mutter sprach ich wenig. Zu sehr beschäftigte mich das Gesehene. Mit der Zeit wuchs meine Ungeduld, und weil meine Mutter es merkte, tröstete sie mich mit dem Hinweis, dass wir bald an unserem ersten Ziel Krautscheid ankommen würden. Nach Ringhuscheid, wo wir in einem Gasthaus übernachten konnten, war es nur ein Katzensprung, den wir zu Fuß zurücklegen mussten. Auf den Eifelhöhen lag im Dezember 1946 weithin Schnee. Da Mutter eine unternehmungsfreudige Person war, gab es kein Säumen, und wir machten uns am frühen Nachmittag auf den Weg hinüber nach Berkoth, das über einen Pfad hinunter in ein kleines Tal und wieder hinauf zu erreichen war. Hier gab es einen Bauernhof, in dem es eine Familie mit zahlreichen Töchtern gab - zu dieser Zeit zwischen 17 und 24 Jahre alt - die sich immer sehr freuten, wenn Mutter sie aufsuchte. Sie war wohl im Sommer und Herbst schon einmal hier gewesen und hatte bei ihrem ersten Besuch die Familie kennen gelernt. Bald war man mit den Mitgliedern der großen Familie so vertraut, als ob man zu Besuch bei Verwandten wäre. Nie ging sie aus diesem Haus mit leeren Händen. Wochenlang ging in der Werkstatt des Vaters, die meist im einzigen geheizten Raum, in die Küche, verlegt wurde, die Laubsäge auf und ab. Es entstanden wunderhübsche Puppenwiegen unterschiedlichster Größe und farblicher Gestaltung, oft mit Blumen verziert. Der Artikel war auf dieser Tour "der" Renner. Eine reiche Palette an Landesprodukten, die vornehmlich der Weihnachtsbäckerei zugute kommen sollten, konnten dabei in die Rucksäcke eingepackt werden. Unsere erfolgreiche Rückkehr von der Eifeltour wurde gebührend gefeiert. Alle durften sich einmal richtig satt essen an Bratkartoffeln und Eifeler Bauernbrot, an Butter und Wurst, Eiern, Schinken und anderen Köstlichkeiten der Eifel. Bis heute unvergessliche Erinnerungen.

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