Mit perfektem Plan und gespitztem Bleistift

WINTERSPELT. (ref) Im Mittelpunkt eines literarischen Abends standen der Schriftsteller Alfred Andersch und sein letzter großer Roman "Winterspelt". Lesungen, Interpretationen und Musik gehörten dazu.

Auf dem Weg nach Winterspelt breitete sich der Herbst in all seinen malerischen Facetten aus. Nebel stieg aus den Tälern, und zwischen den Baumwipfeln leuchteten Abendrot und Mondlicht um die Wette. Auch im Festsaal des Gemeindehauses in Winterspelt wurden die Zuhörer in die herbstliche Jahreszeit entführt, allerdings in eine Zeit, als der Blick für malerische Eifellandschaften getrübt war von Tod, Not und Elend. Es war fast genau vor 60 Jahren, als im Zweiten Weltkrieg deutsche Truppen an der Westfront mit einem letzten Vorstoß vergeblich versuchten, die Initiative zu ergreifen. Das wahnwitzige Unterfangen, das als Ardennen-Offensive in in die Geschichte einging, forderte mehr als 100 000 Opfer.Schüler spannen Bogen von Fiktion zu Wirklichkeit

Mit einer Lesung aus dem Roman "Winterspelt" und Fakten der Kriegs-Endphase, spannten Schüler der Klasse 8 n 1 des Regino-Gymnasiums den Bogen zwischen Fiktion und Wirklichkeit: In Anderschs Roman "Winterspelt" ist die Our Trennlinie zwischen den feindlichen Truppen. In Winterspelt, Elcherath und Wallmerath liegt ein deutsches Bataillon. Eine der Romanfiguren ist der deutsche Offizier Major Dincklage. Er plant, sein Bataillon kampflos den Amerikanern zu übergeben. "Das Fundament für das pazifistische Denken wurde in Anderschs Elternhaus gelegt", erläutert Jochen Reinhold-Tückmantel, Leiter der Arbeitsgemeinschaft Eifelliteratur im Prümer Geschichtsverein, die methodische Arbeitweise des 1980 verstorbenen Schriftstellers: "Er fing nicht mit Schreiben an, bevor nicht der Schreibtisch aufgeräumt, der Bleistift gespitzt und der Plan für sein Buch perfekt war." Auch fand Tückmantel Zusammenhänge zwischen dem 1930 gemalten Bild "Polyphon gefasstes Weiß" von Paul Klee und dem Roman "Winterspelt". "Anderschs zweite Frau Gisela war ebenfalls Malerin und begeisterte Anhängerin von Klees Kunst." Und auch zum Regino-Gymnasium wiederum stellte Gisela Andersch eine Brücke her. Sie war an der Prümer Schule sowohl Schülerin gewesen als auch später Kunsterzieherin.Wer liest, hat mehr vom Leben

Darstellungen rund um den Autor des Romans "Winterspelt" beschäftigten auch den gebürtigen Pronsfelder Klaus Hansen, Doktor der Philosophie. Er beschäftigte sich mit dem Leseglück und tauchte in die Wissenschaft ein. Wer liest, habe mehr vom Leben. Lesen mache beweglich und fördere die Fähigkeit, sich in andere und anderes hinein zu versetzen. Mediziner werteten das Eintauchen in ein Buch gar als mentalen Kuraufenthalt. "All diese Erkenntnisse hatte bereits Alfred Andersch, ohne sich mit der Wissenschaft auseinander gesetzt zu haben", erklärte der Schriftsteller und Professor für Politologie an der Fachhochschule Niederrhein in Krefeld. Mit musikalischen Einlagen rundete Pianistin Petra Kaster die Lesungen, Erklärungen und Analysen ab. Der Literaturabend war die Auftaktveranstaltung des Prümer Geschichtsvereins zu einer Serie von verschiedenen Aktionen rund um Alfred Andersch und Winterspelt.

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