Mötsch wird zum Modellprojekt: Bitburg testet neues System für Anliegerbeiträge beim Ausbau der K 43

Bitburg · Die K 43 in Bitburg-Mötsch ist in einem echt schlechten Zustand. Seit mehr als 25 Jahren wird die Straße Stück für Stück saniert. Jetzt, beim letzten Ausbauabschnitt, wird das Beitragssystem umgestellt: Eine größere Gruppe als die der direkten Anlieger soll Jahr für Jahr wiederkehrende Beiträge zahlen. Läuft’s gut, wird das in der ganzen Stadt eingeführt.

 Flickschusterei: Die Bitburger Straße in Mötsch ist eine richtige Buckelpiste. Ortsvorsteher Heiko Jakobs zeigt auf ein Stück, das ab ab Sommer 2017 saniert werden soll.

Flickschusterei: Die Bitburger Straße in Mötsch ist eine richtige Buckelpiste. Ortsvorsteher Heiko Jakobs zeigt auf ein Stück, das ab ab Sommer 2017 saniert werden soll.

Foto: Dagmar Schommer

Was ist gerecht? Einfache Frage, auf die es aber keine einfache Antwort gibt. Wenn es um Anliegerbeiträge für Straßenausbau geht, empfinden die meisten Grundstücksbesitzer das System nicht als besonders gerecht. Bei dem derzeit in Bitburg geltenden Beitragssystem sind vorrangig die direkten Anlieger einer Straße finanziell betroffen - und das teils mit Beträgen, die je nach Größe des Grundstücks schon mal locker im fünfstelligen Bereich liegen können.Alte Straße, neues System

Werden beim Straßenbau Anliegerbeiträge von 15 000 Euro fällig, ist das für viele ein ernstes finanzielles Problem. Und was das Gerechtigkeitsempfinden angeht: Gerade Ortsdurchfahrten wie beispielsweise die K 43 in Mötsch werden von vielen genutzt, aber nur die direkten Anlieger zahlen. Zumindest aus deren Sicht ist das nicht besonders gerecht.

Aus solchen Überlegungen heraus will die Stadt in Abstimmung mit dem Ortsbeirat Mötsch ein neues Beitragssystem als Pilotprojekt testen. Und zwar beim letzten Abschnitt der K 43 . An der Ortsdurchfahrt wird in dem Stadtteil schon seit mehr als 25 Jahren Abschnitt für Abschnitt gearbeitet. Im Sommer soll der Ausbau des letzten etwa 600 Meter langen Stücks zwischen Masholderer Straße und Auf Scheiden beginnen.

"Die Straße ist in einem wirklich desolaten Zustand", sagt Ortsvorsteher Heiko Jakobs. Davon kann jeder sich leicht selbst ein Bild machen: Risse, Dellen, aufgeplatzte Stellen und jede Menge Flickschusterwerk kennzeichnen dieses Stück der rund 50 Jahre alten Straße. Auch auf diesem Abschnitt soll die Fahrbahn von sieben auf fünfeinhalb Meter verschmälert werden. "So entsteht Platz für Fahrbahnverschwenkungen zur Verkehrsberuhigung, die auch optisch mit Bäumen und Beeten aufgewertet werden", sagt Jakobs. Wichtig sei, das Ganze so zu gestalten, dass auch die Landwirte mit ihren Maschinen noch durchkommen: "Da haben wir so lange an den Plänen gefeilt, dass wir eine Lösung gefunden haben." Woran aber noch eine Menge gefeilt werden muss, ist die Berechnungsgrundlage für die wiederkehrenden Beiträge.

Der Ausbau der K 43 wird damit zum Pilotprojekt für die gesamte Stadt. Es ist das erste Mal, dass in Bitburg wiederkehrende Beiträge erhoben werden sollen.

Und "die Materie", sagt Bauamtsleiter Berthold Steffes, ist im Prinzip einfach: Ziel ist zunächst mal, die Last auf möglichst viele Schultern zu verteilen." Ergebnis: größere Gruppe, kleine Beiträge. Dieses Prinzip wird dann aber nicht nur für das kleine Stück K 43 gelten, sondern auch für weitere Straßen, die angegangen werden.

Heißt: Statt einmal einen richtig satten Betrag zahlen zu müssen, wenn die eigene Straße ausgebaut wird, fallen nun kleinere, über Jahre wiederkehrende Beträge für mehrere Straßen an. Ist das gerechter?

"Diejenigen, die erst vor Jahren als direkter Anlieger was bezahlt haben, werden jetzt natürlich nicht begeistert sein, wenn sie wieder mit dabei sind", räumt auch Steffes ein. Andererseits, und das sind genau die Details, an denen die Stadt noch feilen muss, bevor das Mötscher Pilotprojekt starten kann, wird eine so genannte Verschonungsregel festgelegt: "Damit wird dafür gesorgt, dass jemand, der erst kürzlich Beiträge zahlen musste, nach der Umstellung nicht direkt schon wieder dran ist."Jede Menge Detailfragen

Allein dieses Beispiel zeigt aber schon, wie komplex die Umsetzung des neuen Systems im Detail wird - denn irgendwo muss ja eine Grenze gezogen werden, wer noch verschont wird und wer zahlen muss. Zudem muss geklärt werden, welche Grundstücksflächen konkret einer solchen Solidargemeinschaft zu geordnet werden: Wer ist, unabhängig von der Verschonungsregel, drin, wer nicht? Und: Zu welchem Verhältnis werden Grundstücksfläche, Zahl der Stockwerke und Art der Nutzung miteinander vermittelt, um für jeden Einzelfall die konkrete Beitragshöhe zu ermitteln? So viel Arbeit da noch zu tun ist, der grobe Weg steht.

Mitte Januar wird es vom Städte- und Gemeindebund eine Informationsveranstaltung für den Ortsbeirat Mötsch geben, der in Folge dann beschließen kann, ob er tatsächlich wiederkehrende Beiträge einführen will. Es folgen entsprechende Beratungen in Hauptausschuss und Stadtrat und parallel werden, wie bei allen Verfahren dieser Art, auch die Bürger beteiligt und gehört.

Was in Bitburg nun mit der K 43 erstmals diskutiert wird, ist nicht neu. In Trier gibt es in einigen Stadtteilen schon seit mehr als zehn Jahren wiederkehrende Beiträge. Auch für Bleialf oder Kyllburg gilt das Prinzip.

In Wittlich werden ab 2017 abschnittsweise wiederkehrende Beiträge eingeführt. "Die Erfahrung in anderen Orten und Städten", sagt Bitburgs Pressesprecher Werner Krämer, "geht dahin, dass die Bürger auf lange Sicht kleinere wiederkehrende Beiträge eher akzeptieren, als große Einmalzahlungen." Aber keine Frage: Gerecht werden auch das nicht alle finden.Meinung

So könnt's gehenJeder hätte gerne sein direktes Wohnumfeld schön gestaltet. Würde die Stadt alleine zahlen, wären die Hände derer schnell oben, die wissen, wo dringend was getan werden müsste. Bei Anliegerbeiträgen von 10.000 Euro ist das anders. Da gibt es auch Widerstand. Verständlich, aber keine Lösung. Die Kosten auf mehrere Schultern zu verteilen, macht Ausbauprojekte plan- und umsetzbar. Davon profitieren langfristig alle. Klar muss sein, dass die Gemeinschaft ebenso für eine Ortsdurchfahrt wie auch für eine Sackgasse zahlt - und natürlich nicht überzustrapazieren ist. Spannend wird dann, wo politisch die Prioritäten gesetzt werden. d.schommer@volksfreund.de Extra

Kosten Straßenbau: Da die K 43 in Mötsch eine Kreisstraße ist, ist für den eigentlichen Straßenbau der Kreis verantwortlich. Die Kosten für das knapp 600 Meter lange Stück zwischen Masholderer Straße und Auf Scheiden liegen bei rund 500 000 Euro. Dafür gibt es vom Land Rheinland-Pfalz rund 380 000 Euro, den Rest trägt der Kreis. Diese Kosten dürfen nicht auf Anlieger umgelegt werden.
Beiträge für Gehwege und mehr: Das Anlegen von Gehwegen samt Lampen ist wiederum Sache der Stadt, die dafür ebenfalls rund 380 000 Euro investiert. Ziel ist es, einen Teil der Kosten gefördert zu bekommen. Die Stadt rechnet grob mit rund 80 000 Euro. Rund 110 000 Euro trägt die Stadt selbst und rund 190 000 Euro würden auf die Solidargemeinschaft umgelegt werden. Geht man von grob 250 Grundstücksbesitzern in Mötsch aus, kämen auf jeden im Schnitt etwa 760 Euro zu.
Kanal und Leitungen: In einem Zug mit dem Straßenbau erneuern die Stadtwerke Wasserleitung (Kosten von rund 160 000 Euro) und Kanal (350 000 Euro), wobei aber keine Beiträge fällig werden.
Abstufung: Wenn der Ausbau der K 43 mit diesem letzten Stück abgeschlossen ist, soll die Kreisstraße zu einer Stadtstraße abgestuft werden, für deren Unterhaltung künftig dann die Stadt zuständig ist. Das haben Stadt und Kreis vereinbart. Hintergrund ist, dass der Kreis die Straße wegen dieser Vereinbarung nun mit Unterstützung des Landes ausbauen kann. scho

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