Moslems mit anderen Augen sehen

PRÜM. (red) Schwester Therese Blum von den Weißen Schwestern Trier lebte 43 Jahre in Algerien, wo sie als Hebamme arbeitete. Von ihren Erfahrungen als Christin im Islam berichtete Schwester Therese bei einem Treffen von Mitarbeitern des Dekanates Prüm.

Einen ersten Einblick in die fremde Religion gewährte die Ordensfrau anhand einer Präsentation der fünf Säulen oder Pflichten des Islams: Eine erste Säule ist das Glaubensbekenntnis an Gott, den Einzigen. Zudem fordert der Islam von den Gläubigen täglich zu beten, wobei neben der äußeren Reinigung durch Waschrituale nach islamischen Verständnis auch die Seele gereinigt wird. Die dritte Säule, die Vermögensabgabe (Zakat) oder Almosen ist nicht nur ein Bestandteil des sozialen Systems des Islam, sondern ist für die Gläubigen auch ein Mittel der seelischen Entlastung. Das vorgeschriebene Fasten im Monat Ramadan dient wiederum unter anderem der Selbstbeherrschung. Die fünfte Pflicht der Islam-Gläubigen, die Pilgerfahrt nach Mekka, dient einer intensiven Hinwendung an Gott sowie der Opferbereitschaft und verdeutlicht die Brüderschaft zwischen Muslimen aus aller Welt. Neben diesen Hauptpflichten gibt es im "Gesetz Gottes" noch zahlreiche weitere Ge- und Verbote, die den Menschen den Weg zu einem glücklichen Leben in dieser Welt und einem gottnahen ewigen Leben im Jenseits weisen. Demnach kann grundsätzlich jede Arbeit zum Gottesdienst werden - vorausgesetzt, die Gläubigen handeln gemäß dem Willen Gottes und mit einer aufrichtigen Absicht.Interesse am friedlichen Dialog der Religionen

Schwester Therese betonte, dass der Koran es Moslems verbietet zu töten, wie dies auch das christliche Gebot "Du sollst nicht töten" verlangt. Ihre Schilderungen über ihren Alltag mit Moslems in Algerien verdeutlichten, dass Moslems und Christen Interesse an einem friedlichen Dialog der Religionen haben. Nach Einschätzung der Ordensfrau entstehen Probleme zwischen Angehörigen der beiden Religionen nicht im alltäglichen Miteinander, sondern durch das aggressive Auftreten fundamentalistischer Moslems, die selbst Gleichgläubige unter Druck setzen und ermorden - wie es in Algerien vor etwa zehn Jahren beispielsweise geschehen ist. Als Wurzel religiöser Konflikte sieht Schwester Theresa nicht den Islam an sich, sondern seine fundamentalistischen Ausprägungen. Das Gefährliche sei, dass die Fundamentalisten Forderungen aus dem Koran ableiteten, die dort gar nicht stünden, nur um Menschen unter ihre Knechtschaft zu stellen. "Ich dachte immer, dass Christentum und Islam weit auseinander liegen. Schwester Therese hat verdeutlicht, dass es menschlicher Missbrauch von Religion und Macht ist, der uns in die jetzige Situation geführt hat", lobt ein Zuhörer den Vortrag und ergänzt: "Dass Islam und Christen gleichermaßen zur Lalla Myriamma, zur Mutter Gottes, beten, lässt mich Moslems mit neuen Augen sehen."

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