Mutig bis zum Schluss

BITBURG. Die Verfolgung der Jehovas Zeugen in der NS-Zeit ist bis heute nur wenig erforscht. Aus Anlass zum "Tag gegen das Vergessen" am 27. Januar erzählten die Zeitzeugen Horst und Hermine Schmidt im Haus Beda aus ihrem Leben in Nazi-Deutschland.

"Es fing alles so leise an", sagt der alte Mann auf der Bühne. Horst Schmidt ist über 80 Jahre alt, aber an die Geschehnisse, an all das Leid in den Jahren zwischen 1933 und 1945 kann sich der Mann auf der Bühne im Haus Beda noch erinnern. "Plötzlich hieß es nicht mehr ,Guten Morgen', sondern ,Heil Hitler'", sagt Schmidt mit brüchiger Stimme. "Heil Hitler" wollten die Zeugen Jehovas aber nicht sagen "kommt doch das Heil nur von Jesus". Wegen ihres Widerstands waren die Zeugen Jehovas den Nazis bald ein Dorn im Auge, ebenso wie Juden und viele andere Gruppen, die unter der Schreckensherrschaft Hitlers verfolgt wurden. Von den rund 25 000 in Deutschland lebenden Zeugen Jehovas wurden damals 10 000 inhaftiert. 1200 starben für ihren Glauben in Konzentrationslagern. Bald nach der Machtübernahme der Nazis sollten die Zeugen Verpflichtungserklärungen unterschreiben, in denen sie ihrem Glauben abschwören. Doch ebenso, wie sie sich weigerten, den Hitler-Gruß zu benutzen, unterschrieben viele von ihnen die Verpflichtungserklärungen nicht getreu ihren biblischen Grundsätzen. Konsequenz: Schutzhaft und später KZ. "Doch selbst da gaben die Zeugen noch nicht auf", erzählt der Historiker Hans Hesse, der die Verfolgung der Zeugen in der NS-Zeit untersucht hat. "Besonders die Zeuginnen provozierten die Wärter, stärker als andere Frauen". Hermine Schmidt aus Danzig war 17, als sie verhaftet wurde. "Es war klar, dass ich aus eigener Kraft diese Torturen nicht überleben würde", schildert sie bei ihrer Lesung im Haus Beda. Selbst auf die Frage "Sind Sie bereit, für Ihren Glauben das Leben zu lassen?" antwortete sie einem Nazi-Schergen mit "Ja". Woraufhin der so verdutzt gewesen sei, dass er sie nicht erschossen habe. "Die Kraft Gottes hat mir geholfen." Ihre Gefangenschaft gipfelte schließlich im polnischen Vernichtungslager Stutthof und endet mit einer wundersamen Rettung an der Küste Dänemarks. Ihre ganze Leidensgeschichte schildert die Ehefrau von Horst Schmidt in der Autobiografie "Die gerettete Freude. Eines jungen Menschen Zeit 1925-1945." Mit dem Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus haben sich Schüler befasst, die am TV -Medienprojekt "KLASSE!" teilnehmen. Ihre Arbeiten werden auf einer Sonderseite veröffentlicht.

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