Nach der Schule in den Sitzungssaal

Wolfgang Ferner (Die Linke) möchte etwas gegen die Politikverdrossenheit Jugendlicher unternehmen. Deshalb hat er das Konzept für ein Jugendparlament erarbeitet. Die Vorsitzenden der Kreistags-Fraktionen äußern sich dazu überwiegend positiv.

Bitburg-Prüm. "Kinder an die Macht", forderte Herbert Grönemeyer schon 1986 in seinem gleichnamigen Lied auf dem Album "Sprünge". Ganz so weit will Wolfgang Ferner (Die Linke) nicht gehen. Doch das Kreistagsmitglied möchte jungen Menschen den Sprung in die Kommunalpolitik erleichtern und ihnen die Möglichkeit geben, in Form eines Kinder- und Jugendparlaments an der Entwicklung des Eifelkreises mitzuwirken.

Ein erstes Konzept hat Ferner bereits ausgearbeitet und darin neben den grundsätzlichen Zielen des neuen Gremiums auch einige Eckpunkte zu dessen Zusammensetzung und Wahl formuliert. Danach soll jede Schule und Jugendfreizeiteinrichtung im Eifelkreis einen Vertreter für das etwa 40-köpfige Gremium wählen, wobei die Wahlperiode ein Schuljahr betragen würde. Wahlberechtigt wären alle Kinder ab der fünften Klasse bis zum Alter von 18 Jahren und das Parlament käme mindestens einmal im Quartal zu einer Sitzung zusammen. Die jungen Politiker könnten dann etwa über Bildungsarbeit oder Freizeitgestaltung diskutieren und nach Ferners Wünschen bestimmte Entscheidungen treffen. "Das Parlament muss auch ein Budget erhalten, sonst wird es eine reine Quatschbude", erklärt er.

Planspiel soll Interessen der Jugendlichen offen legen



Bevor sich das Gremium tatsächlich formiert, möchte Ferner ein zweitägiges Planspiel initiieren, das den Jugendlichen die Kommunalpolitik näher bringt. "Dieses vorgeschaltete System ist so wichtig, damit man feststellen kann, wo die tatsächlichen Interessen der Jugendlichen liegen", sagt Ferner. Denn man müsse das Parlament gemeinsam mit interessierten Schülern und Jugendlichen entwickeln.

Sein Konzept hatte Ferner in der letzten Sitzung des Kreistags vorbringen wollen. Doch es wurde nicht auf die Tagesordnung gesetzt. Nun möchte er darauf drängen, in der nächsten Sitzung über das Thema zu diskutieren.

Die Fraktionsvorsitzenden der Parteien im Kreistag äußern sich auf TV-Anfrage überwiegend positiv zu dem Vorschlag. "Es lohnt, dass man darüber redet", sagt etwa Bernd Spindler (SPD). Auch Patrick Schnieder (CDU) und Rudolf Rinnen (FWG) zeigen grundsätzlich Interesse an dem Thema, wobei sie in Detailfragen noch Diskussionsbedarf sehen.

Roswitha Biwer (Grüne) erklärt derweil: "Wir möchten das nur, wenn die Jugendlichen es wirklich wollen." Die Grünen werden deshalb laut Biwer in verschiedenen Jugendeinrichtungen erfragen, inwiefern Interesse an einem solchen Parlament besteht. Genau an diesem Interesse zweifelt indes MarieLuise Niewodniczanska (FDP). Statt eines Jugendparlaments schlägt sie kleine Fortbildungskurse vor, in denen Jugendlichen von Fachleuten erklärt wird, wie Kommunalpolitik in der Praxis funktioniert. Einen Schritt weiter geht Joachim Streit, der zukünftige Landrat des Eifelkreises: "Mir wäre ein Wahlrecht ab 16 lieber, denn ob jung oder alt: Wir sind eine Gesellschaft." Dennoch könne man natürlich über ein Jugendparlament im Eifelkreis sprechen.

Meinung

Bitte keine Papiertiger

Es gibt Themen, die sind so harmlos, dass sie auf breite Zustimmung treffen. Die Einrichtung von Jugendparlamenten ist eines davon. Und genau das ist das Problem vieler Jugendparlamente, die es in der Region schon an der ein oder anderen Stelle gibt: Wenn sie ein wirkungsvolles Instrument zur Einbindung einer latent politikverdrossenen Generation sein sollen, dürfen sie keine harmlosen Gremien ohne echte Entscheidungskompetenz sein. Sie müssen spürbar in kommunalpolitischen Prozesse eingebunden werden und über eigenes Geld verfügen, um etwas bewegen zu können. Denn Papiertiger-Parlamente führen nicht zu einer Minderung, sondern zu einer Verstärkung der politischen Frustration. Genau an der Stelle, an der ein Jugendparlament mehr ist als ein politisches Sandkastenspiel, wird auch im Eifelkreis die Eintracht enden. Aber es lohnt sich über ein Jugendparlament zu streiten und sich, wenn sich keine Mehrheit für ein Gremium mit echten Befugnissen finden sollte, das Ganze zu sparen. l.ross@volksfreund.de

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